In früheren Jahren war es manchmal so, dass sich der Schweizer Meister mit dem Titelgewinn automatisch für die Gruppenphase der Champions League qualifizierte. Das ist in dieser Saison nicht der Fall – ganz im Gegenteil.
Weil die Schweizer Klubs in den vergangenen Jahren europäisch zu wenig gut spielten, rutschte die Super League in der UEFA-Fünf-Jahres-Wertung ab. Das hat die Konsequenz, dass der FC Zürich schon sehr früh in den Wettbewerb eingreifen und mehrere Qualifikations-Runden überstehen muss.
Im Sommer 2009 gelang dies dem FCZ schon einmal. Nachdem er sich gegen NK Maribor aus Slowenien und den lettischen Meister Ventspils durchgesetzt hatte, stand er erstmals in der Klubgeschichte in der Champions League. Das Losglück meinte es gut mit den Zürchern: Es bescherte ihnen eine Gruppenphase mit den Weltklubs Real Madrid, AC Milan und Olympique Marseille als Gegnern. Legendär war dabei der 1:0-Sieg auswärts im San Siro, als der finnische Abwehrchef Hannu Tihinen mit dem Absatz das goldene Tor schoss.
Ob es in diesem Herbst erneut zu Vergleichen mit solch hochkarätiger Konkurrenz kommt, steht in den Sternen. Vier Runden muss der Schweizer Meister überstehen, um es in die Gruppenphase der Königsklasse zu schaffen.
Kommt hinzu, dass der FCZ aufgrund fehlender Europacup-Resultate in den letzten Jahren schon in der 1. Runde ein ungesetztes Team sein wird. Der Blick auf die Gesetzten zeigt: Schon diese 1. Qualifikations-Runde könnte zum Stolperstein werden.
Denn ein möglicher Gegner ist Bodö/Glimt. Der norwegische Meister sorgte in dieser Saison in der Conference League für Furore, wo er das Viertelfinale erreichte. In der Zwischenrunde wurde Celtic Glasgow ausgeschaltet, für Aufsehen sorgten aber besonders die Resultate gegen die AS Roma. In der Gruppenphase feierte Bodö/Glimt einen 6:1-Sieg zuhause und holte in Rom ein 2:2, im Viertelfinal gab es zuhause einen 2:1-Sieg, ehe nach einem 0:4 das Licht ausging.
Ein anderes gesetztes Team in der 1. Qualifikationsrunde ist der moldawische Meister. Sheriff Tiraspol spielte in der aktuellen Saison in der Champions League und schaffte mit einem 2:1-Auswärtssieg bei Real Madrid eine der grössten Sensationen in der Geschichte dieses Wettbewerbs.
Das sind beides keine Mannschaften, vor denen sich der FC Zürich fürchten müsste – aber es wären Gegner, die bestimmt nicht schwächer wären. Das trifft eher dann zu, wenn als Kontrahent die Lincoln Red Imps gezogen würden. Der Meister aus Gibraltar zählt tatsächlich zu den gesetzten Teams, ebenso The New Saints aus Wales.
Sollten die Zürcher weiterkommen, treffen sie mutmasslich auf ein anderes Team, das sich in der 1. Runde durchsetzte. Möglich wäre auch ein Duell mit dem serbischen Meister, die Belgrader Klubs Roter Stern und Partizan spielen den Titel einmal mehr unter sich aus.
In der 3. Qualifikationsrunde greifen dann der türkische Meister (Trabzonspor) und der dänische Meister (FC Kopenhagen oder Midtjylland) ins Geschehen ein, in der 4. Runde zudem der schottische Champion (Celtic Glasgow oder Glasgow Rangers) und der Meister der Ukraine (Schachtar Donezk).
Vier Hürden muss Zürich also überspringen, um an die Champions-League-Millionen zu kommen. YB verdiente in dieser Saison 32,2 Millionen Franken.
Immerhin: Bei einem Scheitern bietet sich die Chance, es in einem anderen europäischen Wettbewerb in die Gruppenphase zu schaffen. Bei einem Scheitern in Runde 1 geht es in der Qualifikation für die Conference League weiter, bei einem Scheitern in den Runden 2 und 3 in der Quali für die Europa League – und sollte der FCZ die vierte Quali-Runde zur Champions League erreichen, steht er im Falle einer Niederlage automatisch in der Gruppenphase der Europa League.
Offen ist, wo die Zürcher ihre Europacup-Heimspiele austragen werden. Vergangene Woche wurde publik, dass das Zürcher Letzigrundstadion an einigen Europacup-Terminen schon anderweitig besetzt ist. Einerseits durch das jährliche Leichtathletik-Meeting, zum anderen durch Konzerte von Ed Sheeran und den Büetzer Buebe. Das Problem: Die UEFA lässt für die Gruppenphase nur ein Stadion pro Klub zu. Müsste der FCZ also wegen einer Terminkollision eine Partie anderswo als im Letzigrund austragen, müsste er gleich für alle drei Gruppenspiele dorthin umziehen. «Das ist sehr, sehr ärgerlich», sagte FCZ-Präsident Ancillo Canepa bei «Blue».
Im Sommer 2009 konnte der FCZ ebenfalls nicht im Letzigrundstadion antreten. Die Qualifikation für die Champions League gegen Ventspils schaffte er in St.Gallen. Der Kybunpark wäre wohl auch jetzt die erste Ausweichadresse. Allerdings steht der FCSG im Cupfinal und könnte es auch über die Liga noch in den Europacup schaffen. So wäre auch dieses Stadion keine Option für Zürich – im Fokus stünde dann wohl jenes in Luzern.