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Leonardo Genoni und die heikle Frage bei der Schweizer Eishockey-Nati

epa12586165 Switzerland's goalkeeper Leonardo Genoni in action during the EHF Euro Hockey Tour game between Sweden and Switzerland, in Zurich, Switzerland, 11 December 2025. EPA/ANDREAS BECKER
Wie viel ist von Leonardo Genonis Magie noch übrig?Bild: keystone
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Leonardo Genonis Magie und das olympische Goalie-Risiko

Drei Niederlagen in Zürich beim letzten Test vor dem olympischen Turnier sind kein Anlass zur Sorge. Aber sie zeigen, wie heikel die Torhüter-Frage ist.
15.12.2025, 06:5915.12.2025, 12:29

Die Schweiz verliert in Zürich gegen Schweden (2:3 n. P.), Tschechien (3:5) und Finnland (3:4 n. V.). Die Saisonbilanz unseres Nationalteams: Sechs Spiele, fünf Niederlagen und ein einziger Sieg im November gegen Finnland. Na und?

Vor drei Jahren waren solche Resultate noch ein Grund zur Kritik, ja Polemik. Heute gelten Niederlagen im November und Dezember nicht mehr als Vorboten des Scheiterns. Sondern als Glockengeläut beim Alpaufzug zu neuem Ruhm im Frühjahr. Die Gelassenheit der WM-Silberhelden von 2024 und 2025.

epa12592280 Players of Switzerland look disappointed after losing the Euro Hockey Tour game between Switzerland and Finland, in Zurich, Switzerland, 14 December 2025. EPA/ANDREAS BECKER
Die Schweizer sind enttäuscht – die Niederlagen verheissen aber nicht unbedingt etwas Böses.Bild: keystone

Das offensive Versagen bei den drei Niederlagen in Zürich: einmal mehr ärgerlich, aber kein Grund zur Sorge. Die offensive olympische Musik werden sowieso unsere NHL-Stars machen. Punkt. Bis auf Denis Malgin und Sven Andrighetto bleibt den Stürmern aus unserer Liga im Olympia-Team weitgehend «nur» die Rolle als tapferes, diszipliniertes offensives Hilfspersonal. Wichtiger als Abschlussqualitäten: Standfestigkeit, robust im Kampf an der Bande, Verlässlichkeit im Defensivspiel. Ab und an ein Tor wird als Bonus gewertet.

Eine Debatte darüber, welche Stürmer Patrick Fischer aus der heimischen Liga nominiert, ist akademischer Natur und eignet sich nicht für Polemik. Ob Haas oder Riat, Thürkauf oder Hofmann, Simion oder Rochette, Rohrbach oder Moy: Für das Gelingen des olympischen Abenteuers spielt das kaum eine Rolle. Kein Stoff, aus dem Polemik gewoben wird. Und auch in der Defensive werden die NHL-Verteidiger das Wetter machen. Auch auf dieser Position: Von den Verteidigern aus der Liga wird keine Befeuerung der Offensive erwartet. Wichtiger als kreative Angriffsauslösung: Standfestigkeit, robust im Kampf an der Bande, Verlässlichkeit im Defensivspiel. Ab und an ein Assist wird als Bonus gewertet.

New Jersey Devils center Nico Hischier (13) controls the puck past Vegas Golden Knights right wing Mitch Marner (93) during the first period of an NHL hockey game Friday, Dec. 5, 2025, in Newark, N.J. ...
Die NHL-Stürmer wie Nico Hischier werden die Schweizer Offensive anführen.Bild: keystone

Hingegen ist die Torhüter-Frage hoch heikel. Patrick Fischer verdankt seine drei WM-Finals (2018, 2024, 2025) zu einem erheblichen Teil der Magie von Leonardo Genoni. Bei der letzten WM wurde Zugs letzter Mann nicht nur als bester Goalie, sondern auch als MVP ausgezeichnet. So viel Lob und Preis gab es in der ganzen WM-Geschichte noch nie für einen Schweizer.

Doch Magie ist kein Naturgesetz. Sie ist vergänglich. Leonardo Genoni ist inzwischen 38 Jahre alt geworden. Die Frage nach der Haltbarkeit seiner Magie ist keine Respektlosigkeit, sondern Pflicht.

