Sag das doch deinen Freunden!
Lior Offenbach war erst in der israelischen Armee, dann Polizist in Jerusalem und ist heute Krav-Maga-Instruktor. Mit seinem «Combat Krav Maga Seminar» reist er um die ganze Welt und gibt weiter, was er in kniffligen Situationen gelernt hat. Mitte Dezember gab er sein erstes Seminar auf Schweizer Boden in der Strikezone Zürich-Oerlikon.
Als ich am zweiten Tag zur Workshop-Gruppe von Lior Offenbach stosse, hat die Hälfte bereits aufgegeben oder sich verletzt. Es ist hartes Training und immer wieder muss ein Teilnehmer das «Cage», den Trainingsbereich, verlassen, um sich verarzten zu lassen.
Es ist ein seltsamer Anblick: Menschen, die trainieren, wie man unvorstellbare Situationen heil übersteht. Zum Beispiel ein Exekutionsszenario. Blitzschnell entwaffnet Lior, am Boden kniend, den Seminarteilnehmer, der als Terrorist herhalten musste, und schmunzelt in die Runde: «Easy oder?» Danach geht er die Schritte in langsamerem Tempo durch: Aus der Schusslinie kommen, zur Waffe greifen, entwaffnen und Konterangriff.
Manchmal unterbricht er die Übungen und erzählt eine Geschichte aus seiner Zeit als Polizist. «Routine ist das wichtigste. Wenn ihr in einer bedrohlichen Situation seid, werdet ihr nicht nachdenken, sondern intuitiv handeln, dann müssen die Griffe sitzen». Deshalb sollen die Teilnehmer ihrem Gegenüber die Waffe nie zurück in die Hand geben, sondern sie vor ihm auf den Boden werfen. «Es könnte zur Routine werden und ihr wollt dem ‹bad guy› die Waffe ja nicht zurückgeben, oder?»
Um den Adrenalinrausch einer Krisensituation zu simulieren, laugt er die Teilnehmer mit anstrengenden Übungen aus und lässt sie gleich danach die Techniken anwenden. «Wir brauchen keine saubere Form, Hauptsache ihr seid aus der Schusslinie», sagt Lior, während seine Schüler schweissgebadet und hechelnd Entwaffnen üben.
Als das Training nach vier Stunden beendet ist und alle mindestens eine Schürfwunde aufweisen, entlässt Lior die Teilnehmer. Ich frage ihn, warum er Zivilisten beibringt, eine kriegsähnliche Situation zu überleben. «Was ich in meinen Seminaren lehre, ist auf verschiedene Situationen anwendbar. Ob es ein Terrorangriff ist oder eine Barschlägerei, ist egal. Hauptsache, die Leute treten in Aktion, denn einfach da zu stehen, ist das Gefährlichste.»
Konfrontation sei aber nur ein Teil des Ganzen. Lior nennt es das «last resort», die letzte Massnahme. «Wenn man aufmerksam ist, kann man eskalierende Situationen einschätzen und lernt, diese zu vermeiden», sagt er. «Ich hoffe natürlich, dass niemandem so etwas passiert, aber wie wir wissen, kann man sich das nicht aussuchen.»