Seit Wochen ächzt die Schweiz unter der Hitze. Die Temperaturen steigen täglich auf über 30 Grad. Eine Abkühlung tut not. Die Werbeindustrie weiss dies zu nutzen: Wasserperlen, die auf Glasflaschen runterrinnen, haben im Sommer Hochkonjunktur. Doch fürs kühle Bier an einem drückend-schwülen Sommertag, auch das ein gern gesehenes Werbeideal, ist es zu heiss. «Bei Temperaturen über 30 Grad wird weniger Bier und mehr Mineralwasser getrunken», sagt Christoph Lienert vom Schweizer Brauerei-Verband.
Darben müssen die Brauereien aber noch nicht. Denn trotz der anhaltend heissen Temperaturen lief das Geschäft in diesem Jahr gut. Die Fussball-WM mit all ihren Begleiterscheinungen wie Public Viewings liess den Bierabsatz in die Höhe schnellen. Der Brauereiverband geht im Vergleich zum letzten Jahr von einem Plus von zwei bis drei Prozent beim Bierverkauf aus. Dies aber auch nur unter der Bedingung, dass es weiterhin schön ist, aber nicht zu heiss. Der Juli war denn auch nicht der beste Biermonat: Viele sind in den Ferien, der Umsatz sinkt. Hinzu kommt die Hitze.
Doch während es für herkömmliches Bier zu heiss ist, laufen andere Brauprodukte sehr gut. «Während der aktuellen Hitze-Tage spüren wir, dass bei unserer Kundschaft vermehrt Biermischgetränke und alkoholfreies Bier nachgefragt wird», sagt Reto Preisig von der Brauerei Schützengarten. Deshalb sind die Bierbrauer mehrheitlich zufrieden mit dem Geschäftsverlauf in diesem Jahr. «2018 ist ein gutes Jahr, aber kein Ausreisser nach oben», sagt Urs Frei von Heineken Schweiz. Der Absatz sei ähnlich wie in anderen WM-Jahren, sagt Frei.
Während es für Brauereien dieser Tage zu heiss ist, profitieren andere Wirtschaftszweige. Allen voran die Glaceproduzenten. So etwa Gasparini, dessen Stängelglacen mit jeweils zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen Kult sind. Sie laufen in diesem Jahr besonders gut. «Wir steuern auf einen Rekordsommer hin», sagt Orlando Hügli, Betriebsleiter von Gasparini. Man sei klar über dem Vorjahresniveau. Das Unternehmen aus dem Baselbiet musste deshalb auch 15 Mitarbeiter zusätzlich einstellen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden.
Die einen versuchen, sich mit Getränken oder Glace abzukühlen, andere setzen eher auf kühlen Wind. So sind bei Coop etwa Klimageräte und Ventilatoren momentan der Renner, wie eine Sprecherin sagt. Dabei seien vor allem kleine Tischventilatoren beliebt. Bei der Migros-Tochter Doit+Garden habe man mit Klimaanlagen bereits doppelt so viel Umsatz gemacht wie im letzten Jahr, schreibt Migros-Sprecher Patrick Stöpper. «Gibt es mehrere Tropennächte in Folge, steigen die Verkäufe stark an», sagt Stöpper.
Klimageräte und Ventilatoren sind aber nicht nur in diesem Jahr viel gekaufte Produkte, wie Importzahlen zeigen. So stiegen diese in den letzten 20 Jahren kontinuierlich an. 1998 wurden Klimageräte im Wert von rund 100 Millionen Franken importiert. Im letzten Jahr lag diese Zahl bei 250 Millionen Franken. Dasselbe Bild bei Ventilatoren mit einer Leistung von unter 125 Watt. Der Import stieg um fast das Dreifache an. Interessant sind die Ausreisser: Während des Hitzesommers 2003 stieg der Import sprunghaft an und ein Jahr später gar noch einmal. Die Detailhändler haben ganz offensichtlich reagiert und mehr Ventilatoren und Klimageräte in ihre Lager genommen.
Neben Wind setzen Schweizerinnen und Schweizer aber auch auf Pools, um sich abzukühlen. In den Regalen der hiesigen Gartenbedarfscenter klaffen bei den bunten Plastikplanschbecken bereits erste Löcher. Kein Wunder. «Unser beliebtestes Poolset wurde bereits über drei Mal so oft gekauft wie im ganzen Jahr 2016», sagt Landi-Sprecherin Heidi Niederberger.
Von der Hitze profitiert auch der Tourismus, vor allem in den Bergen. So etwa am Oeschinensee im Berner Oberland. Dieser Tage findet man am Nachmittag nur schwer ein ungestörtes Plätzchen zum Baden. Im ganzen Berner Oberland dürften die Besucher im Juli für neue Rekordzahlen sorgen, sagt Markus Hostettler, Präsident des Dachverbandes der Berner Bergbahnen, gegenüber Radio SRF. Neben den Temperaturen hilft auch ein für den Tourismus gutes Euro-Franken-Verhältnis, das Reisen in die Schweiz für ausländische Touristen momentan günstiger macht. (aargauerzeitung.ch)