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Bewohner von Blatten gespalten zwischen Bleiben und Gehen

epa12143239 A man takes goats with him in his car, in Wiler, Switzerland, 29 May 2025. One person went missing, and numerous houses were destroyed after a large part of Blatten, which had been evacuat ...
Die Einwohner von Blatten haben ihr Zuhause verloren.Bild: keystone

Bewohner von Blatten gespalten zwischen Bleiben und Gehen

30.05.2025, 15:4630.05.2025, 17:50
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Der Abbruch des Birchgletschers wird das Leben der rund 300 Einwohnerinnen und Einwohner von Blatten VS für immer verändern. Alle sind ins untere Lötschental evakuiert worden und versuchen, den Schicksalsschlag zu verkraften. Sie denken auch schon an die Zukunft.

Die Behörden von Blatten versammelten die Einwohner der Gemeinde, die seit zehn Tagen verstreut im Lötschental leben, am Donnerstagabend in der Mehrzweckhalle von Wiler im Lötschental. Es war die Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und Zeit miteinander zu verbringen, miteinander zu sprechen, sich zu sehen und sich zu berühren.

«Wir haben alles verloren und sind unendlich traurig», ist von den Bewohnerinnen und Bewohnern von Blatten in den letzten 48 Stunden immer wieder zu hören.

Ein Bewohner von Blatten, mit dem am Freitagmorgen ein Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sprechen konnte, sagte, die Menschen seien extrem betroffen. Für einige wäre es nützlich, ihr Haus ein letztes Mal sehen zu können. «Das würde es ihnen erlauben, ihren Trauerprozess zu starten – im Bewusstsein, dass sie dort nicht mehr leben können», so der Bewohner.

Andere richten ihre Gedanken teilweise schon in die Zukunft. Sie beschäftigt die Frage: Ist es besser, wieder ein Zuhause in Blatten oder in der Nähe aufzubauen oder das Tal für immer zu verlassen? Diesen Gedanken findet man vor allem bei einem Teil der Jungen.

Die Bewohner des Tals, seit einigen Tagen im Fokus nationaler, aber auch internationaler Medien, haben genug von der medialen Aufmerksamkeit: «Wir reden nicht mehr», sagten sie mehr als einmal an diesem Freitag Medienschaffenden.

Als Wiler brannte, half auch das ganze Tal

Das Lötschental ist nicht zum ersten Mal von einer Tragödie betroffen. 1900 wurde das ganze Dorf Wiler von einem Brand heimgesucht und zerstört. Die Solidarität der Bewohner von Blatten, Ferden und Kippel kam damals voll zum Tragen.

«Die Dörfer stehen manchmal in einem Wettstreit zueinander, aber man kann auch zusammenhalten», stellt ein älterer Herr fest. «Heute sind die Bewohner von Ferden, Kippel und Wiler an der Reihe, den Bewohnern von Blatten zu helfen».

Konkret wurden den Blattnern in diesen Gemeinden bereits zahlreiche Studios oder Wohnungen angeboten, obwohl einige Blattner es vorziehen, bei Familienangehörigen unterzukommen. Insgesamt wurden seit dem 19. Mai iim Lötschental 365 Personen evakuiert, wie der Kanton Wallis am Freitag mitteilte.

Ende des Schuljahres: Überlegungen werden angestellt

Im kleinen Dorf Blatten gibt es schon lange keine Schule mehr. Die Primarschüler werden in Wiler und die Sekundarschüler in Kippel unterrichtet. Laut der Walliser Dienststelle für Unterrichtswesen werden derzeit Überlegungen angestellt, wie das Schuljahr enden soll.

Während der Einsatz der Armee weiterhin von der Sicherheit am Ort des Bergsturzes abhängt, stehen derzeit 50 Zivilschutzpflichtige und rund 100 Feuerwehrleute im Dienst. (nib/sda)

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Gletscherabbruch in Blatten VS
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Gletscherabbruch in Blatten VS

Der Fluss Lonza ist vom Geröll vollständig aufgefüllt worden. Das Wasser staut sich nun in einem entstandenen See auf.

quelle: keystone / jean-christophe bott
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«Wir sind orientierungslos und planlos» – Bauer aus Blatten erzählt von der Katastrophe
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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Roman h
30.05.2025 16:39registriert März 2017
Bleiben oder gehen
Das ist die Frage
Es ist traurig wenn man alles verliert aber gleichzeitig auch arrogant von anderen zu verlangen das Dorf wieder aufzubauen.
Es sollte allen geholfen werden aber die Hilfe sollte auch sinnvoll sein und nicht absurde träume ermöglichen.
Finanzielle Unterstützung ja sicher ohne Frage
Aber Geld verschwenden um dieses Dorf wieder bewohnbar zu machen definitiv nein.
Wer dort leben möchte
Auf eigene Gefahr und ohne Hilfe
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Mallory1507
30.05.2025 17:50registriert August 2024
Ich kann die Menschen verstehen.
Da hat man seine Existenz, lebt möglicherweise schon seit Generationen im selben Haus, kennt gefühlt jeden Grashalm mit Namen - und das ist von jetzt auf sofort vorbei.

Nur leider wird ein "Zurück zum Alten" nicht gehen.

Ich wünsche allen Betroffenen nur Gutes.
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Sarkasmusdetektor
30.05.2025 18:51registriert September 2017
Was soll der Titel heissen? Ist bleiben überhaupt eine Option? Im Tal vielleicht, aber dort wo das Dorf war, wird realistisch betrachtet doch niemand mehr wohnen können.
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