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Murat Yakin spricht mit «Heimspiel» über die Schweizer Nati

Switzerland's disappointed Nico Elvedi, head coach Murat Yakin, Dan Ndoye and Denis Zakaria, from right, after the UEFA Euro 2024 qualifying group I soccer match between Romania and Switzerland a ...
Nati-Trainer Murat Yakin spricht im Fussball-Talk «Heimspiel» über die letzten Monate mit dem Team.Bild: keystone

Yakin im Fussball-Talk: «Ich habe meine Aufgaben erfüllt»

Im Fussball-Talk «Heimspiel» von Bluesport stellte sich Murat Yakin heute den Fragen des Moderatoren und der Studio-Gäste. Das waren die wichtigsten Punkte.
14.12.2023, 22:26
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Im Zuge der abgeschlossenen EM-Qualifikations-Kampagne gab die Leistung der Schweizer Nationalmannschaft Anlass zu Diskussionen – auch über die Zukunft des Trainers Murat Yakin.

Ende November gab der Schweizer Fussball-Verband schliesslich bekannt, dass Murat Yakin bis mindestens nach der EM 2024 in Deutschland als Trainer der Nationalmannschaft im Amt bleiben wird. Im Fussball-Talk «Heimspiel» sprach Yakin mit Blue-Chefredaktor Andreas Böni und Ex-Nati-Spieler Stéphane Henchoz über die letzten Monate mit dem Nationalteam, über Kritik und über schwierige Personalentscheide.

Ist die Nati am Tiefpunkt angelangt?

Murat Yakin

«Absolut nicht. Ich weiss nicht, woher diese Aussage kommt. Wenn man sich für die EM qualifiziert hat, finde ich es extrem fragwürdig, solche Äusserungen zu machen.»

Andreas Böni

«Wenn der Tiefpunkt ist, sich in der zweitletzten Runde für die EM zu qualifizieren, ist das eigentlich ein schöner Tiefpunkt.»

Stéphane Henchoz

«In der Schweiz erwarten mittlerweile alle, dass sich die Schweiz einfach qualifiziert und locker gewinnt, das spricht ja auch für das Team. Am Ende hat die Nati in dieser Qualifikation diese Erwartungen nicht immer erfüllt und die Leute denken, dass es mit dieser Leistung an der EM nicht reicht.»

Welche Schlagzeile war am schmerzhaftesten?

Murat Yakin

«Ich schaue das selten an, ich fokussiere mich auf meinen Job und auf die Jungs und darauf, dass wir guten Fussball spielen. Schlagzeilen interessieren mich schon lange nicht mehr. Ich habe meinen Job gemacht, das andere überlasse ich den sogenannten Experten, die denken, dass sie über Fussball Bescheid wissen.»

Wird Murat Yakin zu hart kritisiert?

Andreas Böni

«Murat Yakin wurde zu stark gehypt vor einem Jahr und wird jetzt zu hart kritisiert. Die Spielweise der Nati gab natürlich zu reden, jetzt braucht es einige Weichenstellungen und harte Entscheide, dann kann es aber auch wieder in die richtige Richtung gehen.»

Murat Yakin

«Ich bin lange im Geschäft, durfte lange Fussball spielen und bin jetzt schon lange im Trainergeschäft. Ich weiss, dass man nicht zu euphorisch sein darf, wenn es gut läuft und auch nicht zu kritisch, wenn es resultatmässig mal nicht läuft. Als Trainer muss man positiv sein und die Mannschaft mitziehen. Dass die Resultate nicht gestimmt haben, ist klar. Aber ich bin extrem zuversichtlich. Wir haben Qualität, aber wir waren in beide Richtungen ineffizient und daran arbeiten wir jetzt. Darauf freue ich mich.»

