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Was die Skywork-Pleite für den Flughafen Bern bedeutet

The view of the display panel at Bern Airport shows that all SkyWork flights have been canceled on Thursday, August 30, 2018, Bern, Switzerland. SkyWork Airlines ceased operations on Wednesday evening ...
Bild: KEYSTONE

«Das konnte nicht funktionieren» – was die SkyWork-Pleite für den Flughafen Bern bedeutet

Die Fluggesellschaft SkyWork hat per sofort ihren Betrieb eingestellt. Ein herber Schlag für ihre Heimbasis – den Flughafen Bern-Belp. 
30.08.2018, 17:0130.08.2018, 17:21
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2018 schien ein gutes Jahr für den Berner Flughafen zu werden. Im Juli vermeldete die Leitung einen Anstieg bei den Passagierzahlen um sieben Prozent und auch das Ausbauprojekt schien endlich voranzuschreiten. Der Kanton Bern teilte im Frühjahr mit, sich mit zwei Millionen Franken am Projekt zu beteiligen zu wollen.

Doch ...

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Am Mittwochabend verkündete die Fluggesellschaft SkyWork ihr definitives Aus und reisst damit auch den Berner Flughafen mit in die Krise. Denn rund 6 von 10 Passagierflugzeugen, die vom Berner Flughafen abhoben, trugen bis gestern das Logo von SkyWork.

Dass der Flughafen Bern eine Daseinsberechtigung hat, wird von Aviatikexperten nicht bestritten. Doch nicht in der heutigen Form, da sind sich Hansjörg Bürgi und Sepp Moser einig. 

Das Ende der Linienflüge?

«Es war seit langem klar, dass das nicht funktionieren kann», sagt Sepp Moser zum Aus von SkyWork. Die Nachfrage in der Hauptstadt sei schlicht zu klein, um von Bern aus Linienflüge anzubieten. «Doch viele Berner wollen dies bis heute nicht wahrhaben und möchten auch einen Flughafen, wie ihn Genf oder Zürich haben.» 

Sepp Moser

Aviatikexperte und Publizist Sepp Moser posiert am Dienstag, 4. Dezember 2001, in Winkel ZH mit seinem Buch "Bruchlandung - Wie die Swissair zugrunde gerichtet wurde", das dieser Tage erschi ...
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Dass sich trotz der wirtschaftlich schwierigen Aussichten immer wieder eine Fluggesellschaft fand, die Linienflüge von Bern aus anbot, bezeichnet Moser als reinen Lokalpatriotismus. «Der Flughafen Bern ist für Passagiere schlicht zu wenig attraktiv. Denn als Berner ist man in 70 Minuten am Zürcher Flughafen und hat Anschlüsse in die ganze Welt.» Damit könne Bern nicht mithalten.

Moser geht davon aus, dass sich keine Fluggesellschaft finden lässt, die Bern zukünftig als Heimbasis nützt. Aber sicherlich würden auch zukünftig Fluggesellschaften Bern von einzelnen Destinationen aus anfliegen  – «einfach jene Strecken, die sich wirtschaftlich lohnen».

«Wenn es SkyWork nicht gelingt, weiss ich nicht, wem es sonst gelingen soll, eine Airline ab Bern zu betreiben.»
Alec von Grafenried, Stadtpräsident Bern

Weiterhin nicht Bern anfliegen, wird die Fluggesellschaft Swiss. Auf Anfrage von watson teilt die Airline mit, dass man sich in der Schweiz weiterhin auf die Flughäfen Zürich, Genf und Lugano konzentriere. 

Die Meinung von Moser teilt der Berner Stadtpräsident, Alec von Graffenried. «Wenn es SkyWork nicht gelingt, weiss ich nicht, wem es sonst gelingen soll, eine Airline ab Bern zu betreiben», sagte er zu Radio Energy.

