Die Bayern im Verletzungspech: Mit Innenverteidiger Mats Hummel und Stürmerstar Robert Lewandowski fallen gleich zwei eminent wichtige Spieler aus. Sie werden durch Jérôme Boateng und Thomas Müller ersetzt. Beide schlüpfen nicht in eine Hauptrolle. Beim einen ganz zur Freude, beim anderen sehr zum Leidwesen der Bayern-Fans. Dazu später mehr ...
Bei Real fehlt Pepe, doch die «Königlichen» beklagen sich nicht. Zumindest nicht darüber. Viel schlimmer ist da schon, dass das «Weisse Ballett» in München nicht in Weiss auflaufen darf. Weil die Bayern in dieser Champions-League-Saison mit weissen Hosen spielen, muss Real auf die schwarzen Auswärtstrikots ausweichen. In Madrid wittert man eine Verschwörung. Ausgerechnet bei der «Bestia Negra» («Schwarzen Bestie»), beim ewigen Angstgegner, in schwarz? Kann das gut gehen?
Nach kleinen Problemen zu Beginn nehmen die Bayern das Heft schnell in die Hand. Nach vorne geht zwar nicht viel, aber hinten steht das Team von Carlo Ancelotti wie eine Wand. In der Abwehr und im Mittelfeld gewinnen die Deutschen sämtliche Zweikämpfe. Real ist ratlos, Cristiano Ronaldo unsichtbar.
Beim fünften Eckball klappt es endlich: Arturo Vidal – der bis dahin beste Mann auf dem Platz – bringt die Bayern in der 25. Minute mit einem Geschoss von einem Kopfball in Führung. Die Bayern sind auf Kurs, da stört es auch nicht, dass Thomas Müller im Sturm keinen Ball sieht.
Die Bayern drücken in der Folge auf das 2:0, doch Müller bringt nach wie vor kein Bein vors andere und die Madrilenen kennen auch noch Robbens geheimen Supertrick – nach innen ziehen und schlenzen – und versperren ihm immer wieder den Weg.
Als die Verzweiflung steigt und die Pause naht, erhalten die Bayern ein Geschenk aus heiterem Himmel: Nach einem Ribéry-Schuss an Daniel Carvajals Schulter pfeift Schiedsrichter Nicola Rizzoli Penalty. Doch Vidal – noch immer der beste Mann auf dem Platz – schaut dem geschenkten Gaul ins Maul und drischt die Kugel vom Elfmeterpunkt unters Stadiondach. Nicht zum ersten Mal wird Lewandowski, sonst Bayern Penaltyschütze Nummer 1, schmerzlich vermisst.
Ob der geschenkte Gaul in der Bayern-Kabine durchbrannte und alles kurz und klein trat oder Real-Trainer Zinedine Zidane schlicht die richtigen Worte in der Kabine fand? In der zweiten Halbzeit ist plötzlich alles anders: Die Bayern verlieren in der Defensive fast sämtliche Zweikämpfe und werden vom bislang harmlosen Real-Sturm plötzlich überrannt. Statt Sicherheitspässe gibt's fast nur noch Fehlpässe.
Und schon 90 Sekunden nach Wiederbeginn fällt der Ausgleich durch ... Cristiano Ronaldo. Zuvor 45 Minuten unsichtbar, steht er nun nach der Flanke von Daniel Carvajal goldrichtig und schiebt zum 1:1 ein. Sträflich wird er alleine gelassen. Haben die Bayern denn vergessen, dass dieser Mann vierfacher Weltfussballer ist?
Auch am Ursprung der beiden alles entscheidenden Szenen steht Cristiano Ronaldo. Bei blitzschnell vorgetragenen Kontern geht Javi Martinez gegen den Real-Superstar zweimal etwas gar ungestüm in den Zweikampf und begeht in der 58. und der 61. Minute je ein taktisches Foul.
Weil Schiedsrichter Rizzoli keine Gnade kennt und zwei Mal Gelb zückt, fliegt der Spanier vom Platz. Ein ziemlich dummer Platzverweis: Beide Male hatte Boateng hinter Martinez noch abgesichert.
Der Schlussakt des Dramas ist schnell erzählt. Mit einem Mann mehr setzt Real zum Schaulaufen an, während sich die Bayern uneinig sind, was nun zu tun ist. Die Offensive sucht den zweiten Treffer, die Defensive will ein zweites Gegentor verhindern. Real nützt das taktische Bayern-Chaos aus und setzt Manuel Neuer unter Dauerbeschuss.
Nach mehreren Glanzparaden kann dieser das 2:1 für Real in der 77. Minute durch – genau – Cristiano Ronaldo auch nicht mehr verhindern. Dass die Niederlage nicht höher ausfällt, ist der einzige Trost nach diesem Spiel, dass die Bayern leichtfertig aus der Hand gaben. Um doch noch ins Halbfinale zu kommen, müssen sie in fünf Tagen in Madrid gewinnen und mindestens zwei Tore erzielen. Eine doch eher diffizile Aufgabe ...