3:0 gegen Weissrussland. Dieses Spiel konnten die Schweizer nicht verlieren. Weissrussland, das schwächste aller 16 WM-Teams, als einziges noch punktelos, brachte gegen die tapferen Schweizer gerade mal 14 Torschüsse zustande. Der 3:0-Sieg der Eisgenossen stand nie in Frage. Sie dominierten von der ersten bis zur letzten Minute und erzielten sogar ein Powerplay-Tor. Reto Schäppi staubte im ersten Drittel in Überzahl zum 1:0 ab.
Die Pflicht ist erfüllt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und nach erfüllter Pflicht, gibt es keinen Ansatz zur Polemik. Auch wenn es einer der einfachsten WM-Siege der Neuzeit war. Weissrussland hat nur noch zwei der letzten elf WM-Partien gewonnen.
Weil gegen Slowenien und Frankreich insgesamt drei Punkte verschenkt worden sind, braucht es nun für die Viertelfinals in den drei restlichen Partien gegen die Titanen Kanada (Samstag, 20.15), Finnland (Sonntag, 20.15) und Tschechien (Dienstag, 16.15) Punkte.
«Das ist möglich», sagt Verteidiger Philippe Furrer, der als Silberheld weiss, was es für Siege über die Grossen braucht. 2013 war er auf dem Weg ins Finale an Siegen gegen die nun anstehenden Gegner Kanada und Tschechien beteiligt. «Wir müssen einfach spielen und Fehler vermeiden.» An Mut und Tapferkeit fehlt es also nicht.
Nationaltrainer Patrick Fischer sagt, er werde gegen die Grossen nicht anders spielen lassen und ist optimistisch: «Wir können gegen jedes Team punkten.» Die Taktik bleibt also gleich. Aber der Nationaltrainer kündigt Umstellungen an.
Er will beide noch nicht gemeldeten Spieler am Wochenende (also in den Partien gegen Kanada und Finnland) von der Tribune erlösen und ins Team holen. Das bedeutet, dass die beiden Zuger Reto Suri und Dominik Schlumpf doch noch eingesetzt werden. Patrick Fischer: «Das ist so vorgesehen.»
Entscheidend wird sein, wie gut sich die Spieler in den zwei Tagen bis zur Partie gegen Kanada erholen. Dabei geht es weniger um das Nachfüllen der Energietanks. Die sind gut gefüllt. Patrick Fischer sagt: «Wir haben in der Vorbereitung hart gearbeitet. Jetzt sind wir fit.» Tatsächlich waren die Schweizer mit dem kräfteraubenden Frankreich-Spiel vom Vorabend in den Beinen frischer, schneller, spritziger und bissiger als die ausgeruhten Weissrussen nach einem spielfreien Tag.
Nun beginnt das grosse WM-Rechnen. Und diesmal ist ein Schelm, wer denkt, dass im Sport die Rechnerei nur für Verlierer ist.
Unter Patrick Fischer haben die Schweizer bei einer WM schon einmal gepunktet. In Moskau gegen Schweden (2:3 nach Penaltys).
Es gibt sogar die Option eines Befreiungsschlages. Ein Sieg gegen Finnland kann unter Umständen die Viertelfinals-Qualifikation bringen – und die Finnen, die gegen Frankreich 1:5 verloren haben, die Viertelfinals kosten.
Ist ein Sieg gegen Finnland möglich? Ja. Der Vorjahresfinalist ist ausser Form und könnte, wie die Schweiz 2014, als Finalist das Viertelfinale verpassen. Juhani Tamminen (66), Finnlands Kult-TV-Experte sagt über «sein» Nationalteam: «Die Mannschaft ist führungslos. Keine Leader in der Garderobe und keine Führung durch die Coaches. Es kann ganz bitter werden.»
Der neue Nationaltrainer Lauri Marjamaki hat es als Nachfolger von SCB-Meistertrainer Kari Jalonen halt nicht einfach. Wenn er den «Showdown» gegen Patrick Fischer verliert, ist er wohl seinen Job los. Vielleicht hilft den Schweizern ja ein Gedicht. Doktor Saul Miller, der weltberühmte Sportpsychologe, der die Eisgenossen hier in Paris auf diese WM vorbereitet hat, empfiehlt in seinem Buch «Why Teams Win» vor grossen Herausforderungen noch einmal den Teamgeist zu beschwören. Wir können ja tatsächlich gegen die Titanen nur als Team gewinnen.
Zur Beschwörung dieses Teamgeistes pflegt Saul Miller ein Gedicht von Rudyard Kipling («Das Dschungelbuch») zu rezitieren.
Das ist die Botschaft unseres grossen sportpsychologischen «Voodoo-Priesters»: Folgt dem Gesetz des Dschungels und ihr kommt ins Viertelfinale.