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WM der Frauen 2023: So emotional feiern Schweizerinnen die Qualifikation

Switzerlands Fabienne Humm scores to the 2-1 against Wales' goalkeeper Laura O'Sullivan during the FIFA Women's World Cup 2023 qualifying round group G soccer match between the national ...
Der entscheidende Moment: Torschützin Fabienne Humm (r.) schaut dem Ball hinterher.Bild: keystone

Grosse Emotionen nach der gelungenen WM-Qualifikation – so geht es für die Nati weiter

In der 121. Minute erzielte Fabienne Humm den entscheidenden Treffer und schoss die Schweizerinnen an die WM im nächsten Jahr. Doch bis dahin müssen noch wichtige Fragen geklärt werden.
12.10.2022, 14:39
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Lange mussten sie zittern, aber am Ende klappt es doch noch. In der Nachspielzeit der Verlängerung hat Géraldine Reuteler auf der linken Seite viel Platz. Sie prescht nach vorne und schaut in die Mitte, wo Fabienne Humm in Richtung des kurzen Pfostens startet und den Ball fordert. Reuteler flankt flach in die Mitte, Humm hält den Fuss hin und bricht in Jubel aus. Es ist die Entscheidung: Dank des 2:1-Siegs gegen Wales ist die Schweiz zum zweiten Mal nach 2015 für eine WM qualifiziert.

Die Emotionen

Für das Nationalteam der Frauen ist eine Qualifikation für einen Grossanlass noch immer eine Besonderheit. Die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland im nächsten Jahr ist erst die vierte Teilnahme an einem solchen. Dementsprechend gross ist die Freude beim Team und den 7800 Zuschauerinnen und Zuschauern im Letzigrund.

Zuvor hatten die Schweizerinnen zweimal vergebens gejubelt. Nach einem Handspiel einer walisischen Verteidigerin schoss Ana-Maria Crnogorcevic den Elfmeter an den Pfosten, von wo er wieder zur Stürmerin des FC Barcelona zurückprallte. Sie traf zwar, doch zählte der Treffer nicht, weil sie als Schützin den Ball kein zweites Mal berühren darf, bevor keine andere Spielerin mit diesem in Kontakt kam. In der 84. Minute wurde der vermeintliche zweite Treffer von Ramona Bachmann wegen einer Abseitsstellung in der Entstehung des Tors aberkannt.

Auch deshalb war der Moment des Siegtors für die Torschützin so schön. Wie wichtig dieses war, wusste sie kurz nach dem Spiel noch gar nicht: «Sind wir definitiv schon an der WM?», fragte sie die SRF-Reporterin. Als diese bejahte, antwortete Humm: «Ah, geil.» Besonders über den Ort freute sie sich: «Wir sind hier in Zürich, im Stadion, in dem ich am liebsten Tore schiesse.» Es war das 75. Länderspiel der 35-jährigen Stürmerin, in dem sie den entscheidenden Treffer erzielte: «Was will man mehr?» Arbeiten müsse sie am nächsten Tag trotzdem. Nur wann, wusste sie noch nicht.

Die Stimmen

Im Interview mit dem SRF sagt Kapitänin Lia Wälti nach dem Spiel: «Ich kann es fast nicht glauben, dass wir es heute doch noch geschafft haben, nachdem alles aberkannt worden war.» Dafür seien die Emotionen beim Siegestor «unglaublich» gewesen. «Es war wunderschön», sagt die 29-jährige Mittelfeldspielerin von Arsenal. Für den Schweizer Frauenfussball sei es extrem wichtig, eine solche Bühne zu haben. So bilanzierte Wälti: «Es ist ein perfekter Abend.»

