Geschafft! Die Freude beim Schweizer Leichtgewichts-Vierer ist grenzenlos.Bild: Luca Bruno/AP/KEYSTONE
Mario Gyr über das Goldrennen: «500 Meter vor dem Ziel wurde es mir schwarz vor den Augen»
Der Schweizer Leichtgewichts-Vierer ist nach langem Anlauf am Ziel. Das Quartett mit Mario Gyr, Simon Niepmann, Simon Schürch und Lucas Tramèr wurde in Rio de Janeiro Olympiasieger – und damit der grossen Erwartungshaltung gerecht.
Mario Gyr, der Druck war enorm, die Erleichterung deshalb umso grösser?
«Den Druck macht man sich immer selber. Wenn in einer Umfrage 98 Prozent von allen Schweizern verlangen, dass wir eine Medaille gewinnen, und davon 90 Prozent Gold, dann ist es nicht einfach. Man macht sich entweder kaputt oder hat selber den Anspruch, das zu erfüllen. Das hatten wir schon länger. Nach London sagten wir: ‹Wenn wir es machen, dann machen wir es richtig.› Deshalb bereiteten wir uns akribisch vor. Wir waren im Ziel völlig ausgepumpt, es war das härteste Rennen in unserem Leben. Aber es hat sich gelohnt. Olympiasieger wird man nicht alle Jahre.»
Mario Gyr.
Der Weg zur Goldmedaille verlangte den Athleten alles ab.Bild: Andre Penner/AP/KEYSTONE
Wie oft musstet ihr durch die Hölle gehen, um an diesem Punkt zu sein?
«Es ist ein jahrelanger Kampf. Das Training ist eine Achterbahn, man zweifelt immer wieder. Das Rennen war nicht wirklich eine Freude. 500 Meter vor dem Ziel wurde es mir schwarz vor den Augen und ich wusste, dass ich nun einfach schieben muss. Das ist natürlich nicht lustig. Ich wusste ihm Ziel nicht, welchen Rang wir belegten. Im vergangenen Jahr war es einfacher, da ruderten wir perfekt und mussten uns nicht völlig verausgaben, um Weltmeister zu werden. Diesmal mussten wir absolut an die Grenzen unserer physischen Fähigkeiten gehen. Es hat gereicht, das ist lässig.»
Mario Gyr.
Wie war es mit der Nervosität?
«Ich war überrascht. Ich ging gestern um 20.30 Uhr ins Bett und bin sofort eingeschlafen. Heute Morgen bin ich um 6.00 Uhr, 20 Minuten vor dem Wecker aufgewacht, und wusste: ‹Du bist extrem bereit.› Das gibt natürlich Vertrauen. Wir wussten, was wir können und wussten, dass wir auf den mittleren 1000 Metern mit unserem Rhythmus das Feld zerstören. Mit dem Gegenwind konnten die anderen Boote nicht wirklich entgegenhalten. Es war so, wie wir das erwartet hatten.»
Mario Gyr.
Ausgepumpt, aber überglücklich: die Schweizer Ruderer.Bild: Luca Bruno/AP/KEYSTONE
Was macht euch besser als die anderen Boote?
«Wir sind ein absolutes Team, wir harmonieren besser als alle anderen. Es ist immer einfach, ein Team zu sein, wenn man gewinnt. Aber wenn es mal nicht so gut läuft, dann zusammenzustehen und den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen, das ist nicht einfach. In der Niederlage sieht man, wer ein Team ist. Als es im Vorlauf nicht so lief, wussten wir, was wir falsch gemacht hatten und konnten es umdrehen. Das ist eine Charakterfrage und das grosse Geheimnis dieses Vierers.»
Mario Gyr.
(sda/jsc)
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