Obwohl die Fussball-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr neuerdings mit 48 statt 32 Nationen stattfinden wird, ist klar, dass die Qualifikation für die Schweiz alles andere als ein Selbstläufer wird. Die Quali startet für das Team von Nationaltrainer Murat Yakin am Freitag mit dem Heimspiel gegen Kosovo, doch die WM-Qualifikation kann für die Schweiz zu einer umständlichen Aufgabe werden. Diese Faktoren könnten Probleme machen.
Seit der unglücklichen Nations-League-Kampagne im letzten Herbst hat die Schweiz kein Pflichtspiel mehr absolviert. Am 18. November 2024 bestritt die Nati das Auswärtsspiel in Spanien – die Schweizer waren zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits abgestiegen – und hatte seither nur noch vier Testspiele.
Noch länger ist der letzte Sieg vom SFV-Team in einem Pflichtspiel her. Da die Schweiz in der Nations League kein einziges Spiel gewinnen konnte, war der letzte Erfolg in einem Spiel, in dem es um etwas ging, tatsächlich an der Europameisterschaft. Genauer gesagt am 29. Juni 2024 in Berlin gegen den damaligen Titelverteidiger Italien. Beim 2:0-Sieg im Achtelfinal erzielten Remo Freuler und Ruben Vargas die Tore. Im Viertelfinal verlor die Schweiz trotz 1:0-Führung gegen den späteren Finalisten England im Penaltyschiessen.
Zwar wurden drei der vier Testspiele gewonnen, doch wurde in diesen Partien auch viel experimentiert und einige Spieler erhielten ihr erstes Aufgebot für die Nationalmannschaft. Nun geht es dafür Schlag auf Schlag, innerhalb von 74 Tagen finden die sechs Qualifikationsspiele statt. Je zwei im September, Oktober und November.
In der Qualifikation für die EM 2024 bekleckerte sich die Schweiz nicht wirklich mit Ruhm. In der Gruppe mit Rumänien, Israel, Kosovo, Belarus und Andorra gewann das Team von Trainer Murat Yakin lediglich vier von zehn Partien (nur ein Sieg in den letzten sieben Spielen) und landete auf dem zweiten Platz. Nur, weil sich die Mannschaften in der Gruppe immer wieder gegenseitig die Punkte wegnahmen, schaffte die Nati die direkte Qualifikation.
Solche Fehler darf sich die Schweiz nun kaum leisten. In nur sechs Spielen wird sich entscheiden, wer ein direktes Ticket für die WM erhalten wird. Je nach Verlauf könnte bereits eine Niederlage zu viel sein. Ein Punktverlust in den Heimspielen gegen Kosovo und Slowenien würde die Schweiz bereits in Schwierigkeiten bringen.
Zwar hat die Schweiz keine Spitzennationen in ihrer Gruppe – in der Auslosung waren die Schweizer im Topf eins gesetzt –, dennoch haben die Gegner der Schweiz in den letzten Jahren schon viele Probleme bereitet und auch international immer wieder überrascht.
Die drei bisherigen Partien gegen Kosovo endeten jedes Mal ohne Sieger. Zwar konnten sich die Kosovaren noch nie für eine Endrunde qualifizieren, aber sie befinden sich in herausragender Form: Acht der letzten neun Spiele wurden gewonnen und nach dem Erfolg gegen Island stieg Kosovo in der Nations League in die zweithöchste Liga auf.
Auf Schweden traf die Schweiz in den letzten 23 Jahren nur einmal, doch an diese Partie haben die Skandinavier die eindeutig schöneren Erinnerungen. Im WM-Achtelfinal 2018 setze sich Schweden mit einem 1:0 durch und verhinderte somit die erste Viertelfinalqualifikation der Schweizer an einer WM seit 1954. Aktuell sind die Schweden besonders in der Offensive gefährlich: Viktor Gyökeres, Anthony Elanga und Alexander Isak sind Weltklassespieler, welche in diesem Sommer für addiert 278 Millionen Euro transferiert wurden. Isak, für den Liverpool fast 150 Millionen Euro an Newcastle überwies, wurde damit zum teuersten Transfer der Premier-League-Geschichte.
