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Warum ich die Sonne und Hitze hasse

Die Sonne scheint und plötzlich sind alle fröhlich. Alle? Nein! Ein von Hass getriebener Autor hört nicht auf, dem Stern am Himmel Widerstand zu leisten.
Die Sonne scheint und plötzlich sind alle fröhlich. Alle? Nein! Ein von Hass getriebener Autor hört nicht auf, dem Stern am Himmel Widerstand zu leisten.Bild: Shutterstock
Kommentar

Ich hasse Sonne

Eine kleine Schimpferei auf den Abschaum am Himmelsgewölbe.
02.05.2025, 12:5702.05.2025, 13:56
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Da ist es wieder, das runde, grelle Ding am Firmament, leuchtend und erfrischend strahlt es einem ins Gesicht, wärmt den Körper, Geist und Seele, streichelt dir über die Haare als wären es Mutters zarte Hände.

Die Sonne und damit die Hitze sind zurück.

Und ich sage: Fuck. My. Life.

Ich hasse Sonne. Ich hasse, dass sie alle lieben. Ich hasse die Hitze, die mit ihr kommt, ich hasse die Helligkeit und die Grelligkeit. Kurz: Ich hasse sie von tiefstem Herzen.

Und ich hasse den Druck, den die Sonne mit sich bringt. Plötzlich MUSS man rausgehen, MUSS man in die Badi, MUSS man in die Berge oder den See oder das Meer.

Man kann zum Beispiel nicht mehr ohne schlechtes Gewissen bei strahlendem Sonnenschein in die Röhre gucken. Aber wer soll dann meinen teuer gekauften Apparat bedienen, wenn ich nicht zu Hause bin und mich stattdessen an der Sonne bräune? Wer soll beim Teleshopping den neusten Hammersmith HydroBlast Druckreiniger mit 40 bis 60 Minuten Akkulaufzeit, Weitwinkel und Präzisionsdüse von der Teleshopping-Mama kaufen, WENN KEIN SCHWEIN MEHR FERNSEH GUCKT, WEIL ALLE AN DER SONNE SIND?

Eben.

Ich hasse Sonne. Und das ist in Ordnung. Denn Hass gehört zur Grundausstattung des menschlichen Wesens. Auch wenn der Psychiater Reinhard Haller schreibt:

«Am Hass ist im Gegensatz zu anderen Aggressionsaffekten nichts Positives zu finden.»
Reinhard Haller

Argumente. Unwiderlegbar.

Easy, Reini. Warte du mal ab. Hier ein paar stichhaltige und felsenfeste Argumente gegen diesen Scheissball am Himmel.

  • Sonne ist, wenn der Dackel beim Gassigehen schon nach 10 Minuten zur knackigen, aber nicht essbaren Bratwurst gebrutzelt ist.
  • Sonne ist, wenn die Augen dank des grellen Lichts nach 10 Minuten irreparabel geschädigt sind, weil deine Istanbuler Basar-Brille einen UV-Schutz von minus 10 hat.
  • Sonne ist, wenn du wegen des Kaufes eines Ritual Sun Protection Milky Spray SPF 30 zum fünften Mal Privatinsolvenz anmelden musst.
  • Sonne ist, wenn deine Achseln nach 10 Minuten mehr Schweiss produzieren als Wasser bei den Iguazu-Fällen herunterfliesst.
  • Sonne ist, wenn es als Sujet im Logo einer grossen Schweizer Partei dient und dreinblickt, als ob man den Schluckauf endlich besiegt hätte.

Also.

Noch Fragen, Reini? Ich hab's ja gesagt: stichhaltig. Felsenfest. Der Hass hat definitiv seine Daseinsberechtigung. Wie das auch der Blobfisch hat.

Ich weiss, viele finden die Sonne gut. Endlich nicht mehr der triste Alltag des Winters, die melancholisch depressive Stimmung des Dunkels, endlich raus aus den modrigen vier Wänden, die bei Tag und Nacht den Duft einer Zwangsjacke versprühen.

Gott hatte unrecht

Wie heisst es in der Bibel?

«Es werde Licht!, und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Dann schied er das Licht von der Finsternis Nacht.»
Genesis

Pff.

Man kann das ja auch wissenschaftlich und nicht religiös anschauen: Zu viel Sonne birgt ein Krebsrisiko. Wenn die Haut direktem Sonnenlicht ausgesetzt ist, dringt ultraviolette Strahlung in die Zellen ein. Die UV-Strahlung kann das Erbgut der Hautzellen beschädigen. Sind die Schäden gross, sterben die Zellen ab.

