Von Juventus Turin zu Chelsea, vom einen Topklub zum anderen. Es gibt Schlimmeres in einer Fussballerkarriere. Denis Zakaria fängt gleich an zu strahlen, als er im Trainingsanzug der Schweizer Nationalmannschaft vor dem Grand Resort in Bad Ragaz über seinen neuen Arbeitgeber reden darf. Profi beim Londoner Nobelklub, Fünf-Sterne-Luxusresort, das passt. Wobei man bodenständiger als Zakaria kaum sein kann.
«Mein Sommer war nicht normal, nicht ruhig», sagt dieser. Tatsächlich waren es verrückte Stunden kurz vor Schliessung des Transferfensters; sie passen zum Kalenderjahr des Mittelfeldspielers, in dessen Leben sich so viel verändert hat. Da zählt im Januar der Wechsel von Mönchengladbach zu Juve dazu. Der Genfer wollte im Sommer den Vertrag beim Bundesligaverein nach fünf Jahren ohnehin auslaufen lassen für einen nächsten Schritt, viereinhalb sind es geworden, und acht bis neun Millionen Franken Ablöse. «La Vecchia Signora», Rekordmeister, da muss man zuerst einmal hinkommen.
Am Abend des 1. September erfuhr Zakaria dann, dass ein Leihtransfer von Juventus zu Chelsea möglich ist. Liverpool soll ebenfalls eine Option gewesen sein, aber das konkretisierte sich nicht. Für den 25-Jährigen war sofort klar, dass er diese Chance packen und zu Chelsea wollte. Er denkt bis heute, dort glücklicher sein zu können als im Belpaese, und dass die Premier League das Richtigere für ihn ist.
Zudem war Thomas Tuchel ja die Trainergrösse, die ihn forderte. Noch 360 Minuten blieben Zeit in Italien für den Medizincheck, fürs Packen und Warten, für das Aufsetzen der Verträge. Es ging ruckzuck, der Berater übernahm das Gros der Arbeit. «Es war richtig knapp», sagt Zakaria.
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— ZAK 8 (@Deniszakaria8) September 19, 2022
Der Transfer war nicht so im Fokus, weil Manuel Akanji zeitgleich zu Manchester City wechselte und Granit Xhaka mit Arsenal in der Form seines Lebens ist. Zudem ist Zakaria Westschweizer, diese Akteure laufen in der Deutschschweiz immer etwas unter dem Radar.
Und dann war Tuchel eine Woche später bei Chelsea entlassen. «So ist Fussball, es geht schnell in diesem Geschäft. Ich habe sicher auch eine Chance beim neuen Trainer und werde viel investieren, um einen Platz zu bekommen», sagt Zakaria. Der neue Coach, das ist Graham Potter, und hinter diesem steht eine jahrelange Erfolgsgeschichte, die über Östersund zu Swansea, Brighton & Hove Albion nun zu Chelsea führte. Zakaria hat seine Rolle bei Potter und dem neuen Arbeitgeber noch nicht gefunden. Und bislang keinen Ernstkampf in den Beinen, weil die Konkurrenz so gross ist.
Dabei hing der Weggang von Juventus auch damit zusammen: Die Konkurrenz war gross, und in der «Gazzetta dello Sport» zeigte sich Zakaria enttäuscht, dass die faire Chance fehle. Spätestens als Ende August Leandro Paredes auf seiner Position verpflichtet wurde, hätte es eine bittere Saison werden können. Zudem behagte der Spielstil von Trainer Massimiliano Allegri nicht besonders: Zakaria ist am stärksten, wenn er als Box-to-Box-Spieler agiert, Räume wie Laufwege vorfindet und in den Abschluss gehen kann.
Juventus spiele wie viele italienische Teams sehr taktisch, im Land sei das Denken von der Defensive geprägt, sagt Zakaria:
Mit Allegri hat er sich gut verstanden, «er ist ein guter Mensch», sagt Zakaria. Gross geredet miteinander haben sie dennoch kaum. Trotz gelungenen Debüts mit dem Tor gegen Verona im Februar muss man festhalten, dass der Körper teilweise Probleme bereitete und es Zakaria nicht so lief.
Wie es der «Alten Dame» nicht lief, die längst ein Schatten ihrer Selbst ist. Juventus spielte unter seinem «Mister» nicht gut, war selten in Form. Das ist bis heute so, weshalb eine Entlassung Allegris kaum überraschen würde. «Im Sommer gab es viele Wechsel, dabei ist das Kader so gut, dass man Erster sein und jedes Spiel gewinnen müsste», sagt Zakaria. Aktuell sind die Turiner in der Königsklasse ohne Punkt und in der Serie A lediglich Achte.
Was soll's. Chelsea stimmt Zakaria gerade positiv und macht ihn umso glücklicher, hier den Traum zu leben, ein Fussballer zu sein. Und es ist ihm egal, dass es nicht Barcelona ist, der Klub, den der Bruder so verehrt. Diese Mannschaften sind alle ganz weit oben, so gesehen spiele es keine grosse Rolle, wo er sei, sagt Zakaria. Er mag England, die Premier League und will bei Chelsea nun sein bestes Gesicht zeigen.
Wenn das gelingt und die Londoner im Sommer 2023 die Option ziehen, dann bleibe er, sagt Zakaria. Hierfür wären in etwa 30 Millionen Franken fällig, die Vertragsdauer mindestens so lange wie bei Juventus, wo sie bis 2026 datiert; der Fallschirm könnte schlechter aufgespannt sein.
Vielleicht helfen nun die Partien in der Nations League mit der Schweiz, zu Spielpraxis zu kommen. Trainings hat er genug in den Beinen. «Zak» ist auf Zack, er will sich in den Vordergrund spielen. (aargauerzeitung.ch)