Il Commendatore
Bier hat am meisten Stimmen!!
2000 Engländer pilgern heute Abend ins Berner Wankdorf-Stadion an den Champions-League-Kracher zwischen Schweizer Meister YB und dem englischen Rekordmeister Manchester United. Die Fan-Legenden, vornehmlich ältere Semester, feuchten sich in der Berner Innenstadt schon mal tüchtig die Kehlen an.
Selbst sein kaputter Fuss hält Richard (47) nicht von einer Auswärtsfahrt nach Bern ab. Auf dem Bahnhofplatz sitzt er auf einem Stuhl und verkauft Match-Schals an die Passanten. «Nur dank diesen Einnahmen kann ich überhaupt an das Spiel», sagt er und hält seine Krücken fest. Er folgt seinem Klub des Herzens an jeden Auswärtsmatch. «Ich reiste schon durch ganz Europa.»
«Für die United gebe ich all mein Geld aus.» Letztes Jahr war er auch in Basel am Spiel FCB vs. ManUnited. «Dort attackierte mich aber ein Haufen FCB-Fans. In Bern ist alles friedlicher», so der Brite, und verkauft den nächsten Schal an einen Fan.
Grossvater, Vater und Sohn. In Manchester ist Fussball Familiensache. Darum ist der 13-jährige Eric gleich mit Papa und Grossvater nach Bern angereist. Der Name Eric kommt übrigens nicht von ungefähr. «Eric Cantona war als Kind mein Lieblingsspieler, darum habe ich meinen Sohn nach ihm benannt», so Papa Dylan.
Der Familienplausch ist aber ein teurer Spass. In Manchester zahlt Dylan für eine Saisonkarte 900 Pfund (1145 Franken). «Zum Glück kostet hier ein Ticket nur 40 Pfund!»
32 Stunden Autofahrt für 90 Minuten Fussballzauber. Jasper (59) und Alex (62) stehen vor dem Hotel Schweizerhof und warten darauf, dass die United-Helden das Teamhotel verlassen. «Wir fahren noch diese Nacht zurück, darum dürfen wir nicht zu viel trinken», sagt Alex, der seit «seiner Geburt» ManUtd-Fan ist.
Er ist überzeugt, dass sich der lange Weg nach Bern lohnen wird. «Lukaku wird Bern eigenhändig wegballern», ist er überzeugt. Und was sagt er zu YB? «Keine Ahnung, ich kenne keinen einzigen Spieler.»
Auf dem Bärenplatz lässt sich die Rentner-Truppe schon am Mittag ordentlich volllaufen. Mit seiner überdimensionierten Sonnenbrille zieht Herbert die Blicke auf sich. «Man kann nicht Manchester-Fan werden, sondern man wird als United-Fan geboren», sinniert er und nimmt einen Schluck Bier.
Auch er hat noch nie von den Young Boys gehört. «Hauptsache, wir finden den Weg ins Stadion. Wie weit ist es überhaupt dorthin», fragt er uns. Na dann, good luck!
Mit einem berauschenden «Stümpli» in der Hand steht «Hugi» vis-à-vis des ManUnited-Teamhotels und präsentiert den Passanten seine altehrwürdige YB-Fahne. Für ihn ist dies keine Provokation.
Denn mit den Fans der «Red Devils» will er sich nicht anlegen. «Ich kann sowieso nur ein paar Brocken Englisch, die ich auf meinen Indien-Reisen gelernt habe», sagt der Hippie, der seit 30 Jahren an jedes YB-Spiel geht. «Heute greifen wir zu den Sternen», ist er überzeugt.