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Die Spiele beginnen mit «Frauen-Power» und sie stehen im Zeichen von «Frauen-Power». Giulia Steingruber trägt die olympische Fahne ins Stadion. Als erste Frau seit 1992. Die Spiele stehen im Zeichen von «Frauen-Power». Drei der fünf ersten Medaillen haben Frauen geholt. Heidi Diethelm Gerber bricht den Bann mit ihrer Bronze-Medaille. Und wir können mit weiteren Frauen-Medaillen rechnen (Nicola Spirig und Jolanda Neff). Da dürfen wir schon fragen: Wo wären wir in Rio ohne Frauen?
Bei Halbzeit stehen wir mit fünf Medaillen und neun Diplomen dank «Frauen-Power» bereits besser da als vor vier Jahren in London (4/6) während den ganzen Spielen. Ja, in London hatten die Schweizer bei der traditionellen Halbzeitbilanz noch keine Medaille. Es ist nun sogar möglich, dass der Rekord der Neuzeit (9 Medaillen 2000 in Sidney) in Rio übertroffen wird.
Warum sind die Schweizerinnen und Schweizer in Rio erfolgreicher als vor vier Jahren in London? Von vielen Faktoren ist einer von zentraler Bedeutung und wird in den Emotionen des Augenblickes kaum erwähnt. In der britischen Hauptstadt war die Vorbereitung einfacher, in Rio ist sie ungleich schwieriger. In Rio ist mit akribischer Detailarbeit noch mehr herauszuholen als in London.
Die Schweizer Sportgeneräle sind Olympiasieger in der Vorbereitung. Ihre Effizienz ist in diesem Bereich weltweit unübertroffen. Nicht die Gesamtsumme, nicht die Quantität der eingesetzten finanziellen Mittel entscheidet. In diesem Bereich können wir nicht mithalten. Es ist die Qualität. Die Effizienz. Die Intelligenz beim Einsatz der Mittel. Und das ist ein Problem.
Schweizerinnen und Schweizer werden alle vier Jahre für ihre Tüchtigkeit politisch bestraft. Die Forderungen nach grösserer finanzieller Unterstützung durch die öffentliche Hand (Bundeskasse) verhallen immer wieder ungehört. Mit einem einleuchtenden populistischen Argument: Es geht ja, was wollt ihr mehr?
Aber wie lange funktioniert das noch? Weltweit wird in immer mehr Ländern immer mehr in den Spitzensport investiert. Unser Spitzensport braucht mehr Geld. Nicht die Profis, nicht die Fussball- und Hockeyspieler, nicht die Tennis- und Radstars, nicht die Reiter, die ihre Karriere selber finanzieren können. Aber in den Sportarten, die nur alle vier Jahre mit den Olympischen Spielen eine Bühne bekommen und uns immer wieder Medaillen einbringen – Turner, Ruderer, Bahnradfahrer, Fechter – brauchen mehr Geld.
Im Herbst werden bei uns politische Weichen gestellt. Der Bundesrat wird dem Parlament einen Sport-Aktionsplan für die nächsten Jahre vorlegen. Es soll nicht mehr Geld aus der Bundeskasse in den Spitzensport fliessen. Olympiageneral Ralph Stöckli sagte im Rahmen seiner «Halbzeit-Bilanz», er hoffe immer noch auf grössere finanzielle Unterstützung durch den Bund. Sportminister Guy Parmelin und Bundespräsident Johann Schneider-Ammann waren hier in Rio. Man habe gute Gespräche geführt.
Unsere Sportgeneräle mögen zu den besten der Welt gehören. Politisch sind sie erstaunlich naiv. Bundesräte sind immer gut gelaunt, wenn sie eine schöne Reise machen und mit Sportlerinnen und Sportler plaudern dürfen. Gute Gespräche unter Palmen haben keinerlei politische Bedeutung. Politik wird anderorts gemacht.
Aber unsere Sportfunktionäre schaffen es einfach nicht, eine mit der Landwirtschaft oder dem Tourismus vergleichbare politische Lobby aufzubauen. Bei «Halbzeit» ist die Schweiz in Rio eine grosse Sportnation. Sportpolitisch bleibt sie daheim im eigenen Land ein Zwerg.
«Frauen-Power» könnte unserem Sport zu viel mehr politischem Drive verhelfen. Der Frauenanteil unseres Olympiateams hat sich seit London 2012 um 10 Prozent auf 45 Prozent erhöht. Ein politischer Steilpass. Der Argumentation, endlich auch im Spitzensport die Gleichberechtigung zu vollziehen und den Anteil der Frauen bei der Olympia-Delegation für Tokyo 2020 auf 50 Prozent zu erhöhen, könnte sich kein Parlamentarier und keine Parlamentarierin widersetzen.
Sie würden die dafür notwendigen Gelder für die Spitzensportförderung aus der Bundeskasse bewilligen. Denn es wäre in der politischen Leseart nicht mehr Spitzensportförderung. Sondern Frauenförderung.
Aber Ralph Stöckli hat für derartige Überlegungen kein Musikgehör. Er glaubt nicht an die Kraft solcher Argumente. Dieser tüchtige Sportfunktionär, vor dessen Kompetenz ich mich verneige, personifiziert die politische Naivität, die sich wie ein roter Faden durch unseren Sport zieht. Kein einziger Fachverband schickt eine Kandidatin für die anstehende Präsidenten-Wahl von «Swiss Olympic» ins Rennen.
Vielmehr besteht die Gefahr, dass mit Jürg Stahl ein – excusez l’expression – «SVP-Operetten-Nationalrat» zum obersten eidgenössischen Sportfunktionär gewählt wird. Der Luftwaffen-Major hat, bei Lichte besehen, als Präsident der «Parlamentarischen Gruppe Sport» nichts bewegt.
Weiterhin ein Mann ohne Charisma statt eine Frau an der Spitze unseres Sportes. Eine verpasste Chance.