Die Statistik erlaubt ein wenig (aber nur ein wenig) Polemik: Im Herbst 2018 hat Dominik Kubalik nach 6 Partien 7 Skorerpunkte (3 Tore/4 Assists) auf dem Konto. Nun sind es nach 6 Spielen bloss 4 Punkte (1 Tor/3 Assists). Ambri stand damals nach 6 Partien mit 9 Punkten auf Rang 7. Nun belegt Ambri nach 6 Spielen und ebenfalls 9 Punkten den 9. Platz. Wir dürfen also sagen: Dominik Kubalik ist noch nicht so gut wie bei seinem ersten Gastspiel. Ambri aber schon. Eishockey ist eben doch der letzte echte Teamsport.
Luca Cereda hat erstmals acht Ausländer zur Verfügung. So viele wie kein anderer Trainer der Liga. Pro Spiel dürfen nur sechs eingesetzt werden. Für jedes Spiel muss er also zwei auf die Tribüne schicken. Die Entscheidung ist nie leicht: Es gibt bei einem Torhüter, drei Verteidigern sowie vier Stürmern eigentlich zu viele Varianten, um die sechs Positionen zu besetzen.
Eigentlich ist von den sechs Ausländern nur der einstige Liga-Topskorer Dominik Kubalik für jedes Spiel gesetzt. Er hofft nach wie vor auf eine Rückkehr in die NHL und hält sich in Ambri fit. Bis zum 15. Dezember darf er in die NHL wechseln. Hat er bis dahin keinen neuen Job in der wichtigsten Liga der Welt, dann bleibt er bis Saisonende in der Leventina. Es wäre verständlich, wenn er nicht ganz mit der gleichen Leidenschaft bei der Sache wäre wie damals im Herbst 2018. Sein Herz und sein Verstand hängen immer noch ein wenig an der gelobten Liga NHL, die ihn wohlhabend gemacht hat: In der NHL verdiente er bisher brutto knapp 14 Millionen Dollar.
Luca Cereda sieht in dieser Ausgangslage kein Problem und ist mit Dominik Kubalik zufrieden: «Er ist ein Vorbild für alle und im Backchecking arbeitet er sehr gut.» Na ja, Defensivarbeit ist wohl nicht die Rolle seines abschlussstärksten Spielers. Für diese Arbeit ist eher das einheimische Personal zuständig. Ambris Trainer gibt im Zusammenhang mit der noch leicht enttäuschenden Produktion zu bedenken: «Manchmal will ein Spieler zu viel und verkrampft sich.» Und wahr ist ja auch: Mit ein paar Stangenschüssen hatte der tschechische Weltmeister bisher auch Pech.
Trotzdem die – ein wenig – polemische Frage an Luca Cereda: Wagen Sie es, Dominik Kubalik auf die Tribüne zu setzen? Er sagt ohne zu zögern: «Ja.» Dominik Kubalik ist unter den acht Ausländern nicht gesetzt? «Nein.» Luca Cereda ist kein Maulheld. Er tut, was er sagt, und ist auch deshalb bereits im achten Amtsjahr (länger stand in Ambri noch nie ein Trainer an der Bande), weil er keine Spielchen spielt, wahr und klar spricht und das Leistungsprinzip für alle durchsetzt. Unabhängig von Namen, Herkunft, Verdiensten aus der Vergangenheit, Vertragssituation und Salär.
Es ist also möglich, dass Dominik Kubalik auch mal auf die Tribüne muss. Was natürlich einige Polemik in der lokalen Medienszene auslösen würde. Was Luca Cereda wenig beeindruckt: «Das gehört bei uns dazu.» Er könnte auch sagen: Polemik ist ein wichtiger Teil der Tessiner Hockeykultur.
Wie gut Dominik Kubalik in Ambri spielt, ist für seine NHL-Chancen völlig unerheblich. Die Chancen für einen Verbleib steigen also nicht, wenn er jetzt nicht zu Hochform aufläuft. Wichtig ist für die Interessenten aus Übersee, dass er in «game shape» ist: also trainiert und spielt. Was er kann und was nicht, wissen die NHL-Generäle nach seinen fünf Jahren in Chicago, Detroit und Ottawa (366 Spiele/97 Tore/87 Assists). Am ehesten bekommt Dominik Kubalik eine Chance, wenn in einem NHL-Team ein Offensiv-/Powerplay-Stürmer ausfällt.
Sportchef Paolo Duca mag nicht darüber spekulieren, ob Dominik Kubalik Ambri bis zum Saisonende erhalten bleibt. Jeden Tag könne ein Angebot aus der NHL kommen. Er lässt den Weltmeister deshalb in Ruhe. «Ich frage ihn nicht ständig, ob er Angebote bekommt und prüft. Er wird uns schon informieren, wenn es so weit sein sollte.» Ob es im Falle eines Falles eine Chance für eine Verlängerung über diese Saison hinaus gibt, vermag Ambris Sportchef nicht zu sagen. «Warten wir einfach ab. Sollte er nach dem 15. Dezember noch bei uns sein, können wir das Gespräch suchen. Vorher macht es keinen Sinn.»
Wir sehen: Luca Cereda und Paolo Duca sehen die «Causa Kubalik» mit Gelassenheit. Sie wissen zu gut: Ausländer kommen und gehen, Ambri aber bleibt bestehen.