Stéphane Henchoz

«Ich habe das Gefühl, viele Spieler spielen nicht auf dem gleichen Level wie in den Vereinen. Granit Xhaka zum Beispiel oder Fabian Schär. Wenn Schär bei Newcastle spielt, ist er sehr gut, in der Nati erkenne ich ihn nicht wieder. Ich frage mich, wie es so weitergehen soll. Als Nati-Coach muss man die Spieler gut nehmen können und ich denke, in den letzten 12 Jahren, seit Murat da ist, ist das nicht mehr der Fall. »

«Für war das Spiel gegen Portugal an der WM in Katar eine Art Wendepunkt. Nach dem Spiel haben die Spieler selbst das Spielsystem kritisiert und ich muss auch sagen: vielleicht zu Recht. Die Spieler waren nicht unbedingt bereit, dieses System zu spielen. Es hatte einige Spieler, die meiner Meinung nach nicht auf der Position gespielt haben, auf der sie sich wohlfühlen.»

Murat Yakin

«Die Statistiken sehen gut aus. Für mich war es interessant, die Daten anzuschauen, sie bestätigen mein Gefühl. Wir hatten Ausfälle wie Seferovic oder Embolo und wir haben viele junge Spieler, bei denen die Erwartungshaltung nicht so hoch sein darf. Stéphane hat vielleicht recht, im Klub haben sie eine andere Rolle, sind vielleicht Ergänzungsspieler. Wir haben ihnen eine Chance gegeben, wir haben angefangen, bei der Goalie-Position zu rotieren. Wir hatten in dieser Gruppe die Möglichkeit, diesen Spielern eine Chance zu geben. Wenn wir unsere Werte mit den Werten anderer europäischen Teams vergleichen, sind wir vorne dabei. Wir haben eine tolle Kampagne gespielt, leider einfach die Tore nicht geschossen. Wir haben aber die Zeit genützt, um junge Spieler zu integrieren.»

Einige Werte der Schweizer Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation.
Einige Werte der Schweizer Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation. Bild: Screenshot bluesport

«Wir haben jetzt gesehen, dass der Topf 4 gar nicht so schlecht war. Wir wollen jetzt in die Zukunft schauen und freuen uns auf die EM im Sommer.»

(Fehl)kommunikation beim SFV

Andreas Böni

«Dominique Blanc hatte noch gesagt, dass man mit Yakin an die EM fahren wird. Nach so einer Ansage müssen alle hinter dieser Entscheidung stehen und Aussagen wie diejenige von Pierluigi Tami sind fehl am Platz.»

Murat Yakin

«Ich habe alle meine Aufträge erfüllt. Die Qualifikation für die WM, wir sind in der Nations League nicht abgestiegen, dann haben wir uns für die EM qualifiziert. Ich habe einen Vertrag bis nach der EM. Deshalb war es auch ein bisschen komisch für mich, als dies dann hinterfragt wurde. Dieser Druck wurde auch von aussen hineingetragen, dass man da nervös wird und sich beeinflussen lässt, gehört natürlich dazu.»

«Es wurde sicher nicht gut kommuniziert. Wir sitzen alle im gleichen Boot und so sind wir bisher auch aufgetreten. Aber nach einem solchen Spiel ist man natürlich auch emotional. Pierluigi Tami lebt mit dem Spiel mit und will gewinnen. Aber wir waren schon qualifiziert, als er diese Aussage gemacht hatte. »

Stéphane Henchoz

«Diese Kommunikation ist natürlich nicht optimal. Nachher kam die Entscheidung, dass Murat an die EM fährt, aber ziemlich schnell und das fand ich gut.»

Kommen mehr Aussenverteidiger mit an die EM?

Murat Yakin

«Ja (lacht). Ich bin froh, dass alle jetzt wieder ein bisschen Spielpraxis haben, das gibt wieder mehr Auswahl. Aber wenn jemand gut spielt, sei es jetzt ein Mittelfeldspieler oder ein zentraler Innenverteidiger, dann kann man auch um diese Spieler herum bauen. Ich würde gerne in der Viererkette bleiben, aber ich bin auch einer Dreierkette nicht abgeneigt, wenn es sein muss. »

Die Verteidigung war auch bei der klaren Niederlage gegen Portugal an der WM in Katar ein Schwachpunkt der Nati.
Die Verteidigung war auch bei der klaren Niederlage gegen Portugal an der WM in Katar ein Schwachpunkt der Nati.

