Am Sonntag sicherte sich Liverpool die 20. Meisterschaft der Vereinsgeschichte – und zwar auf souveräne Art und Weise vier Runden vor Schluss. Man könnte also meinen, dass die Verantwortlichen mit dem Kader zufrieden sein können. Zumal die Superstars Mohamed Salah und Virgil van Dijk, deren Verträge im Sommer beide ausgelaufen wären, beide um weitere zwei Jahre gebunden wurden.
Doch Salah wird im Juni 33, van Dijk geht gar als 34-Jähriger in die neue Saison. Liverpool sollte sich lieber früher als zu spät um die Nachfolge ihres Topskorers und Abwehrchefs kümmern. Ausserdem haben die Reds trotz der erfolgreichen Saison auch einige andere Baustellen. Zum Beispiel im Sturm, wo Darwin Núñez die Ablösesumme in Höhe von 85 Millionen Euro aus dem Sommer 2022 nie so ganz rechtfertigen konnte.
Nach seiner Vertragsverlängerung kündigte van Dijk an, dass Liverpool «einen grossen Sommer plant». Der Captain glaube «zu 100 Prozent, dass wir uns verbessern können. Wir müssen dem Vorstand trauen, dass sie einen guten Job machen.» Dies dürfte auch nötig sein, da Arsenal und Manchester City nach einer im Vergleich zu den letzten Jahren schwächeren Saison nicht locker lassen dürften.
Folgende Spieler stehen bei Liverpools Entscheidungsträgern um Sportdirektor Richard Hughes und Trainer Arne Slot auf der Einkaufsliste.
Der 1,97-Meter-Hüne ist der aktuell wohl umworbenste Verteidiger der Welt. Im letzten Jahr für 15,2 Millionen Euro von Juventus in die Premier League gekommen, überzeugte Dean Huijsen bei Bournemouth sofort. Aufgrund seiner Zweikampfstärke am Boden und in der Luft sowie seinen Fähigkeiten im Passspiel wurde er auch schon des Öfteren mit Virgil van Dijk verglichen. So könnte er nicht nur als Nebenmann des Niederländers fungieren, sondern diesen dereinst auch beerben. Mit Ibrahima Konaté verfügen die Reds nur über einen weiteren Innenverteidiger, der in der letzten Saison überzeugt hat.
Der in Amsterdam geborene und in Spanien aufgewachsene Huijsen, der im März für die A-Nationalmannschaft der Iberer debütierte, könnte aber teuer werden. Bei den «Cherries» verfügt der 20-Jährige über eine Ausstiegsklausel in Höhe von rund 58 Millionen Euro. Neben Liverpool sind unter anderem auch Real Madrid, Bayern München oder Arsenal interessiert. Es wird also kein einfaches Unterfangen, ihn zu verpflichten.
Auch beim schwedischen Stürmer ist die Konkurrenz gross. 22 Tore und sechs Assists in 31 Premier-League-Spielen in dieser Saison sprechen eine klare Sprache. Alexander Isak ist schnell, abschlussstark und kann ins Passspiel involviert werden, was ihn zu einem modernen Stürmer macht, den eigentlich jedes Team gerne in seinen Reihen hätte.
In Liverpool könnte er die Lücke auf der Position des Mittelstürmers füllen. Weder Darwin Nuñez noch der in dieser Saison häufig als Neuner zum Einsatz gekommene Diogo Jota konnten diese füllen. Für Isak, der noch bis 2028 bei Newcastle unter Vertrag steht, fordern die Magpies aber angeblich über 175 Millionen Euro. Deshalb habe sich das Interesse von Liverpool und auch Arsenal zuletzt abgekühlt.
Ebenfalls teuer – Eintracht Frankfurt will wohl 100 Millionen Euro – wäre Hugo Ekitiké. Der französische Stürmer hat ein ähnliches Spielerprofil wie Isak und ist schon länger ins Blickfeld von unter anderem Liverpool, Arsenal und Manchester United geraten. Mit wettbewerbsübergreifend 22 Toren und 10 Assists in 45 Auftritten zeigte er sein Potenzial. Ob Liverpool nach Nuñez aber erneut so viel Geld für einen Stürmer zahlen will, der noch nicht bewiesen hat, dass er auch in der Premier League performen kann, ist unsicher.
Noch ist es zwar nicht fix, aber der Abgang von Trent Alexander-Arnold von Liverpool zu Real Madrid scheint so gut wie beschlossene Sache. Der Wunschersatz von Liverpool-Coach Arne Slot für die Rechtsverteidigerposition sei sein Landsmann Jeremie Frimpong. Zwar spielt dieser bei Leverkusen in der offensiveren Position neben der Dreierkette, doch agierte er in der Vergangenheit auch schon häufig als Rechtsverteidiger.
Der 25-Jährige könnte die Offensivgefahr von Alexander-Arnold auffangen, ist aber nicht annähernd so passstark. Ausserdem könnte das Interesse vom FC Barcelona, Real Madrid oder Manchester United eine Gefahr sein.
Auf der gegenüberliegenden Abwehrseite sucht Liverpool ebenfalls eine Alternative. Auch hier möchte Sportdirektor Hughes gemäss «Telegraph» gerne bei seinem Ex-Klub wildern. Milos Kerkez hat sich durch seine verbesserte Offensivgefahr, seine Schnelligkeit und Athletik sowie seine starken Flanken aufs Radar von Liverpool, Real Madrid und weiteren Topklubs gespielt. Er wäre mit seinem Spielstil der perfekte Backup für den Schotten Andrew Robertson, der nicht seine beste Saison hinter sich hat und bereits 31 Jahre alt ist.
