Schweiz
Wirtschaft

Lohnungleichheit zwischen Geschlechtern nimmt ab – aber nur minimal

Lohnungleichheit zwischen Geschlechtern nimmt ab – aber nur minimal

21.04.2020, 11:1321.04.2020, 13:27
Mehr «Schweiz»
ZUR MITTEILUNG, DASS DER BUNDESRAT EINEN NEUEN GESETZESENTWURF ZUR FOERDERUNG DER LOHNGLEICHHEIT LANCIEREN WILL, STELLEN WIR IHNEN AM MITTWOCH, 26. OKTOBER 2016, FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG -  ...
Bild: KEYSTONE

In der Schweiz tut sich nicht viel bei den Löhnen. 2018 betrug der Medianlohn 6538 Franken, das heisst, die eine Hälfte der Arbeitnehmenden verdiente mehr, die andere weniger. Das ist nominal ein halbes Prozent mehr als im Vorjahr, aber real 0.4 Prozent weniger.

Der Unterschied zwischen Frauen- und Männerlöhnen hat wie schon in den Jahren davor um etwa ein Viertel Prozent abgenommen. In der Gesamtwirtschaft belief sich das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern im Jahr 2018 auf 11.5 Prozent. 2016 lag es noch bei 12 und 2014 bei 12.5 Prozent. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dauert es noch 46 Jahre bis Männer und Frauen gleiche Löhne erhalten.

Im privaten Sektor verdienten Frauen 2018 sogar 14.4 Prozent weniger als Männer, wie die erste Auswertung der Lohnstrukturerhebung durch das Bundesamt für Statistik (BFS) zeigt. «Diese geschlechterspezifischen Lohnunterschiede lassen sich teilweise durch strukturelle Merkmale und unterschiedliche Tätigkeiten erklären, insbesondere Verantwortungsniveau am Arbeitsplatz oder Wirtschaftszweig», schreibt das BFS in seiner Mitteilung vom Dienstag.

Mehr Verantwortung, weniger Frauenlohn

Dem widerspricht allerdings, dass die Lohnschere zwischen Mann und Frau in aufsteigender Hierarchie immer weiter auseinanderklafft. So verdienten Frauen 2018 in Stellen mit hohem Verantwortungsniveau 8872 Franken brutto pro Monat, während Männer auf derselben Stufe 10'893 Franken erhielten. Das entspricht einer Differenz von 18.6 Prozent.

Bei Arbeitsstellen mit niedrigerem Verantwortungsniveau war der Lohnunterschied zu Ungunsten der Frauen weniger ausgeprägt (9.4 Prozent), bei Frauen ohne Kaderfunktion belief es sich auf 7.6 Prozent.

Nicht nur bei den Geschlechterunterschieden hat sich lohnmässig wenig getan. Die allgemeine Lohnschere, das heisst der Gesamtabstand zwischen den höchsten und den niedrigsten Einkommen, hat sich zwischen 2008 und 2018 gemäss BFS kaum verändert. In diesem Zeitraum stiegen die Löhne der am besten bezahlten 10 Prozent der Arbeitnehmenden um 9.1 Prozent. In der Mittelschicht waren es 7.3 Prozent, während sich die Löhne bei den am schlechtesten bezahlten 10 Prozent der Arbeitnehmenden um 9.6 Prozent erhöhten.

10 Prozent höhere Boni

Signifikant verändert haben sich die Boni: Sie stiegen von durchschnittlich 9033 im Jahr 2016 auf 9913 im 2018, also um knapp zehn Prozent. Zwischen 2008 und 2014 waren die Boni im Schnitt von 11'698 auf 7939 Franken gesunken, seither steigen sie wieder.

2018 erhielt fast jeder dritte Arbeitnehmende einen Bonus, das heisst zusätzlich zum Grundlohn ausbezahlte jährliche Sonderzahlungen. Die Höhe variiert stark nach Wirtschaftszweig.

