Die Heim-EM hallt nach: Lia Wälti und Co. sind echte Stars geworden
Minuten nach dem letzten Heimspiel des Jahres möchten einige Fans unbedingt einen letzten Blick auf die Nati-Spielerinnen erhaschen und versammeln sich vor dem Medienzelt. «Lia Wälti», kommen immer wieder Rufe von den Fans. Nach ihrem Interview mit den Journalistinnen und Journalisten nimmt sich die Nati-Captain Zeit für Autogramme und Selfies mit den grossen und kleinen Fans.
«Lia Wälti, kann ich deine Schuhe haben», ruft zum Beispiel ein kleiner Junge – leider ohne Glück, denn die Juventus-Spielerin braucht sie noch. Mit viel Geduld plaudert sie mit allen und am Schluss gibt es sogar einen kleinen Stau für die Medienschaffenden, um wieder aus dem Zelt herauszukommen.
Die Episode nach diesem 1:0-Sieg in Luzern gegen Kanada zeigt, wie gross der Andrang auf die Akteurinnen geworden ist in diesem Jahr. «Wir konnten viele neue Fans gewinnen und viele Herzen erobern», sagt Lia Wälti. «Jetzt ist es wichtig, dass wir weiterhin gut spielen und auch neben dem Platz den Kontakt mit den Fans pflegen. Damit sie das, was wir machen, auch weiterhin unterstützen möchten.»
Ein Abend, der an die EM erinnerte
Auch Viola Calligaris spürte den Nachhall der EM in Luzern: «Es war sehr schön, dass so viele Fans gekommen sind. Gerade im letzten Heimspiel des Jahres und dem ersten Spiel nach der EM. Dass wir noch einen Sieg holen konnten, war optimal», sagte sie. «Wir haben spielerisch sicher nicht immer alles richtig gemacht, und am Ende hatten wir vielleicht auch einfach ein bisschen Glück.»
Der frühe Treffer von Alayah Pilgrim in der 12. Minute entschied die Partie. Ein historisches Goal: Die Schweizerinnen sind bisher sechsmal auf die Weltranglisten-Neunte Kanada getroffen, konnten jedoch noch nie einen Sieg einholen. «Es war sehr schön, vor dieser Kulisse zu spielen und das letzte Heimspiel des Jahres mit einem Sieg abzuschliessen», sagte Pilgrim nach dem Schlusspfiff. Trotzdem: «Es war ein sehr physisches und körperliches Spiel. Kanada hat vor allem in der zweiten Halbzeit hinten reingedrückt.»
Gegen die Nordamerikanerinnen zeigte die Schweiz, dass sie seit der EM auch sportlich gereift ist. Das Team von Pia Sundhage trat selbstbewusst auf, verteidigte kompakt und überstand den wachsenden Druck der Kanadierinnen in der zweiten Halbzeit. «Defensiv standen wir sehr gut, offensiv fehlte manchmal der letzte Schuss. Aber das letzte Heimspiel zu Hause zu gewinnen, war einfach schön», sagt Géraldine Reuteler und sagt lachend: «Ich habe 23 Tickets vergeben – aber wahrscheinlich habe ich das halbe Stadion gekannt.»
Auch für Trainerin Pia Sundhage war der Abend besonders. Nach der EM und den turbulenten Monaten danach könnte es ihr letztes Spiel auf Schweizer Boden gewesen sein. Noch immer ist nicht klar, ob die Schwedin im neuen Jahr als Nationaltrainerin weitermachen darf. «Ich bin zufrieden mit unserer Leistung. Vor dem Spiel haben wir gesagt, dass wir die letzte Chance haben, vor den Schweizer Fans zu tanzen. Die Atmosphäre war fantastisch und das macht den Unterschied.»
Mit dem Erfolg gegen Kanada, rund 100 Tage nach der EM, endet für die Schweiz ein besonderes Fussballjahr in der Schweiz. Eines, das im Sommer mit der Heim-EM das Land in eine neue Fussballrealität katapultiert hat: Ausverkaufte Stadien, Rekordquoten, riesige Fanmärsche und ein Land, das mitfieberte – der Frauenfussball war so präsent wie nie zuvor. Nun geht es am Dienstag in Schottland weiter und in gut einem Monat folgen noch zwei weitere Länderspiele – beide aber im Ausland.
