«Ein Verbrechen gegen den Fussball» und «Anti-Fussball» nannte Sky-Experte Jamie Redknapp, was Chelsea im Spitzenspiel der Premier League gegen Manchester City zeigte. «Inakzeptabel!» urteilte Co-Kommentator Gary Neville und bezeichnete die Chelsea-Spieler als «Schaufensterpuppen».
Der Grund für den Experten-Ärger? Chelsea verbarrikadierte sich bei der 0:1-Niederlage beim Spitzenreiter über 90 Minuten am eigenen Strafraum. Selbst nach dem Gegentor durch Bernardo Silva 33 Sekunden nach der Pause parkten die «Blues» weiterhin nur den Bus. Zwischenzeitlich kam das Team von Trainer Antonio Conte auf weniger als 20 Prozent Ballbesitz.
Und so sah das phasenweise aus:
“Your opponent has left the match”pic.twitter.com/aoM9LhnOjn
— Troll Football Media (@Troll__Footbal) 5. März 2018
Obwohl 0:1 im Rückstand stellte sich Chelsea auch eine Viertelstunde vor Schluss vor allem hinten rein und überliess ManCity ohne grosse Gegenwehr den Ball. So schlugen die «Sky Blues» im Spitzenspiel, das kein echtes war, 902 erfolgreiche Pässe. Ilkay Gündogan allein kam auf 167 erfolgreiche Zuspiele – und somit auf fünf mehr als die gesamte Mannschaft von Stoke City am Tag zuvor beim 0:0 gegen Southampton.
Anders als Liverpool, das ManCity durch aggressives Pressing als eines der wenigen Teams in Verlegenheit bringen konnte, setzte der Italiener konsequent aufs Mauern. Contes Plan war klar: Das spielstarke City neutralisieren und durch schnelle Konter zum Erfolg kommen.
Defensiv ging der Plan über weite Strecken auf, doch offensiv funktionierte bei Chelsea gar nichts. Trotz zahlreichen Balleroberungen klappte das Umschaltspiel im Mittelfeld nicht. Gegen ManCitys Gegenpressing war kein Kraut gewachsen.
In den ersten 45 Minuten schossen die «Blues» nicht ein einziges Mal aufs gegnerische Tor. Das hatte es beim sechsfachen englischen Meister seit Beginn der Datenerfassung vor 15 Jahren nie gegeben. Bis zum Schluss waren es dann immerhin drei Torschüsse, keiner kam aufs Gehäuse. Zum Vergleich: ManCity kam auf 13 Abschlüsse.
Conte, dem noch vor dem Spiel die traurige Nachricht vom Tod seines ehemaligen Spielers Davide Astori überbracht wurde, wehrte sich nach dem Schlusspfiff vehement gegen die Kritik der englischen TV-Experten:
Conte gab ausserdem zu Bedenken:
Und fast wäre Contes Plan auch tatsächlich aufgegangen. In der Nachspielzeit, kurz nachdem der Chelsea-Coach mit Olivier Giroud und Alvaro Morata auch seine beiden Stürmer eingewechselt hatte, verpasste Marcos Alonso den Ausgleich mit einem Distanzschuss nur knapp. Doch seine Aussenrist-Direktabnahme streifte am linken Pfosten vorbei.
Und was sagten Contes Spieler zur Taktik ihres Trainers? Hätte man nicht offensiver spielen sollen? «Das ist eine gute Frage», sagte Giroud nach dem Schlusspfiff. «Der Trainer hat seine Taktik gewählt und wir haben versucht, das zu respektieren.» Zufrieden tönt anders.
Manchester City kann das Gerede egal sein. Guardiolas Übermannschaft feierte den 14. Heimerfolg in Serie und baute den Vorsprung auf den ersten Verfolger Liverpool auf 18 Punkte aus. «Das war so wichtig, wir sind wieder einen Schritt weiter», frohlockte der Trainer. «Wir brauchen noch vier Siege bis zum Titel. Wenn wir so spielen wie heute, werden wir Meister. So gegen Chelsea aufzutreten wie heute – ein starkes Team, das immer noch Titelverteidiger ist – war sehr stark.»
Gewinnen die «Citizens» noch alle neun ausbleibenden Meisterschaftsspiele, hätten sie am Saisonende unfassbare auf 102 Punkte. Das wäre mit deutlichem Abstand Premier-League-Rekord. Die bisherige Bestmarke stammt aus der Saison 2004/2005, damals hatte Chelsea mit Trainer José Mourinho 95 Punkte erreicht.
Dass Manchester City noch zu stoppen ist, daran glaubt die Konkurrenz längst nicht mehr. Auch die Hoffnungen des FC Basel auf ein Wunder im Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League haben sich nach der 0:4-Heimniederlage auf ein absolutes Minimum reduziert. Und sie dürften auch nicht grösser werden, wenn Guardiola am Mittwochabend wie angekündigt einige seiner Topstars schonen wird.