Schon seit Monaten wird von etlichen Fussballfans der Boykott der WM in Katar gefordert, da Menschenrechtsorganisationen zufolge tausende Arbeiter allein beim Bau der Stadien zu Tode kamen. Auch der FC Bayern München, der Qatar Airways als Sponsor auf dem Trikot trägt, ist daher grösserer Kritik ausgesetzt.
Uli Hoeness war nun wieder einmal per Telefon im Sport1 Stahlwerk Doppelpass zugeschaltet. Dort tätigte der einstige Manager und Präsident, heute Mitglied im Aufsichtsrat, Aussagen zur WM 2022 in Katar und der Menschenrechtslage vor Ort, die einen riesigen Shitstorm auslösten.
Als Ex-DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig über die Lage in Katar sprach, rief plötzlich Uli Hoeness im Studio an. Aufgebracht nahm er das Land dabei in Schutz und versuchte, jegliche Kritik zu beseitigen – überwiegend ohne Erfolg.
#Katar #Menschenrechte #hoeneß #ladenzumachen #Dopamin
— Stefan Exner (@StefanExner2) September 25, 2022
Übersetzt meint #hoeneß: Scheiß auf Menschenrechte, der Laden muss laufen... pic.twitter.com/Y1D6Iadqx8
So bezeichnete er Rettig als «König der Scheinheiligen», da dieser Katar kritisiere und dennoch höchstwahrscheinlich mit katarischem Öl im Winter heizen müsse. Ausserdem verwies er darauf, wie kooperativ Katar dabei gewesen sei, Menschen aus Afghanistan nach der Übernahme der Taliban auszufliegen.
Darüber hinaus würden sich die Arbeitsbedingungen durch die WM und auch das Engagement des FC Bayern nur noch weiter verbessern, behauptete der Ehrenpräsident: «Die WM, und auch das Engagement des FC Bayern, werden dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter.»
Eine Aussage, die so manche fassungslos zurückliess. Rettig bezeichnete Hoeness daraufhin als «Botschafter von Katar», der deren Propaganda der Besserung weitergebe. Tausende Arbeiter seien gestorben, weshalb Hoeness eventuell seine Quellen breiter aufstellen sollte. Der Ex-Bayern-Boss entgegnete anschliessend, er sei schon vor Ort gewesen, wodurch er es besser wissen müsse. Stefan Effenberg stimmte dem zu.
Auf Twitter brachen währenddessen alle Dämme und «Dopa» und «Hoeness» trendeten. Unter anderem wurde Hoeness dabei «Schwurbler-Argumentation» vorgeworfen, da er als ehemaliger Fussballer und Millionär nur geschützte Räume in Katar zu sehen bekommen habe. Ausserdem brauche man nicht selbst vor Ort gewesen zu sein, um Menschenrechtsverletzungen verurteilen zu können, hiess es etliche Male.
Heutige #dopa Runde geht ja schon Richtung Schwurbler-Argumentation. Ehemalige Fußballer & Millionäre die im geschützten Raum gelebt haben, argumentieren mit "warst du schon mal in Quatar?" und sprechen (Menschenrechts)Kritikern das Recht ab.
— Manuel (@Einfach_M) September 25, 2022
Förmlich geächtet wurde Hoeness allerdings auch aufgrund seines Whataboutisms, einer Argumentationsstrategie durch Gegenfragen und Ablenkung durch das Ansprechen anderer Problematiken. Der ehemalige Bayern-Boss hatte zuvor versucht, von der Problematik in Katar abzulenken, indem er beispielsweise auf Saudi-Arabien zu sprechen kam.
Der übliche Hoeneß-Anruf mal wieder, der mit feinstem WhatAboutism andere angreift und seinen Bayern-Geldgeber verteidigt. Alles wie immer. Kann dem nicht mal jemand die Dopa-Nummer aus dem Handy löschen? #dopa
— SaVe (@nike041176) September 25, 2022
Manche wiesen auch noch einmal daraufhin, wie menschenverachtend der Münchner Ehrenpräsident den verstorbenen Arbeitern und deren Familien ihr Leid abspreche.
@SPORT1_Dopa warum gibt man verurteilten Verbrechern mit einen menschenverachtenden Mindset überhaupt die Möglichkeit sich zu äußern. Euch ist alles egal oder? Wie fühlt sich wohl ein Frau, die ihren Ehemann in #Katar verloren hat mit solchen Äußerungen? #Hoeneß #dopa
— Shyam (@shyampoo04) September 25, 2022
Dafür, dass er den FC Bayern als seinen Geldgeber immer verteidige, steckte Hoeness dabei kaum noch an Kritik ein – anders als Stefan Effenberg. Der Sport1-Experte wurde aufgrund seines Zustimmens bei Hoeness' Aussagen scharf kritisiert und mehrfach als «Bayern-Botschafter» bezeichnet.