Ja, an guten Abenden vermag er für Zug noch immer Siege zu stehlen. Aber eine Saisonfangquote von 91,40 Prozent ist Liga-Durchschnitt. Und in Zürich glänzte die silberne Magie nur noch matt: Gegen Schweden und Tschechien stoppte er lediglich 86,30 Prozent der Pucks. Keine Magie. Blech statt Silber.

Die Frage ist also: Noch einmal auf Leonardo Genonis silberne Magie vertrauen – oder auf Akira Schmid (25) setzen? Der Langnauer ist fürs olympische Turnier verfügbar und in Las Vegas mit einer Fangquote von über 90 Prozent in der NHL angekommen. Der helvetische Goalie der Stunde.

Die olympische Vorrunde gegen Frankreich, Kanada und Tschechien entscheidet nur über eine Direktqualifikation für den Viertelfinal oder den Umweg über den Achtelfinal. Patrick Fischer kann testen, ob Leonardo Genonis silberne Magie noch wirkt oder ob Akira Schmids NHL-Erfahrung mehr bringt. Im Idealfall wird aus den beiden ein Duo wie einst Martin Gerber und Reto Berra bei der ersten Silber-WM 2013. Oder wie David Aebischer und Martin Gerber beim olympischen Turnier in Turin.

NHL, Eishockey Herren, USA Carolina Hurricanes at Vegas Golden Knights Oct 20, 2025 Las Vegas, Nevada, USA Vegas Golden Knights goaltender Akira Schmid 40 waves to the crowd after being named First St ...
Ist in der NHL angekommen: Akira Schmid.Bild: www.imago-images.de

Drei Goalies wird der Nationaltrainer nominieren. Eingesetzt werden im Normalfall zwei. Ein Verzicht auf Leonardo Genoni wäre eine riskante, heikle Sache und könnte den Zorn der Hockeygötter wecken. Er hat erst einmal für ein entscheidendes Spiel nicht auf Leonardo Genonis Magie vertraut: Im WM-Viertelfinal von 2023 setzte er auf Robert Mayer, damals als Meister mit Servette der Goalie der Stunde. Die Schweizer verloren auch wegen Robert Mayer kläglich 1:3.

Es ist, als sei Patrick Fischers sportliches Schicksal vor seinen letzten zwei Turnieren (Olympia, Heim-WM) auf Gedeih und Verderb mit der Magie von Leonardo Genoni verknüpft.

Eishockey ist ein Teamsport. Aber eben nicht nur: Torhüter sind zwar nicht alles. Aber ohne Torhüter ist alles nichts. Die Goalies waren die Väter aller Erfolge der Neuzeit.

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Nati-Goalie Leonardo Genoni mit Tränen in den Augen: Erneut verliert die Schweiz einen WM-Final.

quelle: keystone / salvatore di nolfi
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NotYouButMe
15.12.2025 07:31registriert November 2023
Ich bin verwirrt:"So viel Lob und Preis gab es in der ganzen WM-Geschichte noch nie für einen Schweizer."
Fiala (2024) und Josi (2013) wurden ebenfalls mit dem MVp ausgezeichnet. Gab es dafür weniger Lob?
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mad_aleister
15.12.2025 08:23registriert Januar 2016
Also Genonis Fangquote ist ziemlich die Gleiche wie letztes Jahr. Da hatte er doch gerockt? Oder lebe ich in einer Parallelwelt? Hatte in der letzten Regular Season eine Fangquote von 91.90% (leicht über Durchschnitt) und an der WM mit 95.33% abgeliefert. Nach der Logik des Artikels wäre die polemische Frage: Sage mir wie "durchschnittlich" Genoni in der NL spielt und ich sage, ob er International rockt.

Die 3. + 4. Sturmlinie (notabene aus der NL) ist in der Zusammenstellung fast noch wichtiger, damit die NHLers rocken können.

Diesem zauggschen Artikel kann ich überhaupt nicht zustimmen.
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AtlasausOprund
15.12.2025 07:47registriert März 2020
das es keine Rolle spielt, wer vom hiesigen Feldpersonal die Plätze hinter den international betrachtet wenigen NHL Spielern füllt, sehe ich nicht so. Diejenigen die mitfahren dürfen, müssen a) in Topform sein, b) über die erforderliche Statur verfügen und c) erfahren genug sein, um bereit zu sein, ihre Rolle völlig zuverlässig und fehlerfrei abliefern zu können. Sie sind das Fundament auf denen die Stars rocken sollen.
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