Das Joggeli bröckelt. Die Luftkissen der Hülle werden immer grauer, Wasserleitungen lecken. Und nicht nur die zu wenigen Cateringstände passen 21 Jahre nach der Eröffnung nicht mehr in die heutige Zeit, in der alles schnell gehen und gut aussehen muss.
Seit Jahren diskutieren die Verantwortlichen mögliche Modernisierungen. Doch das grosse Problem im verschachtelten Konstrukt mit dem Baurechtsnehmer Genossenschaft Stadion St. Jakob, dem Hauptmieter FC Basel, dem Bodeneigentümer Basel-Stadt und dem benachbarten Baselland, von wo aus die meisten Fans ins Stadion kommen, ist die Finanzierung.
«Die Kosten des Stadions sind eine grosse Herausforderung», schreibt Genossenschaftspräsident Andreas Kressler im jüngsten Geschäftsbericht. Investitionen, Unterhalt und Betrieb des Stadions müssen aus den Mieteinnahmen des FC Basel finanziert werden, die ohne Champions League in den letzten Jahren tiefer sind als vorher. Die 3,8 Millionen Franken, die der FCB 2021 an Miete zahlte, sind für die Genossenschaft zu wenig. Aus Sicht des Klubs sind sie aber viel zu hoch und schweizweit unerreicht.
Jetzt preschen Genossenschaft, FCB und die Architekten von Herzog & de Meuron vor. Am Montag präsentierten sie im Joggeli an der Generalversammlung und in einer Medienrunde das Konzept Stadion+, das in den vergangenen Monaten erarbeitet und von allen drei Parteien für gut befunden wurde.
50 Millionen Franken soll die Modernisierung kosten. Die Genossenschaft kann rund fünf Millionen aus dem Erneuerungsfonds selber aufbringen. Den Rest sollen sich die Kantone aufteilen. Wie der Finanzierungsschlüssel aussieht, ist noch offen und wird in den nächsten Monaten politisch diskutiert werden müssen.
Kressler sagt, er habe von beiden Regierungen «positive Signale» erhalten und sei zuversichtlich, dass das Projekt realisiert werden kann. Bis Anfang 2026 soll der politische Prozess abgeschlossen sein. Wenn beide Parlamente grünes Licht geben, kein Referendum ergriffen wird oder das Volk das Projekt gutheisst, soll – so der Plan – ab 2028 im runderneuerten Joggeli Fussball gespielt werden.
Die Modernisierungen lassen sich in fünf Punkte zusammenfassen. Am auffälligsten ist das neue Dach. Die alte Hülle, deren Luftkissen ursprünglich im Gegensatz zur Beton-Verschachtelung des Altersheims das Neue symbolisieren sollten, ist in die Jahre gekommen. Blaue Fotovoltaik-Rauten und roter Umlauf sollen das Joggeli in Zukunft wieder «zum schönsten Stadion der Schweiz», machen, wie Genossenschafts-Vizepräsident und Projektverantwortlicher Raymond Cron sagt. FCB-Präsident David Degen – so ist zu hören – soll sogar vom «schönsten Stadion Europas» gesprochen haben. Gleichzeitig sollen die Solarpanels den Strom fürs Stadion selber erzeugen. Möglich sind rund 1,175 Millionen Kilowattstunden pro Jahr.
Ebenfalls neu ist die Plattform auf Etage 1. Diese Idee ist nicht neu und wurde bereits vor einem Jahr präsentiert. Die bestehende Plattform soll an beiden Seiten zu einer rund sieben Meter breiten Terrasse erweitert werden, die Platz für weite Cateringstände, Cafés und Läden bietet. Die Einlasskontrolle bei Heimspielen findet mit Ausnahme der Muttenzerkurve und des Gästesektors auf Etage 0 statt, sodass sich die Fans anschliessend frei auf der Plattform ums Stadion bewegen können.
Auch an spielfreien Tagen soll das Joggeli durch diese bauliche Massnahme zu einer Begegnungszone werden, wo sich Anwohner aus den umliegenden und wachsenden Quartieren Wolf, Dreispitz und Hagnau treffen.
Durch die Plattform und die gleichzeitige Umleitung der Gästefans vom Bahnhof unter die Terrasse in den Gästesektor können Heim- und Auswärtsfans in Zukunft besser getrennt werden. Das wird reduzierte Sicherheitsmassnahmen zur Folge haben. «Ohne den FCB könnte ich 30 Polizisten abbauen», hatte der ehemalige Sicherheitsdirektor von Basel-Stadt, Baschi Dürr, einmal prägnant formuliert. Neben der Polizei würde auch der FCB profitieren, der sich jährlich mit mehr als einer Million Franken an den Sicherheitskosten beteiligt.
Punkt vier beinhaltet die Instandsetzung der Infrastruktur. Diese sollen langlebiger sein und die ständigen Renovationskosten in den nächsten Jahrzehnten deutlich tiefer halten.
Der fünfte Punkt ist die Modernisierung des Hospitality-Bereichs im Inneren des Stadions. Dieser Aspekt ist nicht Teil des 50-Millionen-Pakets und wird vom FCB selber finanziert. Wie, ist offen. Zehn bis zwanzig Millionen will der Klub in die Hand nehmen, um den VIP-Bereich im Sektor A zu modernisieren und gleichzeitig einen zweiten Hospitality-Bereich im Sektor G zu bauen.
Durch diese Massnahme will der FCB mit Events und grösserem Komfort bei einem Matchbesuch die eigenen Einnahmen steigern. Die Kapazität des Stadions sinkt dadurch von 35'600 auf 33'023 Zuschauer. «Keine Angst, das Joggeli bleibt das grösste Stadion der Schweiz», sagt Cron. Zudem sei sichergestellt, dass während des Umbaus durchgehend gespielt werden kann und der FCB kein Ausweichstadion benötigt.
Alle Beteiligten sind zuversichtlich, dass das Projekt auch umgesetzt wird. «Sonst wird das Stadion mehr und mehr zur Lotterbude, was für die Zuschauer unbefriedigend wäre», sagt Kressler.
Auf Anfrage bestätigt der Kanton Basel-Stadt via Regierungssprecher: «Das Joggeli ist ein sehr wichtiger Treffpunkt in der Region, der auch eine nationale Ausstrahlung besitzt. Deshalb begrüssen wir die Initiative, das Joggeli weiterzudenken. Dem Regierungsrat Basel-Stadt wurden die Pläne vorgestellt und er wird nun als nächster Schritt besprechen, ob und in welcher Form eine Unterstützung möglich ist.»
Etwas skeptischer tönt die Antwort aus dem Baselbiet: «Ob und in welchem Umfang eine finanzielle Unterstützung durch den Kanton Basel-Landschaft möglich ist, wird zurzeit geprüft.» Bis im neuen Joggeli Fussball gespielt werden kann, ist noch ein langer Weg zu gehen. Bis dahin bleiben auch die grauen Luftkissen, die leckenden Wasserrohre und die schwierige Cateringsituation bestehen. Doch Besserung ist in Sicht.