Das Inselspital bringt es auf den Punkt: «Es kann passieren, dass eine Zelle durch einen früheren Sonnenbrand genetisch verändert wurde – also mutiert. Werden diese mutierten Zellen erneut starken Sonnenstrahlung ausgesetzt, überlebt die mutierte Zelle als einzige und hat genügend Platz, um sich zu vermehren. Starke Sonnenstrahlung kann also nicht nur Zellen schädigen, sie kann auch mutierten Zellen helfen, sich zu vermehren.»

Krebs ahoi.

Es ist ja nicht so, dass das niemand weiss. Und trotzdem freuen sich alle auf die Wärme und die Sonne und deren Güte und die Wonne.

Ich verstehe das nicht. Ich hasse Sonne. Und nur um es gesagt zu haben: Ich bin kein Heliophob. Ich habe keine Angst vor der Sonne und dem hellen Licht. Ich hasse es nur.

Bin ich der einzige? Mitnichten.

Und trotzdem werde ich immer schräg angekuckt, wenn ich sage. ICH. HASSE. DIE. SONNE. Auch auf der Redaktion, wenn ich beim Mittagessen lieber einen Platz im Schatten suche. Für mich ist aber einfach sonnenklar:

Wer die Sonne liebt, ist zu schwach fürs Leben.

Punkt.

Aber das ist okay. You do you, gell. Hau mir doch in der Kommentarspalte das Fisherman's Motto entgegen. Nur zu. Ich bleibe dabei.

Das Leben könnte so schön sein

Ich hätte lieber ein paar Wölkchen am Himmel, nicht mehr als 22 Grad, ein schönes Pullöverchen von Oma um, das Leben könnte so schön sein, wäre dieser verdammte Himmelskörper nicht da, der dir die Fresse mit UV-Strahlen poliert.

Und ich weiss auch: Ohne Sonne geht es nicht. Aber der Kreislauf des Lebens geht auch nicht ohne Schmeissfliegen. Und die mag ja auch niemand, ausser die Entomologin, oder? Eben.

Eine herzige Schmeissfliege. Kann das weg? Nein. Mag das jemand? Nein. Eben.
Eine herzige Schmeissfliege. Kann das weg? Nein. Mag das jemand? Nein. Eben.Bild: Shutterstock

Das Blöde ist: Die Sonne ist ja schon rund 4,5 Milliarden Jahre alt. Und das noch blödere ist: Das Ding bleibt uns noch genauso lange erhalten.

Das heisst, ich seh die Alte nicht mal abkratzen.

Sei's drum, ich werde nicht aufhören, die Sonne zu hassen. Nicht dich, Sonnenliebhaber. Sondern die Sonne. Auch wenn ich vor ihr das Zeitliche segne. Auch wenn sie für das Leben auf unserem Planeten wichtig ist. Auch wenn sie viele mögen.

Ich hasse die Sonne. Und ich bitte deswegen auch nicht um Verzeihung. Was hat der deutsche Komponist Johannes Brahms gesagt?

«Und sollte ich vergessen haben, jemanden zu beschimpfen, dann bitte ich um Verzeihung!»

Ich will nicht um Verzeihung bitten. Vor allem nicht bei der kack Sonne.

Darum die Schimpferei.

Und jetzt viel Spass beim Brutzeln.

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Spektakuläre Bilder der Sonnenoberfläche
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Spektakuläre Bilder der Sonnenoberfläche
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quelle: nsf/aura/nso
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169 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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lily.mcbean
02.05.2025 13:13registriert Juli 2015
Gibt es wirklich Masochisten die bei dieser Hitze freiwillig in der Sonne sitzen und essen? 🤣
Ich hasse die Sonne zwar nicht sondern die Hitze. Ausser man ist Kind und hat Sommerferien die man in der Badi verbringen kann.
Seit ich Arbeite verbinde ich Sommer nur noch mit Überarbeitung, Stress und Erschöpfung.
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Murchad
02.05.2025 13:20registriert April 2023
22°? Boah, viel zu warm. Gemütliche 18° reichen. Aber das grelle Licht brauche ich nun wirklich auch nicht.

Ferien in den Süden? Nein danke. Der Norden sieht entspannter aus. Oder weeeeit in den Süden.

Vielleicht bin ich aber einfach zu sensibel für den Scheiss
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Shikra
02.05.2025 13:12registriert Januar 2025
Danke! Endlich sagt es mal jemand.
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