Das letzte Spiel gegen Slowenien ist schon zehn Jahre her, in der EM-Qualifikation gewannen die Slowenen das Heimspiel und führten auch im Auswärtsspiel bis zur 80. Minute mit 2:0. Doch dank eines Doppelpacks von Josip Drmic und eines Tors von Valentin Stocker konnte die Schweiz das Spiel in extremis drehen und schaffte die direkte Qualifikation für die EM 2016 doch noch. An der letzten EM überzeugten die Slowenen mit einer starken Defensive und kassierten in vier Spielen nur zwei Tore. Im Achtelfinal gegen Portugal fehlte nicht viel zur Sensation, doch die Nerven versagten im Elfmeterschiessen.
Die Schweiz ist in dieser Gruppe auf dem Papier und bei den Buchmachern der Favorit. Doch gegen Gegner, welche leicht schwächer eingeschätzt werden als die Schweiz, hatte das Team von Trainer Murat Yakin immer wieder Probleme in der letzten Zeit. Abgesehen von Siegen in Testspielen konnte die Schweiz in den letzten zwei Jahren einzig an der EM gegen Ungarn gegen ein leicht schwächer eingeschätztes Team gewinnen.
Dieses Problem muss nun vor der Qualifikation behoben sein, sonst droht das gleiche Unheil wie den Italienern. Die Squadra Azzurra verlor zum Auftakt der Qualifikation gegen Norwegen und steht bereits unter grossem Druck.
Insgesamt qualifizieren sich 16 Nationen aus dem europäischen Verband für die bisher grösste Fussball-WM der Geschichte. Nur die Gruppensieger aus den zwölf Qualigruppen sichern sich direkt das Ticket für die Weltmeisterschaft. Die Zweitplatzierten müssen die Playoffs bestreiten, in welchen auch noch vier Teams teilnehmen, welche sich über das Ranking der Nations League qualifizieren.
Die Playoffs werden in Halbfinals und Finals ausgetragen. Sollte die Schweiz die Quali auf dem dritten oder vierten Platz abschliessen, müsste die Nati auf Schützenhilfe hoffen, um trotzdem an den Playoffs teilzunehmen.
Mit Granit Xhaka, Dan Ndoye, Michel Aebischer und am letzten Transfertag noch Manuel Akanji, Breel Embolo sowie Fabian Rieder haben gleich sechs Schlüsselspieler im Sommer den Verein gewechselt. Natürlich sind besonders die Transfers kurz vor dem Natizusammenzug auch für Trainer Murat Yakin nicht optimal. «Ich finde es ein wenig unglücklich, dass man den Transferschluss gerade auf den Tag ansetzt, an welchem auch der Nati-Termin ist», sagte der 50-Jährige am Sonntag im Sportpanorama.
Bei Embolo kommt noch hinzu, dass er sich am Mittwoch vor dem Appellationsgericht verantworten musste. Nun gilt es, den Fokus aber voll auf den Start der WM-Quali zu richten. Aufgrund der schwierigen Ausgangslage sind Punkte in den beiden Heimspielen in Basel wichtig, bevor im Oktober schwierige Auswärtsspiele gegen Schweden und Slowenien stattfinden werden.
Der Herbst gehörte in den letzten zwei Jahren ohnehin nicht zur stärksten Zeit der Schweizer Nati. Im letzten Jahr der Abstieg in der Nations League und ein Jahr zuvor die teils blamablen Leistungen in der Qualifikation zur Europameisterschaft. In den folgenden zwei Monaten braucht es eine Leistung wie vor vier Jahren, als man sich direkt für die WM in Katar qualifizierte und auch Italien in der Gruppe hinter sich liess.
Das Ziel ist klar, das siebte grosse Turnier in Folge zu erreichen. Seit der EM 2004 verpasste die Schweiz einzig die Europameisterschaft 2012.