Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Ein «bernozentrisches» Weltbild hilft uns, das Universum des Schwingens besser zu verstehen und hat nichts mit Lokalpatriotismus zu tun. Die Berner sind nun mal der stärkste Teilverband. Eine Analyse nach dem ersten Tag ist am einfachsten, wenn wir eine Antwort auf die Frage suchen: Wo stehen die Berner?
Ein Blick auf die Rangliste sagt uns: Die Welt ist für die Berner nach dem ersten Tag des Eidgenössischen auf den Militärflugplatz zu Payerne nicht mehr so, wie sie war.
2013 in Burgdorf standen die späteren Schlussgangteilnehmer Christian Stucki und Matthias Sempach am Samstagabend an der Spitze. Der dritte im Bunde, Bernhard Kämpf, war auch ein Berner. Eine Zwischenrangliste wie beim Berner Kantonalen:
Nun haben wir auf den ersten beiden Plätzen nach vier Gängen nicht weniger als 15 (!) böse Männer – und darunter sind «nur» sieben Berner (Glarner, Käser, Stucki, Anderegg, Graber, Sempach, Siegenthaler)
Was ist passiert? Sind die Berner nicht mehr «böse»? Müssen sie um den Thron fürchten, den sie seit 2010 besetzt halten? Nein, nicht mehr als in Burgdorf vor drei Jahren nach dem ersten Tag. Aber etwas ist anders.
Die Dominanz von Matthias Sempach und Christian Stucki in Burgdorf war einmalig und wird es so nicht mehr oft geben. Oder vielleicht gar nie mehr. Schwingen wird auch im Kopf entschieden. Mit der Körpersprache. Mit dem Selbstvertrauen. Burgdorf 2013 war eine Ausnahme.
Matthias Sempach und Christian Stucki waren auf einer Mission. Es war «ihr» Fest. Vor ihrer Haustüre. Drei Jahre lang hatte sich eine Spannung aufgebaut, die noch intensiver, grösser war als ohnehin auf ein «Eidgenössisches» hin. Bei Matthias Sempach noch extremer als bei Christian Stucki. Er stand unter Strom. Er galt längst als «bösester» im Lande. Aber bis dahin hatte er beim «Eidgenössischen» immer versagt. Entweder würde er in Burgdorf zerbrechen und nie mehr König. Oder er würde triumphieren.
Druck macht Diamanten: Er hatte vor drei Jahre eine zwingende Ausstrahlung und signalisierte seinen Gegner mit jeder Faser seines Körpers:
Und er wurde König. Durch einen Sieg im Schlussgang über seinen Freund Christian Stucki. Matthias Sempach war in Burgdorf ganz einfach unbesiegbar. Er war wie von einem anderen Stern.
Diese zwingende Ausstrahlung hatte der König nun am ersten Tag in Estavayer nicht mehr. Auch Christian Stucki wirkte nicht ganz mehr so zwingend und wuchtig wie vor drei Jahren. Aber das ist nur logisch. Estavayer ist nicht mehr Burdgorf. Estavayer ist für die beiden Titanen aus dem Bernbiet ein «normales» Eidgenössisches wie für die Ostschweizer oder die Innerschweizer auch. Aber selbst bei dieser Ausgangslage, sozusagen «netto», ohne die Kraft, die aus dem heimatlichen Sägemehl kommt, stehen beide wieder ganz vorne in der Rangliste und haben die Chance, den Schlussgang erneut zu erreichen.
Matthias Sempach mag zwar nicht mehr ganz so charismatisch wirken wie vor drei Jahren. Aber die Gegner sollten nicht aufatmen. Der König ist dafür eine Spur gelassener geworden. Er strahlt nicht mehr Unbesiegbarkeit aus. Aber königliche Würde und royales Selbstvertrauen. Deshalb ist es ihm gelungen, Armon Orlik zu besiegen und zurückzubinden. Der König ist also nicht mehr unbesiegbar. Nicht mehr wie von einem anderen Stern. Er ist am ersten Tag wieder unter den gewöhnlichen Schwingern gelandet.
Aber er ist noch immer bei weitem gut genug, um seinen Thron zu verteidigen. Was seit dem 2. Weltkrieg (also in der Neuzeit) nur Karl Meli, Rudolf Hunsperger, Ernst Schläpfer und Jörg Abderhalden gelungen ist (Titelverteidiger Peter Vogt war 1950 nicht König, nur Erstgekrönter).
Die Ausgangslage der Berner ist nach dem ersten Tag in Estavayer nicht so spektakulär wie vor drei Jahren in Burgdorf. Aber sie ist nahezu gleich gut. Denn nun kommt zum Zuge, dass sie nach wie vor der stärkste Teilverband sind. So lange wie möglich werden nicht die Bösen aus dem gleichen Teilverband aufeinander losgelassen. Wir können davon ausgehen, dass sich mindestens einer der neun Berner bis in den Schlussgang durchkommen wird.
Es ist, wie es ist: Auf dem Weg zum Thron müssen alle bei den Bernern vorbeikommen.