In den Bundesasylzentren könnten sich künftig auch muslimische Seelsorger um Asylsuchende kümmern. Im Testbetrieb in Zürich läuft seit Freitag ein Pilotprojekt mit drei muslimischen Seelsorgenden, einer Frau und zwei Männern.
Das Pilotprojekt soll ein Jahr dauern, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Montag mitteilte. Ziel sei es zu prüfen, ob künftig in allen Bundesasylzentren eine muslimische Seelsorge eingeführt werden könnte - und welchen Nutzen ein solches Angebot hat.
Die drei muslimischen Seelsorgenden teilen sich ein Stellenpensum von 70 Prozent. Die Bewerber für die Stelle mussten einen von den Schweizer Landeskirchen und dem SEM aufgestellten Kriterienkatalog erfüllen.
Unter anderem dürfen sie keine Vorstrafen haben und müssen über eine religionsbezogene Ausbildung verfügen. Zudem müssen sie sich verpflichten, die rechtsstaatlichen Prinzipien anzuerkennen und einzuhalten, wie es beim SEM auf Anfrage hiess.
Die Bewerber wurden laut SEM zudem vom Nachrichtendienst des Bundes überprüft. Auch die Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ), die für die Umsetzung des Projekts bestimmt wurde, wurde vom Nachrichtendienst unter die Lupe genommen.
Erstes Pilotprojekt nicht verlängert
Die Frage, ob und in welcher Form eine muslimische Seelsorge in den Bundesasylzentren angeboten werden kann, stand laut SEM schon länger im Raum. Angesichts des Anstiegs muslimischer Asylsuchenden in den Empfangs- und Verfahrenszentren habe sich das SEM nun für das Pilotprojekt in Zürich entschieden.
Heute arbeiten in den Bundesasylzentren christliche und jüdische Seelsorger. Der Evangelische Kirchenbund, die Bischofskonferenz, die Christkatholische Kirche der Schweiz und der Israelitische Gemeindebund hatten 2002 eine entsprechende Vereinbarung mit dem Bund abgeschlossen.
Das Pilotprojekt in Zürich ist indes nicht das erste dieser Art: 2013 wurde im Empfangs- und Verfahrenszentrum Chiasso während vier Monaten untersucht, ob die Anwesenheit eines muslimischen Seelsorgers das Zusammenleben im Zentrum positiv beeinflusst.
Das Pilotprojekt war allerdings zeitlich zu kurz angelegt, wie es beim SEM auf Anfrage hiess. Weil zudem viele wichtige Vorfragen offen geblieben seien, sei die Verlängerung des Projekts gestoppt worden.
Kriterien unklar
Unter anderem stellte sich laut SEM die Frage, nach welchen Kriterien die muslimische Partnerorganisation und Seelsorger ausgewählt werden sollen. Zudem habe sich gezeigt, dass bei einer flächendeckenden Umsetzung die Frage der Finanzierung neu geregelt werden müsste.
Die Ergebnisse des ersten Pilotprojekts seien in das neue eingeflossen, schreibt das SEM. Dieses wurde vom SEM in Zusammenarbeit mit den reformierten und katholischen Landeskirchen und dem Israelitischen Gemeindebund erarbeitet. Umgesetzt wird es von der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich, ausgewertet vom Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg.
Der Interreligiöse Runde Tisch im Kanton Zürich begrüsst das Projekt sehr, wie er in einer Stellungnahme schrieb. Bereits 2013 habe er beim Bund gefordert, es sei an der Zeit, die Seelsorge verstärkt interreligiös zu konzipieren - dies angesichts «der sehr unterschiedlichen, meist nichtchristlichen Religionszugehörigkeit der Asylsuchenden».
(sda)