Die Finanzdirektoren haben sich laut in den Abstimmungskampf um die Unternehmenssteuerreform (USR) III eingemischt – in Podiumsdiskussionen, Interviews und in von Economiesuisse bezahlten Inseraten. Ihren letzten Auftritt hatten sie vergangenes Wochenende, als ihr Präsident Charles Juillard in der NZZ stellvertretend für sie alle das Versprechen abgab, dass die USR III nicht über höhere Steuern für Privatpersonen finanziert werde.
Offen blieb aber die Frage, wie die Steuerausfälle sonst kompensiert werden würden. Eine Nachfrage von watson zu diesem Thema bei den Finanzdirektoren ergibt: Nichts.
Eva Herzog lässt sich an Tag zwei nach Übermittlung der Fragen von ihrem Sekretär entschuldigen. Der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth hat «aus terminlichen Gründen bis am Sonntag keine Zeit mehr für ein Interview». Auch Marcel Schwerzmann aus Luzern kann «aufgrund von zusätzlichen, nicht planbaren Ereignissen und Verpflichtungen» plötzlich doch nicht mehr beantworten, wo die zu erwartenden Steuerausfälle kompensiert werden sollen. Der Appenzell Ausserrhodner Finanzdirektor winkt ebenfalls ab: Das sei jetzt nur noch kontraproduktiv.
Einzig der Appenzeller Innerrhodner Säckelmeister Thomas Rechsteiner betont nochmal seine Unterstützung für und die Ausgewogenheit der Vorlage. Bei ihm im Kanton fällt aber weder ein Nein noch ein Ja zur USR III sonderlich ins Gewicht: In Appenzell Innerrhoden zahlen natürliche Personen 95 Prozent der Steuern, keine Grossunternehmen.
Haben die Finanzdirektoren etwa schon aufgeben? Oder gehen sie davon aus, dass bereits alle Stimmbürger brieflich abgestimmt haben? In einigen Kantonen stimmen immerhin bis zu 90 Prozent der Berechtigten per Post ab.
Politologe Thomas Milic von der Forschungsstelle Sotomo warnt dennoch davor, in diesem Fall die letzte Woche zu unterschätzen: «Bei knappen Abstimmungen – und bei der USR III dürfte es sehr knapp werden – zählen die letzten Tage noch.»
Warum dann das plötzliche Schweigen der Finanzdirektoren? Milic spekuliert: «Vielleicht sitzt dem einen oder anderen das Bundesgerichtsurteil gegen Hans-Rudolf Merz noch in den Knochen.» Nach der letzten Unternehmenssteuerreform II wurde die Informationspolitik des Bundes gerügt, der im Vorfeld der Abstimmungen von rund 80 Millionen Steuerausfällen sprach, die dann schlussendlich in Milliarden mündeten. «Der Bund und vielleicht auch die Finanzdirektoren sind nach diesem Urteil vorsichtiger mit Versprechungen in Zahlen geworden», sagt Milic.
Es könne aber auch sein, dass die Finanzdirektoren nervös wurden. «Die letzten Umfragewerte sahen schlecht aus für die Befürworter. Vielleicht will jetzt keiner mehr was falsch machen» sagt er. Ohnehin könne man sich aber fragen, ob es gebührlich sei, wenn Behördenmitglieder sich so kurz vor der Abstimmung noch zu stark für eine Vorlage einsetzten.