Argentinien wird seiner Favoritenrolle gegen Saudi-Arabien lange gerecht. Bald schon führt der zweifache Weltmeister dank einem von Lionel Messi verwandelten Penalty. Zur Pause müsste der Vorsprung grösser als ein 1:0 sein, aber drei Tore werden aberkannt. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Argentiniens erwarteter Sieg Tatsache ist.
Doch nach der Pause der grosse Schock für die «Gauchos»: Ein Doppelschlag der Saudis führt zur Wende. Die Araber bringen das 2:1 über die Ziellinie und stürzen Argentinien ins Tal der Tränen.
Und so wird dann doch über eine Szene geredet, die bei weiteren argentinischen Treffern in Vergessenheit geraten wäre: das Offsidetor von Lautaro Martinez.
Der Videoschiedsrichter (VAR) stellte fest, dass der Stürmer von Inter Mailand beim Zuspiel von Papu Gomez hauchdünn im Abseits gestanden war. Martinez' Schulter wurde als Referenzpunkt genommen, weil sie sein vorderster Körperteil war, mit dem es erlaubt ist, ein Tor zu schiessen.
So weit, so akzeptabel. Es ist müssig, über Sinn und Unsinn dieses «Millimeterlens» zu debattieren: Wenn es schwarz auf weiss belegt werden kann, dann ist es halt Offside. So sind die Regeln.
Und dennoch sorgt das Tor im Nachgang für Diskussionen. In argentinischen Medien wird die Frage aufgeworfen, ob das halbautomatische VAR-System, das bei der WM erstmals zum Einsatz gelangt, überhaupt den richtigen saudischen Verteidiger als zweithintersten Mann seiner Mannschaft eruiert hat. Denn das war möglicherweise nicht Saud Abdulhamid, der Martinez am nächsten stand, sondern, etwas entfernt, dessen Mitspieler Yasser Al-Shahrani.
Abdulhamid ist die Nummer 12 der Saudis und dessen linken Fuss zeigt die offizielle FIFA-Grafik als Referenzpunkt.
Al-Shahrani ist die Nummer 13 der Saudis – und er wird als Referenzpunkt in einer anderen Grafik gezeigt. Diese stammt von einem Architekten, der in argentinischen Medien als «Erfinder» des VAR beschrieben wird. Er arbeite seit Jahren mit der gleichen Technologie wie der VAR und könne deshalb mit seinen Linien die Wahrheit zeigen:
Fakt ist, dass die FIFA den während des Spiels getroffenen Entscheid nicht mehr rückgängig machen wird.
Kein Fakt, aber eine wahrscheinliche Annahme ist, dass das womöglich reguläre Tor den Charakter des Spiels massgeblich beeinflusst hätte. Denn ob Saudi-Arabien auch in der Lage gewesen wäre, einen 0:2-Rückstand noch in einen Sieg umzubiegen, ist fraglich.
Argentinien nützt alles «hätte, wäre, wenn» nichts. Nun muss auf dem Rasen eine Reaktion her. Immerhin: Es gab schon Teams, die ihr Auftaktspiel verloren und noch Weltmeister wurden, 2010 etwa Spanien, das zum Start gegen die Schweiz tauchte.
Wenn die Titelträume von Messi und Co. noch Realität werden sollen, müssen nun aber Punkte her. Am Samstag trifft Argentinien auf Mexiko, am nächsten Mittwoch auf Polen. Diese beiden trennten sich zum WM-Start 0:0 – sodass völlig unerwartet Saudi-Arabien die Gruppe C anführt.
Liebe Argentinier, Ihr wart leider zuwenig gut, auch ein Remis wäre doch eine komplette Blamage gewesen.
Und wenn der Schiri zum VAR-Fernseher läuft, entscheidet er eh in 90% der Fälle so, wie es der VAR sagt. Selbst bei nicht wirklich eindeutigen Situationen.
Wurde der VAR eingeführt, um KLARE Fehlentscheide zu korrigieren, wird er viel zu inflationär eingesetzt, auch bei nicht klaren Entscheiden.
Und am krassesten ist das bei Abseits, wo wir über Millimeter diskutieren.