Die Entourage

Murat Yakin

«Junge Spieler wie Zeki Amdouni oder Noah Okafor haben in der Nati vor dem Tor einen viel höheren Druck als im Verein. In der Nati wird sofort erwartet, dass sie Verantwortung übernehmen und treffen. Da müssen wir Unterstützung bieten, zum Beispiel durch einen zusätzlichen Assistenztrainer für die Offensive. Aber dies will ich zuerst mit Pierluigi Tami und dem Staff diskutieren.»

Stéphane Henchoz

«Ich hatte das Gefühl, dass Yakin ziemlich alleine war. Er würde mir da vielleicht widersprechen (lacht). Gute Co-Trainer und Goalie-Trainer zu haben, ist zentral. Wenn alles gut läuft, ist es kein Problem. Wenn es nicht so gut läuft, so wie in den letzten Monaten, dann braucht man als Trainer jemanden und ich habe das Gefühl, Yakin hatte das nicht. »

Andeas Böni:

«Yakin kam nicht aus einer starken Position zur Nati, er kam vom FC Schaffhausen. Als Hitzfeld von Bayern kam, konnte er einen Assistenztrainer, einen Golie-Trainer und einen Medienchef mitnehmen. Bei Yakin wurde Vincent Cavin vom Verband gestellt. Yakin hatte wenige Vertrauenspersonen um sich herum.»

Murat Yakin

«Ich nehme die Situation an, wie sie ist. Wir haben mit Cavin eine gute Qualifikation gespielt. Jetzt sucht er eine andere Herausforderung und das gibt uns die Möglichkeit, die richtige Person zu finden. Vielleicht ein ehemaliger Spieler, aber auch ein Profil, dass Trainerqualitäten mitbringt. »

Causa Xhaka

Murat Yakin

«Nach einem Spiel ist man emotional. Xhaka ist ein Siegertyp und dieses Spiel gegen Kosovo war für ihn speziell. Man kennt ihn ja, man weiss, dass er jeweils sehr enttäuscht ist bei Niederlagen. Wir haben später miteinander geredet und ich habe ihm gesagt, dass das unnötig war. Das hat er verstanden.»

«Er will als Captain Verantwortung übernehmen und führen. Er gibt sich mit schlechten Resultaten nicht zufrieden und zeigt dies auch. Ich habe ihm gesagt, dass das nicht mehr vorkommen darf, aber ich habe auch Verständnis für ihn. Er hat auch gesagt, dass es unnötig war, aber das wurde von einigen Journalisten etwas überdeckt, man nimmt halt immer das negative, das gehört zum Business. »

Switzerland's head coach Murat Yakin speaks with Granit Xhaka during the UEFA Euro 2024 qualifying group I soccer match between Switzerlandat and Kosovo at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Sw ...
Der Nati-Kapitän Granit Xhaka mit Trainer Murat Yakin.Bild: keystone

Andreas Böni

«Das Problem ist, dass Xhaka in der Nati nicht gebremst wird. Auch als er sich vor einem Turnier und während Corona tätowieren liess: Niemand bremst ihn. Die Leute haben Angst und Respekt vor Xhaka und davor, richtig zu kommunizieren, weil sie wissen, dass er 70 Prozent der Spieler hinter sich hat. Sanktionen finde ich in solchen Situationen falsch, aber man sollte es ansprechen.»

Murat Yakin

«Einige Spieler provozieren gerne und das gehört auch zum Showbusiness. Ich stehe näher bei den Spielern, nach wie vor. Die Spieler fühlen sich manchmal von den provokativen Fragen angegriffen und versuchen, sich zu wehren. »

Stéphane Henchoz

«Xhaka müsste vom Verband für solche Aktionen sanktioniert werden, finde ich. Als Captain darf er so etwas nicht machen, er muss direkt mit dem Trainer sprechen.»

