Bis zur Spielhälfte sah es am Samstagabend so aus, als könnte der EHC Biel relativ locker dem dritten Sieg in der Viertelfinalserie gegen den SC Bern entgegen schippern. Die Seeländer führten dank eines Treffers von Mike Künzle mit 1:0. Doch dann war es, als hätte jemand beim SCB einen Schalter umgelegt.
Die Stadtberner drückten auf den Ausgleich und noch viel mehr. Für den Rest des zweiten Drittels hatte der SCB ein klares Chancenplus, liess nur noch wenig zu und drehte in der Folge das Spiel.
Natürlich könnte man sagen, dass bei Biel für einmal nicht Harri Säteri, sondern Joren van Pottelberghe im Tor stand. Der finnische Schlussmann fehlte, weil er am Samstagmorgen Vater wurde. Doch diese Begründung wäre zu kurz gedacht. Natürlich sieht es für van Pottelberghe nicht gut aus, wenn er vier Tore (bei 3,5 Expected Goals) kassiert. Doch den Torhüter trifft keine Schuld, wenn seine Vorderleute plötzlich derart viele vielversprechende Chancen zulassen und selbst nur noch wenige kreieren können.
Dass der SCB mehr Schüsse hat als Biel, war nicht überraschend. Die Stadtberner haben in allen drei Playoff-Spielen häufiger aufs Tor geschossen als die Seeländer. Das liegt einerseits daran, dass der EHCB bei den Schüssen mehr auf Qualität denn auf Quantität setzt. Andererseits ist auch die Tatsache, dass Bern in der bisherigen Serie oft in Rückstand lag, ein Faktor. Wer zurückliegt, sucht noch vehementer den Abschluss.
Vielmehr lag es daran, wie der SC Bern gegen Biel zu seinen Chancen kam und umgekehrt. Zum ersten Mal in dieser Serie gewann der SCB das Rush-Duell. Er schaffte es, zu verhindern, dass Biel die Mehrheit seiner Chancen «off the rush» – also mit schnellem Abschluss direkt nach dem Betreten der offensiven Zone – kreierte.
Dieses schnelle Spiel ist die grösste Stärke der Bieler. Am Samstag beschränkte die SCB-Verteidigung die Bieler Rush-Chancen auf ein Minimum (0,64 Expected Goals gegenüber 0,91 respektive 1,13 Expected Goals in den ersten beiden Partien). Insgesamt hatte Bern gar mehr Rush-Chancen als die Seeländer. Sie schafften es vor allem nach Spielmitte, bei Scheibenbesitz der Bieler die Mitte zuzustellen, sodass der Gegner nach raschen Gegenstössen kaum zu guten Abschlussgelegenheiten kam. Klar ist: Wenn sie ihre grösste Stärke nicht ausspielen kann, hat selbst eine starke Mannschaft wie Biel Mühe, sich durchzusetzen.
Nach Spielhälfte in Spiel 3 stellt der SCB gegen Biel meist erfolgreich die Mitte zu.
Daneben gab es noch andere beitragende Faktoren. Im Gegensatz zu den ersten beiden Partien nahm der EHC Biel in Spiel 3 zum ersten Mal mehr Strafen als Bern. Das eigene Powerplay blieb erfolglos, während die Berner erstmals in Überzahl trafen.
Biel ist in dieser Serie die bessere Mannschaft und hat mit einer 2:1-Führung immer noch die Oberhand. Das Rezept, um die Serie nicht doch noch aus der Hand zu geben, klingt auf dem Papier relativ simpel: diszipliniert spielen, Powerplays ausnützen und sich primär wieder konsequent auf die eigenen Stärken besinnen und das Rush-Spiel konsequent durchziehen.
Es hat in den ersten beiden Partien funktioniert, also gibt es Methoden, um die Berner im Umschaltspiel zu überrumpeln. Gelingt das, sollte dem Halbfinal-Einzug nichts mehr im Weg stehen.
Was mich noch interessieren würde: wie schafft es Biel, auf die angepasste Taktik von Bern zu reagieren. Sprich: wenn Bern hier ein valables Mittel zur Unterbindung von rush chances gefunden hat und Biel nicht einfach wieder das machen kann, was es in Spiel 1 und 2 gmeachr hat, was dann?