Ob Liverpool jedoch bereit ist, für einen erstmal als Ersatz für Robertson geplanten Spieler die geforderten knapp 53 Millionen Euro hinzublättern, ist fraglich. Als mögliche Alternativen gelten Fulhams Antonee Robinson und Ajax-Juwel Jorrel Hato, dessen Preis zuletzt aber ebenfalls auf fast 50 Millionen Euro gestiegen ist.
Im Mittelfeld verfügt Liverpool in Dominik Szoboszlai, Alexis Mac Allister und Ryan Gravenberch über ein herausragendes Trio. Besonders der im letzten Sommer von Bayern München gekommene Niederländer bekam jedoch kaum eine Pause, spielte schon fast 4000 Minuten. Deshalb möchte Liverpool gerne einen weiteren Spieler für die Zentrale verpflichten. In dieser Saison kam lediglich Curtis Jones regelmässig zum Einsatz, Harvey Elliott und Wataru Endo spielten unter Slot eine untergeordnete Rolle.
Daher soll nun Angelo Stiller Abhilfe schaffen. Der Sechser war in den letzten zwei Jahren eine wichtige Säule bei Stuttgart und wurde auch schon mit Bayern München in Verbindung gebracht. Stiller kann defensiv für Stabilität sorgen und das Offensivspiel mit seinen Pässen antreiben, seine Ausstiegsklausel in Höhe von 36 Millionen Euro gilt aber erst ab Sommer 2026. Davor dürfte er noch etwas teurer werden.
Noch ein Mann von Bournemouth. Antoine Semenyo ist anders als Huijsen und Kerkez aber ein Mann für die Offensive. Auch ihn hat der jetzige Liverpool-Sportdirektor Hughes damals zu den «Cherries» geholt. Bei ihm ist wie bei Isak klar, dass er in der Premier League funktioniert, neun Tore und fünf Assists erzielte er in der laufenden Saison. Der vielseitige Ghanaer kann Bälle erobern, Eins-Gegen-Eins-Situationen lösen und mit beiden Füssen abschliessen. Semenyo wäre vor allem dann eine Option, wenn einige Flügelspieler Liverpool verlassen.
Die Zeit von Darwin Nuñez beim FC Liverpool endet im Sommer ziemlich sicher nach drei Jahren. Zwar läuft sein Vertrag noch bis 2028, doch konnte der Uruguayer den Ruf als Chancentod bei den Reds nie so richtig ablegen. Unter Slot stand er in dieser Saison nur noch selten in der Startformation und brachte es lediglich auf sieben Tore in 43 Partien. Als 25-Jähriger mit einem Marktwert von 50 Millionen Euro könnte er noch eine ordentliche Ablösesumme einbringen.
Kommt es nicht zu einer unerwarteten Wende, wird Trent Alexander-Arnold seinen Jugendklub verlassen. Der 26-jährige Rechtsverteidiger wechselt nach Ablauf seines Vertrags angeblich zu Real Madrid, eine Ablösesumme kassiert Liverpool dabei nicht. Eigentlich hätten die Reds den 33-fachen englischen Nationalspieler gerne gehalten.
Mit Harvey Elliott, der als 16-Jähriger von Fulham an die Merseyside kam, könnte ein weiterer langjähriger Liverpool-Profi den Verein verlassen. Zwar dürften die Reds nicht aktiv einen Verkauf anstreben, doch könnte der 22-Jährige selbst einen Transfer fordern, da er in der laufenden Saison kaum zum Einsatz kam. Der talentierte Mittelfeldspieler würde Liverpool einen nicht unerheblichen Betrag in die Kasse spülen.
Goalie Caoimhin Kelleher dürfte sich ziemlich sicher einen neuen Verein suchen. Da mit Giorgi Mamardaschwili, der schon im letzten Jahr gekauft, aber ein Jahr an Ex-Klub Valencia verliehen wurde, ein weiterer Goalie zu Liverpool stossen wird und der brasilianische Stammtorhüter Alisson angeblich ebenfalls bleibt, wäre Kelleher nur noch die Nummer 3. Der irische Nationalgoalie möchte zu einem Klub, wo er Stammspieler ist. Liverpool fordert gemäss «Telegraph» knapp 30 Millionen Euro.
Keine Steine in den Weg legen würde Sportdirektor Hughes den beiden Verteidigern Joe Gomez und Kostas Tsimikas. Innenverteidiger Gomez war in der Vergangenheit häufig verletzt, der griechische Aussenverteidiger Tsimikas kam nie über die Rolle des Ersatzspielers hinaus und könnte nun Platz für einen Jüngeren machen. Er wird im Mai 29, sein Potenzial scheint ausgeschöpft.
Eine Option wären auch die Abgänge von Diogo Jota und vor allem Luis Diaz. Bei beiden bestehe Interesse aus Saudi-Arabien. Der kolumbianische Flügelspieler Diaz erzielte in dieser Saison 16 Tore und acht Assists, hatte aber auch längere Durststrecken. Mit Cody Gakpo hat Liverpool einen weiteren starken Linksaussen unter Vertrag. Jota spielte eine der schlechteren Saisons im Trikot von Liverpool, sollte Nuñez wechseln, wäre er aber vorerst der einzige verbliebene Mittelstürmer im Kader. Mit Federico Chiesa, der nach seinem Wechsel von Juventus Turin kaum zum Einsatz kam, könnte ein weiterer Offensivspieler den Verein verlassen.
Trotz Meisterschaft steht Liverpool also ein kleiner Umbruch bevor. Oder wie Virgil van Dijk sagt: «Ein grosser Sommer.»