Würden die Nationalrats- und Ständeratswahlen im Februar stattfinden, stünde das Hauptthema fest. Die Diskussion um den Umweltschutz beherrscht zur Zeit die Schlagzeilen. Fast wöchentlich gehen mehrere Tausend Menschen für mehr Klimaschutz auf die Strassen.
Schlechte Vorzeichen für die Schweizer Volkspartei, die sich in Sachen Umweltpolitik bisher nicht hervorgetan hat. Manche Exponenten der SVP arbeiten hier sozusagen sogar in die entgegengesetzte Richtung.
Claudio Zanetti leugnet den menschengemachten Klimawandel im Allgemeinen und Erich Hess bezeichnet Greta Thunberg auf nau.ch als «behindertes, armes Mädchen». Ist die SVP nicht bereit, sich inhaltlich auf dieses Themenfeld einzulassen?
«Das ist zu verallgemeinernd», findet SVP-Nationalrat und Landwirt Markus Hausammann. Der Politiker ist laut ecorating.ch der umweltfreundlichste SVP-Nationalrat. «Ich werde mich weiterhin mit diesen Themen auseinandersetzen», sagt der Landwirt. Ausserdem erfahre er innerhalb der SVP besonders in der bäuerlichen Fraktion viel Unterstützung für Umweltanliegen.
Er glaube allerdings nicht, dass die Gesamt-Partei seinem Beispiel im Wahljahr folgen wird. Fühlt er sich da nicht alleine gelassen? «Nein, es ist halt kein Kernthema meiner Partei. Aber so können wir von der bäuerlichen Fraktion uns vielleicht etwas profilieren.»
Gleiches vermutet auch Politologe Mark Balsiger: «Die SVP wird ihre Kernthemen Migration und EU weiter bearbeiten. Für eine Umstellung auf die Umweltpolitik fehlen der Partei schlicht die Ressourcen.» Ausserdem wäre ein plötzlicher Umschwung auch nicht glaubwürdig.
Diese Einschätzung untermauert der Auftritt von SVP-Präsident Albert Rösti in der Rundschau vom Mittwoch. In seinem knapp zehnminütigen Gespräch mit Moderator Sandro Brotz spricht Rösti fast ausschliesslich von der «ungebremsten Zuwanderung». Beim kurzen Exkurs zum Klimaschutz berichtet er, wie die SVP das CO2-Gesetz versenkt habe.
Auf den Wahlausgang habe diese Haltung beim Thema Klima laut Balsiger nur geringen Einfluss: «Vielleicht verliert sie so ein oder zwei Prozentpunkte, wie damals 2011 kurz nach Fukushima. Trotzdem konnte sich die SVP auf sehr hohem Niveau weiterhin halten».
Doch wird die bäuerliche Wählerschaft der SVP durch Aussagen wie jene Zanettis und Hess' nicht vergrault? Auch hier verneint der Politologe: «Radikale Äusserungen von Randfiguren wie Zanetti und Hess werden dem Kern der Partei nicht schaden können.»
Trotzdem scheint der Klimawandel nicht spurlos an der wählerstärksten Partei der Schweiz vorüber zu gehen. Bei der Zürcher Sektion der SVP hat man sich im neuen Parteiprogramm sogar mit der Idee einer Schweiz ohne fossile Brennstoffe auseinander gesetzt.
«Es ist durchaus sinnvoll, die fossilen Energieträger durch andere Energieformen abzulösen, was jedoch in einem wirtschaftlich verträglichen Zeitraum und ohne Verteuerung der Energie geschehen muss», heisst es dort. Im nationalen Programm steht davon nichts, dafür hält die SVP Schweiz fest: «Der Umwelt geht es gut.»
Exponenten der Bauernfraktion wie Markus Hausamman und Andreas Aebi sehen das anders. Diese setzen den Klimaschutz auf ihren Webseiten mittlerweile explizit auf ihr persönliches Programm.
Kein Wunder: Viele der Bauern sind direkt von der Klimaveränderung betroffen. «Dieser Sommer ist schlimm für uns», sagte Aebi im August zum «Tages-Anzeiger». «Ich musste mein ganzes Leben noch nie Gras bewässern, jetzt muss ich es. Wir beginnen die Wintervorräte zu verfüttern, das ist schlecht.»