Dreimal waren die ZSC Lions in den letzten zehn Jahren nach 36 Runden in der Tabelle auf Platz 3 klassiert. Dreimal betrug ihr Vorsprung auf den jeweiligen Zehntplatzierten der National League über 30 Punkte. Momentan liegen die Zürcher in der Tabelle nur vier Punkte hinter den auf Rang drei klassierten SCL Tigers, aber auch nur vier Zähler vor dem HC Lugano, der den 10. Platz einnimmt.
Zwischen einer Spitzenklassierung und einem Nicht-Playoff-Platz entscheiden momentan Nuancen. Zwei Niederlagen in Serie können den Absturz unter den Strich bedeuten. Zwei Siege hintereinander katapultieren einen auf der anderen Seite in die Top 4 der Tabelle
So eng beieinander tummelten seit der Einführung der 50 Runden dauernden Qualifikation in der obersten Schweizer Eishockeyliga in der Saison 2007/2008 noch nie so viele Mannschaften. Acht Punkte trennen derzeit acht Teams zwischen den SCL Tigers auf Platz 3 und dem HC Lugano auf Platz 10. Zum Vergleich: Im Januar 2010 hatte der Tabellendritte Zug 34 (!) Punkte mehr auf dem Konto als der Tabellenzehnte Lugano.
Die letzten 14 Runden der Qualifikation werden an Spannung kaum zu überbieten sein. Das ist die gute Nachricht. Für acht Mannschaften wird sich jedes Spiel bis zum eigentlichen Playoff-Auftakt schon wie eine Playoff-Partie anfühlen. Jedes dieser Teams wird Spiel für Spiel an sein Limit gehen müssen, wenn es ab März um den Meistertitel kämpfen will. Aber ist durch diese grosse Ausgeglichenheit auch das Niveau besser geworden?
Ueli Schwarz, langjähriger Trainer auf höchstem Niveau und derzeit Experte beim TV-Sender «MySports» tut sich schwer, ein klares Urteil zu fällen: «Das Glas ist für mich diesbezüglich halb voll oder halb leer – je nach Betrachtungsweise. Dass die Spieler jeden Tag an ihre Grenzen gehen und alles geben müssen, ist für das Produkt Eishockey natürlich super. Es macht auch die Athleten besser. Auf der anderen Seite habe ich nicht das Gefühl, dass dieses zähe Ringen dem Niveau der Spiele wirklich zugutekommt.»
SCB-Sportchef Alex Chatelain ist froh, dass er diesen massiven Strichkampf nur aus der Ferne beobachten darf. Der SC Bern hat sich zusammen mit dem EV Zug nach oben abgesetzt. Für Chatelain ist jedoch klar, dass diese Massierung nur Vorteile hat punkto Attraktivität und Niveau. «Dass mit Ambri und Langnau zwei Aussenseiter dabei sind, die man nicht unbedingt auf der Rechnung hatte, trägt ebenso dazu bei wie die Tatsache, dass mit den ZSC Lions und Lugano zwei der favorisierten Teams Probleme haben», sagt der Bündner in Berner Diensten.
Oder anders ausgedrückt: Die Mittelschicht der Liga ist – in dieser Form sicher nicht erwartet – umfangreicher geworden. Klar ist, dass sich die – auf dem Papier – talentierten Mannschaften je länger, je mehr darauf einstellen müssen, dass sie in jedem Spiel ans Limit gehen müssen. Wer das nicht schafft, der wird von den in der Regel punkto Taktik und Arbeitsmoral hervorragend eingestellten Underdogs ganz einfach besiegt. Und befindet sich somit eher früher als später in sportlicher Not. In Zürich und in Lugano liegen die Nerven entsprechend schon länger blank. Daran wird sich so schnell nichts ändern.