Schlanke, junge Frauen in wallenden Kleidern räkeln sich auf den Instagram-Bildern der Lifestyle-Zigaretten-Marke Ainoha. In der Hand halten sie einen Stick in matten, frischen Farben. Ferienfeeling kommt auf, wenn man sich durch die Bilder klickt, auf denen gutaussehende Menschen die bunten Stängel qualmen. Über 22’000 Leute folgen dem Account.
Die aromatisierten Sticks gibt es in 8 verschiedenen Geschmacksrichtungen. Jede Sorte soll einen aromatherapeutischen Effekt auf die Stimmung haben. Bei Stress ersetzen also biologische Essenzen das Nikotin.
Das klingt soweit nach einer optimalen Lösung für Raucher, die ihrer Gesundheit etwas Gutes tun und mit dem Rauchen aufhören wollen. Doch die Zigi-Alternative gewährt keinen detaillierten Einblick in die genaue Zusammensetzung ihres Produkts.
Unter der Rubrik «Inhaltsstoffe», werden allerlei gesunde Zutaten und sogenannte Superfoods aufgeführt. In den Sticks stecken demnach ausschliesslich Weizengras, schwarze Johannisbeere, Chia-Samen und weitere unbedenkliche Naturgewächse, die zurzeit einen Hype erleben.
Erst in den FAQs findet man einen Hinweis darauf, dass die Zigaretten eben doch weitere Inhaltsstoffe benötigen, um zu funktionieren. «Ausserdem verwenden herkömmliche E-Zigaretten zum Verdampfen die umstrittene Chemikalie Propylenglykol. Da deren Auswirkungen bei Aufnahme durch die Atemwege noch nicht genau erforscht sind, haben wir einen innovativen Weg gefunden, den Dampf durch rein pflanzliche Stoffe zu erzeugen», preist sich Ainoha auf der eigenen Seite. Propylenglykol: Genau hierfür stand Ainoha selbst einst in der Kritik – damals unter anderem Namen.
Die Marke Ainoha wagte nämlich vor einigen Jahren erste Gehversuche – unter dem Namen «Vitastik». Damals hagelte es negative Schlagzeilen, weil die Sticks eben Propylenglykol und Glycerin enthielten.
Mutmasslich war die schlechte Presse schuld, dass aus «Vitastik» «Ainoha» wurde. Die Firma selbst nennt interne, strategische Gründe. Seit dem Namenswechsel ist das Propylenglykol jedenfalls aus den Stängeln verschwunden, das Glycerin aber ist geblieben.
Der «innovative Weg, den Dampf aus rein pflanzlichen Stoffen zu erzeugen» besteht darin, dass das Glycerin nun aus biologischem Soja hergestellt wird. Nur: Glycerin ist Alkohol – egal aus was dieses hergestellt wird.
Bisher gibt es keine ausreichenden Studien, die belegen, dass Glycerin gesundheitsschädigend ist. Jedoch ist auch die Unbedenklichkeit nicht bewiesen. Deshalb rät auch Ainoha Schwangeren, vom Konsum der Lifestyle-Zigarette abzusehen. Allerdings kommt der Stoff in vielen industriellen Lebensmitteln vor, da er die Produkte vor dem Austrocknen hindert.
In der Schweiz dürfen E-Zigaretten mit Heilanpreisung nur mit einer Zulassung von Swissmedic vertrieben werden. Die Ainoha-Zigaretten kommen allerdings aus Deutschland. Hier liegt es in der Selbstverantwortung des Inverkehrbringers, dass diese Produkte nicht gesundheitsgefährdend sind.
Die Krebsliga sieht den Lifestyle-Stängeln kritisch entgegen. «Wir halten ‹Ainoha› nicht für unbedenklich. Zum einen werden beim Konsum von ‹Ainoha› Stoffe inhaliert, deren Wirkung auf Lunge und Atemwege nicht in Langzeitstudien getestet wurde. Zum anderen können sich Personen, die ‹Ainoha› konsumieren, an die typischen Verhaltensmuster beim Rauchen gewöhnen, was möglicherweise zu einer Abhängigkeit führt», sagt Regula Bur von der Lungenliga gegenüber watson.
Auch die geschmacklich attraktiven Sticks für Jugendliche könnten anziehend wirken und so den Einstieg ins Rauchen fördern, erklärt Bur weiter.
Ob die Ainoha-Stängel eine Gefahr für die Gesundheit darstellen, bleibt also offen, bis eine Langzeitstudie die Verträglichkeit von Glycerin erforscht hat. Die Marketing-Strategien von Ainoha verurteilt die Lungenliga trotzdem scharf: «Die Werbemassnahmen finden wir problematisch. Denn die farbenfrohe Werbung, die einen gesunden Lifestyle suggeriert, richtet sich unseres Erachtens eher an Personen, die noch nicht rauchen, und wirkt insbesondere für Jugendliche attraktiv», sagt Bur.