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Die Statistik erzählt uns schon fast die ganze Geschichte. Zwei Mal hatte Ramon Untersander bei Titelturnieren gespielt (WM 2017, Olympisches Turnier 2018) und kein einziges Mal getroffen. In Kopenhagen ist er nun mit zwei Toren unser treffsicherster Verteidiger. Wie wichtig er für unser WM-Team ist, sagen uns wiederum Zahlen: er hatte bisher mit 21:15 Minuten nach Captain Raphael Diaz (21:42 Min.) pro Spiel am zweitmeisten Einsatzzeit.
Die Erklärung für die Steigerung ist so banal wie folgerichtig: Üben, üben, üben. «Wir haben in Bern ein Ritual. Nach jedem Aufwärmtraining am Vormittag vor einem Match machen wir intensives Schusstraining. Das hat mir geholfen. Wie gut Direktschüsse gelingen, hängt von der Sicherheit der Bewegungsabläufe und dem Timing ab. Je mehr man übt, desto besser wird man.»
Ramon Untersander's wrister pops the bottle. Anders Nilsson has allowed his first goal of the tournament. 3-1. #IIHFWorlds pic.twitter.com/ozRXeZLNnc
— Steven Ellis (@StevenEllisNHL) May 13, 2018
Und jetzt schlagen Untersanders Direkt-Geschosse (sog. «One Timer») auch in den internationalen Netzen ein. Dabei schiesst der Verteidiger den zugespielten Puck direkt aufs Tor. Heute sind gute Torhüter aus der Distanz praktisch nur noch so zu überwinden.
In der Karriere des Ostschweizers (erster Klub Rheintal) gibt es einen entscheidenden Punkt. Sozusagen ein «Pfingsterlebnis», das ihm die Augen geöffnet hat.
Doch der Reihe nach. In Davos (2006 bis 2012) bringt er es vom Junior zum durchschnittlichen NLA-Verteidiger. Aber in den vier nächsten Jahren stagniert er beim EHC Biel. Bis zu seinem Wechsel nach Bern im Sommer 2015 gelingen ihm in 284 NLA-Einsätzen bloss elf Tore.
Und Kritiker orakeln nach seinem Transfer zum SCB bereits von einer baldigen vorzeitigen Rückkehr zu Biel. Weil Ramon Untersander nicht zugetraut wird, bei einem Titanen wie dem SCB eine tragende Rolle zu übernehmen. Er hat es zwar zu ein paar «Operetten-Länderspielen» gebracht. Aber zu keiner WM-Nomination.
Doch er rockt den SCB und erzielte bisher in Bern in 171 Partien bereits 33 Tore. Er hat im besten Wortsinne den «Knopf aufgetan» – und weiss warum. «Trainer Guy Boucher hat mir damals beim ersten Gespräch gesagt, dass er auf mich setzen werde und dass ich ein grosses Potenzial habe. Das hat mich überrascht und mir viel Selbstvertrauen gegeben.»
Es ist also ein NHL-Coach, der später in Bern gefeuert wird, der Ramon Untersanders wahres Potenzial entdeckt. Ein wenig mahnt diese Episode an die Karriere von Luca Cunti, der bei den ZSC Lions sogar ins Farmteam verbannt worden war, ehe ihn der NHL-General Bob Hartley entdeckte und förderte. Luca Cunti hat es dann bis zum WM-Silberheld gebracht und ist heute ein wichtiger Stürmer in Lugano.
Eine Medaille hat Ramon Untersander noch nicht. Aber wenn die Schweizer heute gegen Frankreich gewinnen (12:15 Uhr), sind sie im Viertelfinale und es sind dann theoretisch nur noch zwei Siege bis zur Medaille. Den Fehler, ob dem Träumen von hohen Zielen über die Pflicht zu stolpern, macht Ramon Untersander so wenig wie seine Mitstreiter. Er sagt das, was sich in einer solchen Situation jeder echte Profi sagt: «Alles was jetzt zählt, ist das nächste Spiel gegen Frankreich.» Es ist nicht nur eine Floskel: Er gehört hier zu den sieben Spielern, die bei der WM vor einem Jahr in Paris gegen Frankreich verloren haben (3:4 n.P.).
Inzwischen hat Ramon Untersander einen ähnlichen kulturellen Anpassungsprozess hinter sich wie Lars und Sven Leuenberger (der ZSC-Sportchef hat seinen Lebensmittelpunkt immer noch in Bern), Alex Chatelain oder Ivo Rüthemann: Auch er ist als Ostschweizer im Bernbiet heimisch geworden.
Wie gut sich Sportler aus dem Land «hinter Zürich» (von Bern aus gesehen) beim SCB integrieren, ist bemerkenswert. Ramon Untersander spricht schon fast den Dialekt der echten Berner. Kein Wunder, hat er seinen Vertrag beim SCB im Februar 2017 vorzeitig bis 2022 prolongiert.
Warum es für Menschen vom östlichen Rand unseres Landes so einfach ist, sich im Herzen der Schweiz zurechtzufinden, weiss er auch nicht. Er sagt: «Es ist halt einfach schön in Bern …»