Im Finanzdienstleistungsbereich durfte das obere Kader im Schnitt mit knapp 90'000 Franken rechnen, in der Pharmaindustrie mit annähernd 80'000, im Bauwesen mit 21'432 und im Detailhandel mit etwas mehr als 16'000 Franken. In Jobs ohne Führungsverantwortung verlief die Abstufung analog mit einem Durchschnittswert von 4137 Franken.

Unser Lohnpolizist Michi (13) fragt nach

Video: watson/Roberto Krone

Je lukrativer der Wirtschaftszweig, desto höher sind auch allgemein die Löhne: Informationstechnologie und -dienstleistungen brachten 2018 im Schnitt 9000 Franken ein, Jobs in der Pharmaindustrie 9747 Franken und im Bereich der Finanzdienstleistungen 9921 Franken. Am unteren Ende der Lohnskala fanden sich die Herstellung von Textilien und Kleidung (5095 Franken), Detailhandel (4875 Franken), Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie (4412 Franken) sowie Persönliche Dienstleistungen (4144 Franken).

Jeder Achte hat einen Tieflohnjob

Die Zahl der Tieflohnstellen – Vollzeitstellen mit einem monatlichen Bruttolohn von weniger als 4359 Franken – ist 2018 um 7.3 Prozent auf insgesamt 353'000 angestiegen (2016: 329'00). 12.1 Prozent aller Arbeitnehmenden, also fast jeder Achte, muss mit so einem Mini-Lohn Vorlieb nehmen. In der Textilindustrie gehören 56 Prozent der Jobs zu dieser Kategorie, in der Gastronomie knapp 45 Prozent und im Detailhandel fast ein Viertel der Stellen. Mit 66.4 Prozent sind die Frauen im Tieflohnbereich übervertreten.

In der Gesamtwirtschaft werden Einheimische besser bezahlt als Ausländer, Schweizer verdienen im Schnitt 6873 Franken, Ausländer 5886 Franken. Umgekehrt ist es bei den Jobs mit hoher Verantwortung: Im oberen Kader erhielten Personen mit Aufenthaltserlaubnis 12'510 Franken, Grenzgänger 10'750 und Schweizer Staatsangehörige 10'138 Franken – immer im Durchschnitt im Jahr 2018. (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die bestverdienenden Sportlerinnen 2019
Lohngleichheit zwischen Mann und Frau - Fehlanzeige!
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
18 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Kronrod
21.04.2020 12:39registriert März 2015
Immer wieder die gleiche Leier. Dabei sagt diese Zahl sagt nicht viel darüber aus, wie fair der Arbeitsmarkt wirklich ist. Ein grosser Teil des Lohnunterschieds zwischen den Geschlechtern lässt sich statistisch über Anzahl Dienstjahre, Ausbildung, Pensum, Arbeitsweg, etc. erklären. Der "statistisch unerklärbare" Rest kann von beliebigen unberücksichtigen Faktoren herrühren, einer davon ist natürlich Sexismus. Aber ein Beweis ist es nicht. Das Ziel sollte nicht absolute Lohngleichheit sein, sondern gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
10220
Melden
Zum Kommentar
avatar
Basti Spiesser
21.04.2020 12:37registriert März 2019
Naja, es macht nicht viel Sinn wenn ihr unbereinigte Zahlen miteinander vergleicht. Oder mir erschliesst sich die Logik nicht.

Der bereinigte Gender Pay Gap in der Schweiz ist unter 5%.
4715
Melden
Zum Kommentar
avatar
bonpris
21.04.2020 11:16registriert April 2020
Es gibt keine Lohnungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit war schon immer gegeben.

Wenn der Lohn nicht gleich ist, dann ist die Arbeit nicht gleich.
6130
Melden
Zum Kommentar
18
Exporte von Schweizer Süssigkeiten steigen an

Im vergangenen Jahr wurden mehr Süssigkeiten aus der Schweiz exportiert. So legten die Exporte der Schweizer «Zuckerwaren» im Jahr 2023 deutlich zu. Einbussen verzeichneten dagegen die «Dauerbackwaren».

Zur Story