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Alex Frei über Zeki Amdouni: «Er dürfte noch mehr ‹Drecksau› sein»

Foto Manuel Geisser 01.02,2023 Stadion Letzigrund Fussball Saison 2022/2023 Herren Cup 1/8 Final Grasshopper Club Zuerich - FC Basel Bild: Zeki Amdouni - Alex Frei Trainer FC Basel Aktion Einzelbild * ...
Alex Frei und Zeki Amdouni kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit beim FC BaselBild: www.imago-images.de

Rekordtorschütze Frei über Amdouni: «Er ist so gut, er dürfte noch mehr ‹Drecksau› sein»

Zeki Amdouni hat in allen Schweizer Länderspielen 2023 getroffen. Nun jagt er einen erstaunlichen Rekord von Alex Frei. Wir haben die beiden Stürmer zum Gespräch getroffen. Im Zentrum steht die Frage: Wie wirkt sich Amdounis Wechsel nach England aus?
07.09.2023, 13:2007.09.2023, 14:24
Etienne Wuillemin und Christian Brägger / ch media
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Und dann sagt Alex Frei: «Ich will jetzt nicht sagen, er ist zu wenig Typ Drecksau…» Aber ein bisschen mehr wäre nicht nur schlecht? «Genau. Weil er ist so gut, dass er es auch sein darf!» Er? Das ist Zeki Amdouni. 22 Jahre alt. Stürmer. Der Aufsteiger des Jahres 2023 im Schweizer Nationalteam.

Am Samstag bestreitet die Nati ihr nächstes EM-Qualifikationsspiel auswärts im Kosovo. Im Fokus stehen werden Captain Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri, natürlich. Aber eben auch: Amdouni.

In jedem der vier Länderspiele dieses Jahres traf Amdouni, zuletzt gegen Rumänien gar doppelt. «Ist er der nächste Alex Frei?», fragte diese Zeitung angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der Amdouni seine Tore erzielt.

Zeki Amdouni Burnley
Seit Juli 2023 steht Amdouni beim Premiere-League-Verein Burnley unter Vertrag.Bild: https://www.instagram.com/burnleyofficial/

Trifft Amdouni gegen den Kosovo zum fünten Mal in Serie für die Nati?

Frei ist der Rekordtorschütze der Nati. 42 Tore in 84 Spielen, ein Treffer in jedem zweiten Auftritt also, Freis Bilanz liest sich hervorragend. Gerade was die Konstanz angeht, kam und kommt niemand an ihn heran. Kein Seferovic, kein Embolo. Und Amdouni?

Es ist gewiss früh, um diese Frage zu beantworten. Aber noch vor einem Jahr wäre schon gar niemandem in den Sinn gekommen, sie überhaupt zu stellen. Amdouni ist keiner, der schon als Jugendlicher die Fantasien der Fans geweckt hätte. Erst im Frühjahr 2023, kurz nach dem 22. Geburtstag, begann er plötzlich, Tor um Tor zu schiessen. Für den FC Basel. Für die Nati. Gegen den Kosovo hat Amdouni nun sogar die Chance, als erster Schweizer seit Frei im Jahr 2005 in fünf Länderspielen hintereinander zu treffen.

«Ich bin sicher, dass ihm der Erfolg nie zu Kopf steigt – weil ihn prägt, dass er bei Servette abgeschoben wurde.»
Alex Frei

Treffpunkt Brügglifeld. Alex Frei hat gerade das Training mit dem FC Aarau beendet, als wir ihn bitten, Zeki Amdouni zu charakterisieren. «Bodenständig, introvertiert, grosser Schalk, viel Humor.» Das ist es, was Frei zuerst einfällt. Und auch: «Ich bin sicher, dass ihm der Erfolg nie zu Kopf steigt – weil ihn noch immer die Erinnerung prägt, dass er bei Servette abgeschoben wurde. Das kann ein grosser Booster sein für seine Karriere.»

Switzerland's Alex Frei, celebrates his first goal, during the Soccer World Cup 2002 qualifying game Switzerland vs. Luxemburg, Wednesday, March 28, 2001, in Zurich, Switzerland. (KEYSTONE/Michel ...
Alex Frei ist noch immer der Rekordtorschütze der Schweizer NatiBild: KEYSTONE

Lausanne-Ouchy. Lausanne. Basel. Burnley. Der letzte Wechsel eben erst im Sommer. Fast 20 Millionen Franken erhielt der FCB vom Premier-League-Aufsteiger. Manch einer ist schon gescheitert mit einem solchen Preisschild um den Hals. «Das ist nun die grosse Frage: Gelingt es Amdouni, eine Konstanz an den Tag zu legen, um mehr zu sein als ein One-Hit-Wonder?», fragt Frei. «Es gibt genügend Beispiele von Stürmern, die ein Jahr regelmässig trafen und dann wieder in der Versenkung verschwanden.»

Als FCB-Trainer hat Frei vor einem Jahr erlebt, dass Amdouni Zeit braucht, bis er sich an einen neuen Ort gewöhnt hat. Nur 2 von 22 Toren schoss Amdouni in der Hinrunde. «Er braucht Wärme und Vertrauen – vom ganzen Verein. Einfach, weil sein Charakter so ist. Weil er unfassbar lieb und gewissenhaft ist», sagt Frei. Und dann kommt dieser Satz, ein wenig mehr «Drecksau», ein bisschen egoistischer – es würde künftig bestimmt nicht schaden in der grossen Fussball-Welt, wo normalerweise jeder sich selbst am nächsten ist.