Switzerlands Lia Waelti celebrates after the FIFA Women's World Cup 2023 qualifying round group G soccer match between the national soccer teams of Switzerland and Wales, at the Letzigrund stadiu ...
Lia Wälti.Bild: keystone
«Nach dem Spielverlauf hätten wir klar gewinnen müssen. Dennoch habe ich schon ans Penaltyschiessen gedacht, aber das musste nicht sein. Ich bin unheimlich stolz, dass wir es wieder geschafft haben.»
Nati-Captain Lia Wälti

Wie Wälti spricht auch Ramona Bachmann davon, es unnötig spannend gemacht zu haben: «Wir hätten es früher entscheiden können, aber was für ein Ende!» In ihr spiele sich ein rechtes Gefühlschaos ab, sagte die 31-jährige Stürmerin, «aber das macht den Fussball aus». Zu viel feiern könne sie aber nicht, denn am Samstag steht bereits die nächste Partie mit ihrem Klub PSG an.

Der Trainer gibt sich hingegen gewohnt nachdenklich. Im Interview mit dem SRF zeigt er kaum Emotionen. Trotzdem sagt Nils Nielsen: «Es ist fantastisch. Ich bin sehr stolz darauf, was wir gemacht haben.» Das Team sei in einer guten Position und könne mit einem neuen Trainer oder einer neuen Trainerin nun weiterarbeiten. Besonders freute Nielsen dabei, dass die Nati wie schon in den Playoffs zur EM vom Juli einen Rückstand drehen konnte. «Wir spielen nicht immer hundertprozentig gut und machen auch Fehler. Aber das passiert im Fussball. Wichtig ist, wie man darauf reagiert.»

«Die beiden Barrage-Spiele gegen Tschechien (EM-Quali letztes Jahr) und heute haben gezeigt, wie diese Mannschaft agiert, wenn es Probleme gibt. Das ist der grösste Moment für mich, dass das Team immer wiederkommt und alles für die Schweiz gibt. Mehr kann ich nicht verlangen.»
Nils Nielsen

An diesem Abend wollte auch der ruhige und besonnene Däne etwas feiern: «Wenn man an so einem Tag nicht feiert, weiss ich nicht, wann sonst.»

Und jetzt?

Nielsen bleibt noch bis Ende Jahr Trainer des Nationalteams. Er wird also auch an die Auslosung für die WM in Australien und Neuseeland reisen sowie die Schweiz bei den Testspielen im November coachen. Das bestätigte die Direktorin des Schweizer Frauenfussballs, Tatjana Haenni, nach dem Spiel. Auch sie wird ihren Posten am Ende des Jahres niederlegen. Sie wolle nun erst einmal eine Nachfolgerin für sich selbst verpflichten.

Dennoch befinde sich der Verband bereits in Gesprächen mit Trainerinnen und Trainern, die für den Posten infrage kämen. Haenni scherzt zwar: «Wir müssen überlegen, ob wir Nielsen nach diesem Sieg nicht doch länger verpflichten wollen.» Aber es bestehe bereits eine Shortlist von fünf bis acht Kandidatinnen und Kandidaten. Dabei handle es sich sowohl um Männer und Frauen aus dem Frauenfussball als auch um Männer aus dem Herrenfussball.

Die neue Trainerin oder der neue Trainer müsse hohe Anforderungen erfüllen. «Wir wollen jemanden, der oder die das Team die nächsten zwei bis vier Jahre weiterentwickeln kann und die Schweiz wieder näher an die Spitze bringen kann.» Ein erster Schritt wird die WM im nächsten Juli und August sein. Die Auslosung der Gruppen ist bereits am Samstag, 22. Oktober. Zudem hat die Schweiz am Mittwoch die offizielle Kandidatur für die EM 2025 bekannt gegeben. (nih)

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2 Kommentare
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Linsoft
12.10.2022 11:48registriert Februar 2018
Herzliche Gratulation ans Team! Wir waren im Stadion, alle haben mitgelitten und sich umso mehr gefreut am Schluss! Was für ein toller Fussballabend!

ps. der Frauenanteil der Zuschauerinnen war sehr hoch. Ich fand es sehr eindrücklich wie wir Frauen uns gegenseitig supporten.
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