Das sagt der SkyWork-Gründer Alex Gribi
Alex Gribi gründete SkyWork vor 35 Jahren als Taxi- und VIP-Airline. Gribi ist aus allen Wolken gefallen, als er am Donnerstagmorgen vom Grounding erfahren hat. «Das ist ein schwerer Schlag für Bern. Die Pleite tut mir vor allem für die Mitarbeiter leid.» Der Niedergang von SkyWork begann mit einer Expansion: 2008 kaufte Gribi eine 72-plätzige Dash-8. Nach einem Unfall musste das Flugzeug lange am Boden bleiben. Die Folgekosten trieben Gribi fast in den Ruin. 2011 übernahm Investor Daniel Borer die Airline und rettete SkyWork – zumindest vorübergehend – vor der Pleite. «Wir hätten sonst schon damals Konkurs anmelden müssen», so Gribi zu watson. 2015 übernahm die heutige SkyWork-Führung das Zepter, nachdem die Airline mit einer grössenwahnsinnigen Expansion über 50 Millionen Franken verbrannt hatte. Doch der Turnaround gelang nicht. Im Herbst 2017 musste SkyWork wegen Finanzproblemen die Flotte bereits während mehrerer Tage grounden. Nun erfolgt nach einem letzten Aufbäumen das definitive Aus. (amü)

Das Ende der Ausbau-Pläne?

Für 17,7 Millionen Franken sollte der Flughafen Bern ausgebaut werden. Geplant sind vier Hangars für Kleinfliegerei, ein Grosshangar, Abstellflächen und Rollwege. Das Projekt wird unterstützt vom Kanton Bern, der sich mit zwei Millionen Franken beteiligen will.

Nach dem Aus von SkyWork stellt sich jetzt aber die Frage, ob es jemals so weit kommt. Aviatikjournalist Hansjörg Bürgi hat Zweifel. «Ich gehe davon aus, dass das Bauprojekt jetzt einmal sistiert wird.»

Der Chef des Flughafens Bern, Mathias Gantenbein, will zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellung dazu nehmen. Zuerst müsse man Verhandlungen mit anderen Fluggesellschaften abwarten.

Mehr Privatflugzeuge?

Für den SkyNews.ch-Chefredaktor Hansjörg Bürgi könnte der Berner Flughafen zukünftig noch stärker auf ihr Standbein Business Aviation setzen. «Die Geschäftsfliegerei wird immer stärker von den Flughäfen Genf und Zürich weggedrängt. Dabei ist das Marktpotenzial gross.»

«Business Aviation ist bereits heute sehr wichtig für uns», sagt Mathias Gantenbein, Chef des Berner Flughafens zu watson. «Und wir hoffen in diesem Segment zukünftig weiter zu wachsen.» Doch letztlich sei dies vor allem vom Markt abhängig.

Fachkräftemangel über den Wolken wird zum Problem

Video: srf

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dudofski
30.08.2018 17:32registriert Dezember 2014
Sorry, aber Bern ist der coolste Flughafen in der Schweiz: vom Auto zum Gate 20 Meter, zudem sehr freundliches und hilfsbereites Personal, ergänzt mit einem Hauch von der Zeit, als Fliegen noch etwas Exklusives war. Schade, Skyworks verbreitete für mich das Flair vom Privatjet für Normalsterbliche.
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El Vals del Obrero
30.08.2018 17:53registriert Mai 2016
Dann ist es ja fast noch Glück im Unglück, dass die Pleite der Fluggesellschaft vor mit Steuergelder geplanten Ausbau erfolgte.

In Europa gibt es ja ein ziemliches Überangebot an Flughäfen, weil jede Stadt oder Region unbedingt einen haben will und ihn subventioniert.

Extrembeispiel: ex-Flughafen Ciudad Real (siehe Suchmaschine).

Und undirekt subventioniert man so den ganzen Flugverkehr inkl. Billigfliegerei. Bei den heutigen CO2-Problematiken muss das ja wirklich nicht sein.
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bebby
30.08.2018 17:23registriert Februar 2014
Ist eigentlich Herr Moser der einzige Experte der Schweiz in diesem Gebiet? Ich lese immer nur von ihm.
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