Damit in den Schlussminuten doch noch Spannung aufkam in diesem über lange Zeit ungleichen Achtelfinal, musste der Ball seltsame Wege gehen. Der Schuss von Craig Goodwin landete via Rücken eines Argentiniers unhaltbar im Tor von Emiliano Martinez. Der Keeper der «Albiceleste» hatte bis zu dieser 77. Minute keinen Schreckmoment überstehen müssen. Danach erwachten die Australier. Aussenverteidiger Aziz Behich vom schottischen Klub Dundee United hätte kurz nach dem Anschlusstreffer mit einem Solo, das Messi stolz gemacht hätte, fast das 2:2 erzielt. Der erst 18-jährige Garang Kuol hatte fast mit dem Schlusspfiff ebenfalls noch die Chance zum australischen Ausgleich.
Das bemerkenswerte Aufbäumen des Aussenseiters kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Argentinien die Partie fast immer im Griff hatte – auch weil Lionel Messi in diesen Tagen auf höchstem Niveau spielt. Der 35-Jährige, der bei seinen vier vorangegangenen Weltmeisterschaften seinem Ruf nicht immer gerecht wurde, wirkt 2022 befreit und fokussiert. Gegen Australien gelang ihm sein dritter Turniertreffer, der erste überhaupt bei einer WM in der entscheidenden Phase. Er schloss in der 35. Minute einen gut aufgebauten Angriff mit einem unhaltbaren Flachschuss im Strafraum ab. In seinem 169. Länderspiel war es der 94. Treffer, in seinem 1000. Match als Profi sein 789. Tor.
Australien mag noch nicht der ganz grosse Gradmesser für Argentinien gewesen sein. Die «Socceroos» hatten in der Vorrunde aber immerhin das vor dem Turnier hoch eingeschätzte Dänemark hinter sich gelassen. Sie zeigten, was sie auszeichnet: Kampfgeist, Stabilität und ein schnörkelloses Spiel. Gegen die im Verlauf des Turniers immer stilsicherer agierenden Südamerikaner war das aber zu wenig. Der Favorit zeigte bis zur etwas wirren Schlussviertelstunde die ganze Palette seines Könnens. Mal liess er den Ball im Mittelfeld geduldig zirkulieren, mal griff er rasch und vehement an. Das 2:0 offerierte Australiens Goalie Matthew Ryan dem jungen Stürmer Julian Alvarez mit einem Fehler in der 57. Minute auf dem Silbertablett.
Was die Siege von Argentinien gegen Mexiko, Polen und Australien in den letzten Tagen wert sind, wird sich am Freitag zeigen. Dann muss sich das Team von Lionel Scaloni zum ersten Mal einem Grossen stellen. Zum bereits sechsten Mal stehen die Südamerikaner an einer WM den Niederländern gegenüber. Dreimal gab es das Duell in der K.-o.-Runde, zweimal siegte dabei Argentinien: 1978 im Final und 2014 im Halbfinal. Die Niederlande siegten im Viertelfinal 1998.
Australiens Trainer Graham Arnold war nach der Partie dennoch «sehr stolz» auf die Leistung seiner Mannschaft.
Argentinien - Australien 2:1 (1:0)
Ahmad bin Ali Stadium, Al-Rayyan. - SR Marciniak (POL).
Tore: 35. Messi (Otamendi) 1:0. 57. Alvarez 2:0. 77. Fernandez (Eigentor) 2:1.
Argentinien: Emiliano Martinez; Molina (80. Montiel), Romero, Otamendi, Acuña (72. Tagliafico); de Paul, Fernandez, Mac Allister (80. Palacios); Gomez (50. Lisandro Martinez), Messi, Alvarez (71. Lautaro Martinez).
Australien: Ryan; Degenek (73. Karacic), Souttar, Rowles, Behich; Leckie (72. Kuol), Mooy, Irvine, Baccus (58. Hrustic); McGree (58. Goodwin), Duke (73. Maclaren).
Bemerkungen: Argentinien ohne Di Maria. Australien komplett.
Verwarnungen: 15. Irvine. 38. Degenek.
(mom/sda)