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Warum der Ex-ZSC-Star Owen Nolan ein Treffen mit der Queen schwänzte

October 6, 2002, VANCOUVER, BC, Canada: Queen Elizabeth II and Wayne Gretzky stand at centre ice during the playing of the anthems at GM Place in Vancouver Sunday Oct. 6, 2002. The Queen dropped the p ...
Nicht nur in Kanada Legenden: Queen Elizabeth II. und Wayne Gretzky.Bild: www.imago-images.de

Warum Ex-ZSC-Star Owen Nolan ein Treffen mit der Queen schwänzte

Das Herz der verstorbenen Queen Elizabeth II. schlug für den Pferdesport. Doch die britische Königin besuchte regelmässig auch andere Anlässe – wie beispielsweise anlässlich einer Kanada-Visite vor 20 Jahren ein NHL-Spiel. Der Stürmer Owen Nolan schwänzte es.
09.09.2022, 12:1509.09.2022, 16:26
Ralf Meile
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Grosse Aufregung in Vancouver am 6. Oktober 2002: Die Queen kommt. Elizabeth II. wird beim Vorbereitungsspiel zwischen den NHL-Teams Vancouver Canucks und San Jose Sharks erwartet. Es ist der Abschluss ihres Kanada-Besuchs anlässlich des 50. Thronjubiläums.

An der Seite der kanadischen Eishockey-Legende Wayne Gretzky schritt die Monarchin vor dem ersten Bully aufs Eis, um symbolisch den ersten Puck einzuwerfen. Um sicherzustellen, dass Her Majesty nicht ausrutscht, wurde der rote Teppich nicht einfach ausgerollt, sondern so hingelegt, dass er mit der Eisfläche zusammengefror.

Die Queen waltet ihres Amtes.Video: YouTube/NHL

Während sich der grösste Teil der kanadischen Eishockey-Familie auf den hohen Besuch freute, war einer weniger amused. Owen Nolan war Captain der San Jose Sharks – und verzichtete auf ein Treffen. Er habe Rückenschmerzen, hiess es, und deswegen den Trip nicht mitgemacht.

Gemeinsam mit der Queen für ein Foto posieren? Lieber nicht

Doch das war wohl höchstens die halbe Wahrheit. Nolan ist zwar Kanadier, aber geboren wurde er in Belfast, der Hauptstadt Nordirlands. Das gehört zum Vereinigten Königreich und ist tief gespalten. Die Republikaner setzen sich für eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland ein, die Unionisten für den Verbleib im Königreich.

Ab 1969, drei Jahre vor Nolans Geburt, eskalierte dieser Konflikt. Am Bloody Friday, dem 21. Juli 1972, explodierten in Belfast 22 Bomben. Neun Menschen starben, 130 wurden verletzt. Der Familie Nolan wurde es zu gefährlich – sie flüchtete vor «The Troubles» und zog nach Kanada. Da war der kleine Owen gerade sieben Monate alt.

Drei Jahrzehnte später war aus dem Buben ein NHL-Star geworden: ein Nummer-1-Pick, ein Weltmeister, ein Olympiasieger. Der nun beim Puck-Drop vor 18'422 Zuschauern im ausverkauften GM Place von Vancouver mit der Queen lächeln sollte.

«Ich fühle mich als Ire»

Das wollte Nolan, dessen Familie in einem katholischen Arbeiterviertel unweit der Friedenslinie lebte, nicht. «Mir wurde gesagt, er habe sich geweigert, an einer Zeremonie mit der Monarchin eines Landes teilzunehmen, das seine Heimat seit 800 Jahren in Ketten hält», berichtete ein Insider. Dabei hatte der Mediensprecher der San Jose Sharks betont: «Es gibt sicherlich keine politischen Gründe für diese Entscheidung.» Aber die Lage schien allen Beteiligten klar zu sein, es hatte bloss niemand ein Interesse daran, grossen Wirbel zu verursachen. «Ich fühle mich als Ire», bekannte Nolan später gegenüber der «NZZ am Sonntag».

Als Captain der Sharks wurde er von Mike Ricci vertreten. «Ich weiss noch, dass ich sehr nervös war», erinnerte sich dieser zehn Jahre später an den Moment. «Die Kollegen zogen mich auf, dass ich bestimmt einen Skandal verursache, in die Königin stolpere und sie dann stürze, solche Sachen.» Das Treffen beflügelte ihn offenbar: Ricci erzielte beide Tore von San Jose bei der 2:3-Niederlage. Als er nach dem Spiel in die Kabine zurückkehrte, hatten die Kollegen sein Namensschild ausgetauscht. Nun stand da: «The King».

Die Queen war nur ein Drittel da

Zum ganz grossen Eishockey-Fan wurde Queen Elizabeth II. an diesem Abend nicht. In der königlichen Loge schaute sie nur das erste Drittel. «Aber sie fragte, ob das Spiel im Fernsehen zu sehen sei und auf welchem Sender, damit sie die beiden weiteren Drittel dort schauen könne», berichtete Gretzky, der neben ihr in der Royal Box sass. Vielleicht erkundigte sie sich auch bloss aus Höflichkeit.

February 08, 2012: Former Sharks great Owen Nolan is honored before the NHL Eishockey Herren USA hockey game between the Calgary Flames and the San Jose Sharks at HP Pavilion in San Jose, CA. The Flam ...
Mann mit Prinzipien: Nolan verabschiedet sich 2012 von den Fans der San Jose Sharks und vom Eishockey.Bild: imago images

Owen Nolan machte der Rücken in der Folge keinen Strich mehr durch die Rechnung. Bis 2010 absolvierte der fünffache All-Star 1265 NHL-Spiele (mit 925 Skorerpunkten) in Regular Season und Playoffs. Er lief für die Quebec Nordiques auf, nach deren Umzug auch für die Colorado Avalanche, für die San Jose Sharks, die Toronto Maple Leafs, die Phoenix Coyotes, die Calgary Flames und die Minnesota Wild. Und als er keinen Vertrag mehr erhielt, wechselte der Flügelstürmer im Alter von 38 Jahren in die Schweiz.

Der grosse Traum erfüllte sich nicht

Im Herbst 2010 sollte Owen Nolan den ZSC Lions nach einem schwachen Saisonstart helfen. Das gelang ihm, als Leaderfigur führte er die Zürcher wieder nach vorne. Doch in der Folge baute Nolan ab, trotz 26 Skorerpunkten in 24 Qualifikationsspielen fielen seine Zensuren letztlich mässig aus.

Bildnummer: 06755439 Datum: 26.10.2010 Copyright: imago/Geisser
26.10.2010 Hallenstadion Z
Owen Nolan im Dress der ZSC Lions.bild: imago/geisser

In den Playoffs war in den Viertelfinals gegen den Rivalen Kloten Schluss. Es waren Nolans letzte Spiele als Eishockeyprofi. Denn kein NHL-Team wollte ihn mehr verpflichten und so musste er seine Laufbahn beenden, ohne dass der ganz grosse Traum vom Stanley-Cup-Sieg in Erfüllung ging. Aber WM- und Olympia-Gold sind bestimmt kein schlechter Trost.

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