Andreas Böni

«Die Konstellation hat sich in der Nati auch verändert. Als noch Spieler dabei waren wie Lichtsteiner, Behrami oder Fernandes wurde Xhaka auch mal ausgebremst. Jetzt ist er in der Machtpyramide ganz oben und es gibt vermutlich wenige Spieler, die ihm widersprechen.»

Stéphane Henchoz

«Würde Xhaka in Leverkusen nach einem verlorenen Spiel dasselbe machen ... Ich denke, das würde er nicht tun. Aber bei der Schweiz weiss er, dass nichts passiert, wenn er es macht. Er hat vielleicht zu viel Macht. »

Hat Shaqiri in der Nati noch eine Zukunft?

Murat Yakin

«Solange Spieler Entscheidungsträger sind, können sie das Team immer noch in einer Funktion unterstützen. Shaqiri war immer ein Entscheidungsträger, dass es von der Luft her nicht mehr ganz reicht, ist etwas anderes. Er ist zum ersten Mal seit langem verletzungsfrei und gesund, solange er der Mannschaft noch helfen kann, wird er ein davon Teil sein. Es wird nicht meine Entscheidung sein, dass er aufhören muss, irgendwann kommt einfach mal der Zeitpunkt, ich kann ihn nur begleiten.»

Die Qual der Wahl auf der Goalie-Position

Andreas Böni

«Yann Sommer ist in der Schweiz beliebt und stand der Nati immer zur Verfügung. Kobel hat schon zwei Mal abgesagt und dann bei Dortmund aber gespielt. Viele deuteten dies als fehlendes Commitment. Das ist ein Nachteil für ihn.»

Fussball 1. Bundesliga Saison 2022/2023 26. Spieltag FC Bayern Muenchen - Borussia Dortmund 01.04.2023 Torwart Gregor Kobel li, Borussia Dortmund umarmt Torwart Yann Sommer Mitte, FC Bayern Muenchen
Yann Sommer steht Gregor Kobel in der Nati nach wie vor vor der Sonne.Bild: IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Murat Yakin

«Yann wird die Nummer 1 bleiben, das haben wir klar kommuniziert. So werden wir auch ins neue Jahr starten. Ausgangslage jetzt steht Yann Sommer im Sommer im Tor. »

Stéphane Henchoz

«Aber ich glaube, dass Kobel irgendwann die Nummer 1 wird, aber die Frage ist, ob es dann zu spät ist. Kobel will die Nummer 1 sein, natürlich, er spielt bei Dortmund. Wir haben in der Schweiz ein Luxusproblem, weil wir einer der besten Goalies der Serie A und der Bundesliga haben. »

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Diese Länder sind für die EM 2024 qualifiziert
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Diese Länder sind für die EM 2024 qualifiziert
Schweiz: 2. Platz in der Gruppe I.
quelle: keystone / georgios kefalas
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So emotional waren die Fussballspiele der Schweiz
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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Osteinwohner
14.12.2023 22:03registriert Mai 2018
"Ich habe meinen Job gemacht, das andere überlasse ich den sogenannten Experten, die denken, dass sie über Fussball Bescheid wissen."

Genau wegen solcher Trump Rhetorik meide ich aktuell die Schweizer Nati. Danke Chef.
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Schlaf
14.12.2023 21:52registriert Oktober 2019
Schon ab der 1. Antwort löscht es mir fast schon ab.
Ich möchte jetzt am liebsten nichts mehr davon hören und dann am Turnier sehen, was die Truppe, gegen die doch machbare Gruppe, liefert.

Liefere statt lafere!
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Nummy33
14.12.2023 23:07registriert April 2022
erfüllt = Note 4. Ein ehrgeiziger Trainer wäre damit nicht zufrieden
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