Harold Kreis ist ein kluger Mann. Eigentlich fast zu klug, um Eishockeytrainer zu sein. Um junge Männer, die fürs spielen bezahlt werden, aus der Komfortzone zu scheuchen. Und zu klug für den Sportchef und für den Manager: Harold Kreis weiss, wie die Macher im Hockey ticken und versteht es auf höchst geschickte Art und Weise, sich diesen Machern anzupassen. Das zu sagen, was sie hören möchten und das zu tun, was sie sehen möchten. Er ist auch schon die Angela Merkel der Hockeytrainer genannt worden. Ein Drittel ist das spöttisch gemeint, ein Drittel ironisch und ein Drittel bewundernd.
Harold Kreis hat vier Jahre lang Zug alles geliefert – ausser das, was Zug eigentlich braucht: den grossen Erfolg. Er war freundlich, vermied jede Form von Polemik und er hat die Zuger in einen sanften Schlaf gewiegt. Sie haben vier Jahre lang nicht gemerkt, dass er die jungen Spieler nicht fördert und aus den ihm anvertrauten Jungs nicht ein Maximum herausholt. Erst jetzt, nach dem dritten Scheitern im Viertelfinale in vier Jahren und keinerlei Förderung der Junioren haben sie endlich gesehen, dass der Kaiser ja gar keine Kleider trägt. Also zahlen sie Harold Kreis aus. Der Deutschkanadier hatte noch einen Vertrag bis zum Ende der nächsten Saison.
Aber es war und ist den Zugern wohl mit einem Trainer wie Harold Kreis. Bei der Verpflichtung eines neuen Trainers werden sie erneut versuchen, den Bären zu waschen ohne ihn nass zu machen. Will heissen: sie möchten zwar schon einen leistungsorientierten, fordernden, auch mal lauten Trainer – aber dann doch nicht einen, der an die Grenzen geht und für Unruhe sorgt. Einen, der womöglich gar mit bissigen Aussagen provoziert und es wagen könnte, zu sagen, was alle heimlich denken: dass beispielsweise Raphael Diaz als Captain überfordert ist und zu wenig bringt.
Sie hätten auch gerne einen, der die jungen Talente fördert, ihnen dann viel Eiszeit zuweist, wenn es zählt. Fast so einen wie Arno Del Curto. Aber dann doch nicht einen, der es mit der Juniorenförderung so arg treibt, dass die arrivierten Stars aufmucken und Unruhe aufkommt.
Eigentlich ist es ganz einfach: Zug braucht Hans Kossmann mit einem Einjahresvertrag. Einen Mann, der Zug aus seinem Dornröschenschlaf der Bequemlichkeit reisst. Der EV Zug ist eines der beststrukturierten Sportunternehmen im Land. Den Zugern fehlt bloss der Mut, selbstsicher und laut aufzutreten wie ein Spitzenteam und die damit einhergehenden Konflikte auszutragen.
Bei Spitzenteams ist es nie windstill. Bei Spitzenteams ist es nie allen, vom Präsidenten über den Manager bis zum Sportchef, dem Trainer und den Spielern, wohl. Erfolg erfordert den Preis der Unruhe.
Hat Sportchef Reto Kläy den Mut, einen Mann wie Hans Kossmann als Trainer zu verpflichten? Oder gar Hans Kossmann? Dann können die Zuger Meister werden.
Ich befürchte, dass er diesen Mut nicht hat und den Bär beim Waschen nicht nass zu machen wagt. Die Furcht vor einem richtig guten, grossen, unbequemen Trainer ist wahrscheinlich zu gross.