Amdouni: Die Begrüssung mit dem Teletubby-Video

Szenenwechsel. In Riddes hinter der Hornbach-Filiale hat Amdouni auf dem Trainingsplatz des FC Sion die tägliche Übungseinheit unter Nationaltrainer Murat Yakin hinter sich, als er kurz vor halb eins zum Gespräch erscheint. Er wirkt selbstbewusster und nicht mehr wie der scheue Nachbarsjunge von nebenan. Interviews ist er sich unterdessen gewohnt. Auch wirkt er grösser, was einfach zu erklären ist und an jenem Bild liegen mag, dass ihn auf dem Rasen die verteidigenden Gegenspieler meist überragen.

«Ich bin gut angekommen. Ein Vorteil ist, dass unter anderem der Trainer Französisch spricht. Das hilft enorm.»
Zeki Amdouni

Für fünf Jahre hat Amdouni beim Premier-League-Aufsteiger Burnley unterschrieben. Der Klub pries ihn im Sommer in einem Teletubby-Video an. Es irritierte den jungen Fussballer nicht, im Gegenteil, es amüsierte ihn. Weil er wusste, dass Burnley spezielle Präsentationen liebt.

Mit dem Transfer vom FC Basel auf die Insel habe sich einiges in seinem Leben verändert, sagt Amdouni. Die Sprache, die Kultur, die Umgebung, der Fussball, alles ist neu, anders. Doch der Stürmer ist sich das gewohnt, er hat schon einige Vereine gesehen in der jungen Karriere. «Ich bin gut angekommen, die Anpassung ist geglückt. Ein Vorteil ist, dass einige Mitspieler, der Trainer und der Staff Französisch sprechen. Das hilft enorm.» Englisch ist er am Lernen, der Slang bereitet ein bisschen Schwierigkeiten, eine Englisch-Kostprobe mit seinem französischen Akzent gibt es nicht.

Amdouni, der Strassenfussballer: ständig am Wuseln

Nach reiflichen Überlegungen und langen Diskussionen hat sich Amdouni gemeinsam mit der Familie und dem Berater für Burnley entschieden und die anderen Angebote ausgeschlagen. «Trainer Vincent Kompany hat mir aufgezeigt, wie er mich in seinem System auf der Elf oder der Zehn sieht. Mir spielt die Position nicht so eine Rolle», sagt er. Und eigentlich spielt Amdouni ja so, wie er das immer tut: Er gehört zur Kategorie der Strassenfussballer, ist ständig in Bewegung, verlässt sich auf seine Instinkte, wuselt herum.

Die Intensität der Premier League erfordert eine Umstellung, Fehler werden sofort bestraft. Physisch und teils auch technisch ist Amdouni jetzt mehr gefordert. Das Startprogramm war happig, der Angreifer stand stets in der Startformation, verloren gingen alle Begegnungen. Die Gegner waren mit Manchester City, Aston Villa und Tottenham auch stark.

Im Ligacup gegen Nottingham aber, da hat der Schweizer gezeigt, wofür er geholt wurde: Er traf nach seiner Einwechslung in der 90. Minute, es war ein typisches Amdouni-Tor. Das hat dem Klub nach den Niederlagen in der Premier League gezeigt, dass man mithalten kann. Und Amdouni gibt der Treffer Auftrieb. «In der Debütsaison ist es wichtig, dass man einen Stammplatz erobert und bestätigt. Ich muss weiter an mir arbeiten», sagt er.

Frei: «Dann wurde ich sofort anders betrachtet»

Zurück zu Alex Frei. Wer im Rückblick auf seine Karriere schaut, stellt fest: Es gibt durchaus Parallelen zu Amdouni. Auch Frei musste Umwege gehen, ehe er sich bei Servette und dann vor allem in Rennes durchsetzte. Was war der Schlüsselmoment? «Als ich gegen Olympique Marseille einmal vier Tore im selben Spiel erzielte. Danach spürte ich, dass ich vom Durchschnittsregal ins höchste Regal gewandert bin – ich wurde anders betrachtet.»

«Ich hoffe, dass jeder die Ambition hat, die Geschichte und die Statistiken zu verändern.»
Alex Frei

Diesen Schlüsselmoment hat Amdouni noch vor sich. Für die Beurteilung in England sind weder die Tore mit der Nati noch jene mit dem FCB in der Conference League von nachhaltiger Bedeutung. Da zählt einzig die Frage: Liefert Amdouni auch unter dem Druck der besten Liga der Welt?

Um es mit Alex Frei zu sagen: «In der Schweiz wird einem Spieler, der gewisse Fantasien weckt, rasch einmal das Gefühl vermittelt, eine Wertanlage zu sein – entsprechend wird der Spieler auch etwas bevorzugter behandelt. Im Ausland ist es vorbei damit. Da heisst es einfach: friss oder stirb!»

Letzte Frage: Traut der Rekordtorschütze Frei dem Senkrechtstarter Amdouni zu, den eigenen Tor-Rekord einmal zu brechen? «Ich hoffe, dass jeder die Ambition hat, die Geschichte und die Statistiken zu verändern. Ob er es schafft, werden wir sehen.»

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16 Kommentare
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Tsherish De Love aka Flachzange
07.09.2023 14:53registriert September 2020
Ein Knipser wäre so wichtig für die Weiterentwicklung der Mannschaft. Ausser Frei und zuvor Kubi und Knup hatte es keinen Natistürmer in den letzten 30 Jahren, der regelmässig traf.
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