Drei Tore beim 3:1-Sieg gegen den SCB! Keine Frage: Fabrice Herzog war gestern im vierten Playoff-Halbfinal-Spiel der grosse Matchwinner für den ZSC. Beim 1:0 aus spitzem Winkel patzte Leonardo Genoni, beim 2:0 erwischte Herzog den SCB-Keeper in Unterzahl zwischen den Beinen und beim 3:1 kurz vor Schluss spielte Berns Gaetan Haas ihm den Puck in den Stock, so dass der ZSC-Flügel ihn nur noch ins leere Tor schieben musste.
«Drei Tore zu einem 3:1-Sieg in den Playoffs? Nein, so etwas ist mir vorher noch nie gelungen», freute sich Herzog nach der Partie. Wobei freuen vielleicht etwas übertrieben ist. Selbst nach einer solchen Gala bleibt der stets zurückhaltende, ja fast scheu wirkende Frauenfelder ruhig und besonnen. So fügt Herzog trotz dreier Matchpucks in der Halbfinal-Serie wenig euphorisch an: «Eine 3:1-Führung ist zwar schön und gut, aber wir müssen auch in den nächsten Spielen wieder 60 Minuten lang alles geben.»
Dass Herzog in der entscheidenden Meisterschaftsphase auf dem Eis derart explodiert, konnte nicht erwartet werden. Der 1,89 Meter grosse, aber trotzdem wendige Powerflügel hat eine enttäuschende Qualifikation gespielt, nur 15 Punkte (7 Tore/8 Assists) sammelte er in 46 Spielen. Viel zu wenig für einen Mann mit seinem Potenzial. In der aufgeheizten Playoff-Atmosphäre blüht Herzog nun aber wieder auf: Sechs Tore hat er bereits erzielt – mehr sogar als Topskorer Frederik Pettersson.
Überhaupt scheint Herzog ein Mann für grosse Momente zu sein. Sein Stern ist nämlich nicht erst in den diesjährigen NL-Playoffs aufgegangen, sondern bereits an der letzten WM. Obwohl er als 13. Stürmer zunächst kaum Eiszeit bekam, wartete er geduldig auf seine Chance und trumpfte beim 3:2-Sieg gegen Kanada mit zwei Toren schliesslich gross auf. Das Game-Winning-Goal in der Verlängerung war dabei ein absolutes Traumtor.
Auf der Tribüne damals: Mike Babcock, Headcoach der Toronto Maple Leafs, die Herzog 2013 unspektakulär in der 5. Runde an 142. Position gedraftet hatten. Wie alle Hockeyspieler will sich auch Herzog dereinst in der NHL versuchen. Noch läuft sein Vertrag mit den ZSC Lions bis 2019, doch der 23-Jährige hat sich eine Ausstiegsklausel für die beste Liga der Welt in den Kontrakt schreiben lassen.
Sollte Herzog tatsächlich ein Aufgebot für ein Trainingscamp erhalten, würde er wieder auf Auston Matthews treffen. Mit dem heutigen NHL-Superstar harmonierte der linke Flügel vor zwei Jahren prächtig. Weil er meist an der Seite des genialen Centers wirbeln durfte, skorte er in 38 Spielen ordentliche 24 Punkte.
In Übersee hat sich Herzog bereits einmal versucht. Nachdem er mit 17 von den Pikes Oberthurgau in den Zuger Nachwuchs gewechselt war, spielte er – nach zwei Lehrjahren in Zug, ersten NLA-Einsätzen und einer abgebrochenen Lehre als Automechaniker – eine Saison für die Québec Remparts in der kanadischen Nachwuchs-Liga QMJHL. Dank starken Leistungen durfte Herzog ausserdem fünfmal in der AHL für die Toronto Marlies, das Farmteam der Maple Leafs, auf Eis. Er zog dieses Lehrjahr damals einer weiteren Saison in der Schweiz vor, «weil es für meine Weiterentwicklung besser war.»
Nach seiner Rückkehr spielte Herzog zunächst wieder für den EV Zug, wo sein Talent aber nicht richtig eingeschätzt wurde. So schlugen die ZSC Lions zu und sicherten sich 2015 die Dienste des ruhigen Powerflügels. Dort reifte er innert zwei Saisons zum gestandenen NL-Profi, der sich mittlerweile sogar für die NHL empfohlen hat. Ob es wirklich dazu reicht, wird die Zukunft weisen.
Während beruflich also noch vieles unklar ist, hat der Nati-Stürmer die Weichen im Privatleben bereits gestellt. Mit 23 Jahren ist der ZSC-Shootingstar bereits verheiratet und Vater einer zweijährigen Tochter. Hin und wieder darf die kleine Emma ihrem Papi sogar live im Stadion zuschauen, denn auch Ehefrau Tamara ist hockeyverrückt. Sie ist die Schwester von Goalie Gianluca Hauser, der mit Fabrice als Junior bei den Pikes und der Zuger U20 zusammenspielte. Momentan spielt Hauser beim EHC Bülach in der My Sports League, während Kumpel Herzog von der grossen NHL träumen darf.