Das Wechselfieber ist in der Bundesliga nicht so ausgeprägt wie in anderen Ligen, aber für gewöhnlich passiert doch einiges Bemerkenswertes. Nicht so diesen Winter. Haarsträubende Gerüchte? Wenige. Hochkarätige Transfers? Praktisch keine.
Dies liegt simplen Faktoren zugrunde. Beispielsweise wird andernorts momentan mit viel mehr Geld um sich geworfen als in Deutschland – man denke an China und England. Geld ist ein zentraler Katalysator, der es dem Transfer-Motor erlaubt, im Dunkelroten zu drehen. In Deutschland sind in diesem Fenster aber höchstens zwei Zylinder im Einsatz, weil keine Kaskade losgetreten wurde (und voraussichtlich auch nicht mehr wird).
Doch wer sich jetzt Sorgen um die Rückrunde macht, weil ja die Verstärkungen bei den meisten Teams ausgeblieben sind, der sei beruhigt. Wieso haben wohl besonders die Teams aus der oberen Tabellenhälfte, die teils überraschend dort anzutreffen sind, weitestgehend auf Transferaktivitäten verzichtet? Weil sie bereits letzten Sommer gute Arbeit geleistet haben und mit dem Abschneiden und ihrem Kader zufrieden sein können.
In solchen Fällen ist es für einen Trainer viel einfacher, mit dem bestehenden Spielermaterial weiterzuarbeiten und dieses weiterzuentwickeln. Wieso soll Niko Kovac Frankfurts Gefüge mit einem High-Risk-High-Reward-Zuzug aufs Spiel setzen, wenn doch die Hinrunde auf dem prächtigen 4. Platz abgeschlossen wurde? Stattdessen ist es viel schlauer, das Vertrauen in das existente System aufrechtzuerhalten.
So überrascht es wenig, dass bei den Traditionsteams in der Nähe der Abstiegsplätze am meisten Transferbetrieb herrschte. Die hochkarätigsten Transfers vollzog Wolfsburg, das den unwilligen Julian Draxler nach Paris verkaufte und dafür Yunus Malli (Mainz), Paul-Georges Ntep (Rennes), Riechedly Bazoer (Ajax) und den nigerianischen Junioren-Internationalen Victor Osimhen (Ultimate Strikers Academy) verpflichtete.
💬 "Es war von Anfang an klar, dass ich zum VfL will", so Neu-Wolf @PGNtep ➡️https://t.co/N5mOxerdgO pic.twitter.com/i9UQbeppQu
— VfL Wolfsburg (@VfL_Wolfsburg) January 9, 2017
Ebenfalls eine Steigerung erwarten der HSV und Schalke. Der «Bundesliga-Dino» aus Hamburg, der im letzten Quartal 2016 immerhin ein Lebenszeichen von sich gegeben hat, erhofft sich von Mergim Mavraj (Köln) und Kyriakos Papadopoulos (zuletzt von Leverkusen an RB Leipzig ausgeliehen) mehr Stabilität in der Defensive – eventuell auf Kosten des Schweizer Ex-Captains Johan Djourou. Schalke seinerseits leiht sich von Bayern Holger Badstuber für ein halbes Jahr aus und holte Guido Burgstaller aus Nürnberg. Wichtiger ist den «Königsblauen» allerdings die Rückkehr von Rekordtransfer Breel Embolo nach seiner Verletzung.
Erstaunlich ruhig geblieben ist es bei Borussia Mönchengladbach, dessen Krise zum Schluss immer bedrohlichere Züge angenommen hat. Einziger Zuzug bis jetzt ist Verteidiger Timothée Kolodziejczak, der bei Konsonanten-Phobie auch einfach «Kolo» genannt werden darf. Allenfalls kommt bei den «Fohlen» bis zum Ende der Transferperiode noch Bewegung auf, da Spielmacher Mahmoud Dahoud ein erstes Verlängerungsangebot ausgeschlagen hat.
Insgesamt aber bleibt zu konstatieren: Trotz ausgebliebenem Transferhammer dürfen wir uns auf eine spannende Rückrunde gefasst machen. Auch ohne frisches Blut werden die Teams gestärkt aus der Winterpause zurückkehren, der Eingespieltheit sei Dank. Das ist unter dem Strich, angesichts der Millionenbeträge, die sonst in der Szene kursieren, auch ein Sieg der Vernunft.