Shaqiri vor Duell mit Ex-Klub Lyon: «Die Ligue 1 ist besser als die Bundesliga»
Ein bisschen ist es wie ein Heimkommen. Zwar hat Xherdan Shaqiri nur ein halbes Jahr – zwischen August 2021 und Februar 2022 – bei Olympique Lyon unter Vertrag gestanden. Aber die Freude, gegen seinen alten Klub zu spielen (Donnerstag, 18.45 Uhr im watson-Liveticker), die kann der Captain des FC Basel nicht verbergen. «Auf Lyon zu treffen ist für mich genauso speziell, wie wenn ich gegen Bayern München oder Liverpool spielen würde», sagt er mit leuchtenden Augen.
Schliesslich kenne er jede Ecke vom Trainingsgelände und dem Stadion, ist hier täglich ein- und aus gegangen. Und auch wenn aus dem damaligen Kader heute kein einziger Spieler mehr bei OL spielt, kennt der 34-Jährige noch genügend Leute. «Die Physiotherapeuten sind noch dieselben, auch der Teamcoach und der Materialwart. Die haben sich alle auch schon bei mir gemeldet, das war sehr schön. Ich freue mich sehr, sie wiederzusehen!»
16 Partien hat Shaqiri für Lyon nur absolviert, fast ein Drittel – fünf Spiele, um genau zu sein – waren Einsätze in der Europa League. Für keinen Klub in seiner bewegten Karriere hat er weniger Minuten gesammelt. Und doch: Die Verbindung ist geblieben.
«Wenn ich Zeit habe, schaue ich mir die Matches an. Die grossen Partien sowieso, wie beispielsweise die Derbys gegen Marseille», sagt Shaqiri. Marseille, es ist ein gutes Stichwort. Denn gegen das andere Olympique hat Shaqiri damals, am 1. Februar 2022, seine letzten Kilometer für Lyon abgespult – und doppelt geskort. «Die Ecke, die zum Assist wurde, habe ich erst noch mit dem rechten Fuss gebracht, das heisst was!», sagt der Linksfuss und lacht.
Shaqiris Ode an Ligue 1
Dass seit seinem Abgang damals viel passiert ist, hat er selbstredend ebenfalls mitgeschnitten. Die beiden Präsidentenwechsel, der Beinahe-Abstieg in diesem Sommer – es sind Dinge, die ihn interessieren und bewegen. «Es ist schade, wenn man so etwas sieht. Wenn man das Stadion anschaut, wenn man die Stadt anschaut, dann ist Lyon eine richtige Fussballstadt, in welcher die Leute auch immer hinter dem Klub standen. Ich bin darum froh, dass sie nicht abgestiegen sind. Denn es ist nicht immer einfach, wieder hochzukommen und alles von null anzufangen.»
Dass Lyon nach dem Hin und Her sogar europäisch spielen darf, freut ihn besonders. Denn so kommt es zu diesem Duell, auf das er kaum warten kann – und das es auf europäischer Ebene zwischen den beiden Fussballstädten Basel und Lyon so noch nie gegeben hat. Nach den Spielen gegen die beiden Bundesligisten Freiburg und Stuttgart ist Lyon für die Basler der nächste, echte Gradmesser.
Doch wo ist die Ligue 1 anzusiedeln? «Die französische Liga ist sehr gut. Das sieht man auch anhand all der Transfers, welche Spieler in andere Ligen machen können. Es wird guter Fussball gespielt, es gibt viele, junge, gute Talente. Gerade auch bei Lyon. Für mich ist die französische Liga mittlerweile besser als die Bundesliga», ordnet Shaqiri ein, der in beiden Wettbewerben Erfahrungen gesammelt hat.
Lyons «Prozess» als Vorteil für den FCB?
Heisst also auch, dass die echte Reifeprüfung für den FCB mit OL erst kommt, die Franzosen besser sind als die beiden Bundesligisten? «Es ist zwar ein guter Vergleich, aber es ist schwierig, zu sagen, ob Lyon besser ist als es Stuttgart zuletzt war. Die Teams jeweils gegenüberzustellen ist etwas anders, als die ganzen Ligen zu vergleichen.»
Wenn er über die Kurzzeit-Heimat spricht, hebt Shaqiri immer wieder die glorreiche Historie Lyons hervor. Doch beim einstigen Serienmeister (2002 bis 2008) ist nicht nur das Kader ein anderes, sondern seit diesen glorreichen Jahren so ziemlich alles – auch die katarisch subventionierte Konkurrenz. «Es ist für Lyon klar schwieriger geworden, Meister zu werden. Wegen PSG und Marseille, aber auch, weil das Team jünger geworden ist. So ist es nicht immer einfach, ganz vorne mitzuspielen», so Shaqiri.
Er glaubt jedoch, dass die glorreichen Zeiten zu seinem Ex-Klub zurückkehren könnten. Aber noch nicht jetzt, in einer Phase von Lyon, die Shaqiri als «Prozess» bezeichnet. Dass der FCB ausgerechnet jetzt gegen OL spielt, sei interessant. Oder, was Shaqiri nicht sagt, aber wohl auch denkt: Gegen das Lyon von heute ist ein Sieg für Basel realistischer als es das noch vor ein paar Jahren gewesen wäre. Damals beispielsweise, als er noch im Kader der Franzosen figurierte.
«Es wird spannend für uns werden. Und ich denke, dass wir einen Exploit schaffen können. Wir haben das Potenzial dazu, hier zu bestehen. Aber wir wissen auch, dass wir einen super Tag benötigen, wie wir ihn gegen Stuttgart hatten.»
Von einer Reifeprüfung, die diese Partie darstellen könnte – nach jüngst drei Siegen in Serie zu null – will der Captain aber nichts wissen: «Für mich ist das eher die ganze Kampagne, nicht nur dieses eine Spiel. Und je mehr Matches wir in der Europa League absolvieren, umso mehr Selbstvertrauen bekommen wir.»
Der FCB hat in seinem Kader noch immer eine überschaubare Europacup-Erfahrung. Shaqiri streicht jedoch die Fortschritte heraus, die gerade die jungen Spieler zwischen den Duellen gegen Freiburg und Stuttgart bereits gemacht hätten. «Das sieht man. Und es kann nur noch besser werden. Wir wollen hier auch unbedingt gewinnen, und nicht einfach nur den Bus parkieren.»
Hoffen auf Ruhe zwischen den Fanlagern
Ein kleiner Wermutstropfen sind die Umstände, unter welchen die Fans aus Basel anreisen müssen. Zwar sagt Shaqiri spasseshalber, dass ja beide Teams rotblau wären und er darum hoffe, dass es keine Probleme geben werde. Doch aufgrund der strikten Auflagen der Behörden haben die Basler Fans das Ticketkontingent nur etwa zur Hälfte ausgeschöpft (mit zirka 1400 von möglichen 2800 anreisenden Anhängern wird gerechnet).
Damit gilt es, gegen die Heimfans dagegenzuhalten. Auch wenn diese am Donnerstag das Stadion kaum ganz füllen werden, haben sie den Ruf, das Groupama-Stadion regelmässig in einen Hexenkessel zu verwandeln. Das bestätigt auch Shaqiri. Denn wenn er herauspicken muss, an was er sich aus seiner Zeit bei Lyon speziell erinnert, kommt wie aus der Pistole geschossen: «Es ist laut. Sehr laut. Die Fans machen eine gute Stimmung – besonders in europäischen Nächten.» (bzbasel.ch)