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Du denkst, englische Torhüter sind mies? Es gibt noch etwas viel viel Schlechteres

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Antonio Conte weiss es bereits: Er wird mit Chelsea diese Saison die Premier League gewinnen.Bild: ANDY RAIN/EPA/KEYSTONE

Du denkst, englische Torhüter sind mies? Es gibt noch etwas viel viel Schlechteres

Bei einem Sieg heute Abend gegen West Brom wird Antonio Conte nach Carlo Ancelotti, Roberto Mancini und Claudio Ranieri der vierte italienische Trainer, welcher die Premier League gewinnen wird. Kein einziger Engländer hat dies bisher geschafft – wir haben uns auf die Suche nach den Ursachen gemacht.
12.05.2017, 13:5113.05.2017, 15:02
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Seit 1992/93 gibt es die englische Premier League in ihrer jetzigen Form. Dabei sind acht verschiedene Trainer Meister geworden. Das erstaunliche dabei: Es ist noch keinem einzigen Engländer gelungen, eine Mannschaft als Trainer zur Meisterschaft zu führen.

Die Meistertrainer der Premier League.
Die Meistertrainer der Premier League.screenshot: transfermarkt.ch

Derzeit stehen bei lediglich fünf Premier-League-Teams einheimische Trainer an der Seitenlinie – allesamt bei kleinen Klubs, keine dieser Mannschaften liegt in den Top 8 der Tabelle.

Prozentualer Anteil an einheimischen Trainern in der höchsten Liga 2016/17 

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grafik: infogram/watson

In der zweiten englischen Liga, der Championship, sind es dann schon 16 von 25 Teams, die auf Trainer aus England setzen. Immerhin. 

Früher war eben doch alles besser

Wo sind nur die guten englischen Trainer heute? Zwischen 1977 und 1982 gewann sechsmal in Folge ein englischer Trainer den Europapokal der Landesmeister (heute Champions League).

Mit dem Triumph von Liverpool unter der Leitung von Joe Fagan 1984 endete aber die englische Trainer-Herrlichkeit im Europapokal. Es war der bisher letzte Sieg eines englischen Trainers im wichtigsten europäischen Klub-Wettbewerb. 

Als zum letzten Mal ein englischer Trainer den Europapokal gewann, hiess der US-Präsident noch Ronald Reagan.Video: YouTube/FZisback4football

Heute wartet man in England vergebens auf den nächsten grossen Taktikfuchs. Und wenn dann mal ein Ex-Spieler wie Gary Neville auftaucht (2015/16 für 28 Spiele erfolglos bei Valencia), ist er schneller wieder weg, als er gekommen ist.  

Die anderen grossen Fussballnationen Europas bringen hingegen regelmässig erfolgreiche Trainer einer neuen Generation raus: Allegri, Conte, Montella (Italien) Tuchel, Nagelsmann, Klopp (Deutschland) Guardiola, Enrique, Emery (Spanien) oder Deschamps, Blanc und Zidane (Frankreich) sind nur einige Beispiele dafür.

Eine Frage des Vertrauens

Die Topteams der Premier League vertrauen ausnahmslos auf Trainer aus dem Ausland. Das Geld dazu ist überall vorhanden und – wie bei den Spielern – sind die Engländer deshalb auch bei den «Managern» nicht auf den eigenen Nachwuchs angewiesen. 

Meistertitel von einheimischen Trainern seit der Saison 1992/93

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grafik: infogram/watson

In England wurde in der Vergangenheit nur wenig Geld für Basisarbeit ausgegeben. Weshalb auch in eine mühsame eigene Ausbildung setzen, wenn die besten ausländischen Trainer mit einem unverschämten Jahresgehalt auf die Insel gelockt werden können? Dazu kommt, dass drei Viertel der Premier-League-Clubs ausländische Besitzer haben. Deren Interesse an englischer Nachwuchsarbeit tendiert gegen Null. 

Sean Dyche, Trainer von Premier-League-Klub Burnley, sagte gegenüber dem Fussballportal fourfourtwo: «Fans und Besitzer lechzen nach einem ausländischen Trainer. Das mindert natürlich die Chance für einheimische Coaches, es ist der Teufelskreis. Wie soll ein englischer Trainer beweisen, dass er gut ist, ohne eine Chance zu erhalten?»

Besserung in einigen Jahren?

Während in Ländern wie Spanien, Frankreich, Italien oder Deutschland die Trainerausbildung einen hohen Stellenwert einnimmt, ist England mindestens einen Schritt im Hintertreffen.

2012 wurde eine Studie zu Besitzern einer Trainerlizenz nach Massgabe der UEFA veröffentlicht: Damals besassen nur 2'769 Engländer diese Lizenz. In Frankreich gab es 17'588 ausgebildete Trainer, in Spanien waren es 23'995, in Italien 29'420 und in Deutschland 34'970.

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Sorgen in England für die Musik: ausländische Trainer wie Guardiola und Conte.Bild: WILL OLIVER/EPA/KEYSTONE

Speziell die Misserfolge der Nationalmannschaft haben den englischen Verband aber zum Handeln gezwungen: 2012 wurde das 105 Millionen Pfund teure nationale Fussballcenter «St.George’s Park» eröffnet. Dort sollen neben Spielern und Schiedsrichtern vor allem auch Trainer ausgebildet werden.

Die Erfahrung aus anderen Projekten dieser Art zeigt allerdings, dass sich erste Erfolge für gewöhnlich nach frühestens zehn Jahren einstellen. 

Britain's Prince William standing centre, talks England soccer players in the water at the hyrotherapy suite during the official launch of The Football Association's National Football Centre ...
Englische Nationalspieler gönnen sich während der offiziellen Eröffnung des «St.George's Park» 2012 eine Hydrotherapie und werden von Prinz William und Kate überrascht.Bild: AP POOL Getty

Ob man in England tatsächlich noch einige Jahre Geduld hat, mag bezweifelt werden. Die grossen Klubs werden wohl auch in Zukunft ab der Verlockung des ausländischen Personals schwach werden. Schwach wie die Premier League, dieses Unterhaltungskonstrukt, dass dank ausländischen Trainer immerhin eine gewisse taktische Reife bekommt.

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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moedesty
12.05.2017 15:01registriert Oktober 2016
lustig das angeblich italien beim organisieren als unzuverlässig gilt aber im fussball wo die organisation das a und o ist, sie quasi weltmeister sind.
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Der Pinguin
12.05.2017 15:54registriert September 2016
Ich hoffe, Eddie Howe kriegt bald mal eine Chance bei einem grossen Club. Vielleicht ja schon diesen Sommer bei Arsenal. Er leisted seit Jahren bei Bournemouth erstaunliche Arbeit. Er hat den Club innerhalb von 5 Jahren von der 4. Liga in die Premier League geführt und schafft dieses Jahr den Ligaerhalt wieder ziemlich problemlos! und er lässt sehr offensiven Fussball spielen. Mit knapp 40 hat er noch alle Möglichkeiten ein ganz Grosser zu werden.
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