Selbst aus dem Märchenteam von Leicester City, das in der Saison 2015/16 sensationell den Meistertitel in der Premier League gewann, stach er noch heraus: Stürmer Jamie Vardy. Mit 25 kickte er noch in der 5. Liga, 2012 wechselte er dann zu Zweitligist Leicester. In der zweiten Saison nach dem Transfer trug er 16 Tore zum Aufstieg bei. Und auch heute spielt der mittlerweile 37-Jährige noch bei den Foxes.
Die Geschichte von Jamie Vardy ist eine für die Fussballromantiker. Einen wie ihn hätte jeder Fan gerne im Team. Selbstverständlich hätte der Knipser nach seinen 24 Treffern in der Meistersaison einen lukrativen Vertrag bei einem Topklub unterschreiben können. Unter anderem Real Madrid wollte ihn angeblich. Doch während N'Golo Kanté, Riyad Mahrez und Co. den Verein verliessen, blieb Vardy in Leicester. Selbst nachdem er fürs englische Nationalteam debütierte und an die EM 2016 gereist war.
Weshalb sollte er das Team, das ihm – einem Fünftliga-Stürmer, der wenige Jahre zuvor noch als Schichtarbeiter in einer Kohlefaser-Fabrik gearbeitet hatte und nach einer Pub-Keilerei zwischenzeitlich eine Fussfessel tragen musste – eine Chance gegeben hat, auch verlassen? In der Stadt im Zentrum Englands fühlt er sich wohl, immer wieder verlängert er seinen Vertrag bei den Foxes. Auch den Abstieg in der vergangenen Saison, nachdem der eigentlich sehr beständige Knipser nur drei Ligatore erzielt hatte, machte er mit.
Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass er bei Leicester eine Sonderbehandlung geniesst. Auch unter dem neuen Trainer Enzo Maresca muss Vardy weniger hart trainieren als andere, obwohl dies beim Italiener zu Beginn seiner Amtszeit im letzten Sommer für Irritationen sorgte. Doch Vardy weiss mittlerweile genau, was er tun muss, um für die Spiele fit zu sein. Dazu gehört sein eigenes Konditionstraining, nicht dazu gehört das Heben von schweren Gewichten. Manchmal nimmt er überhaupt nicht am Training teil.
Ausserdem besteht seine Spielvorbereitung noch immer aus drei Energydrinks, einem Espresso und einem Käse-Schinken-Omelette. Darin ist er Darts-Jungstar Luke Littler ähnlicher als Musterathleten wie Cristiano Ronaldo. Was er sich in vielen anderen Klubs wohl nicht erlauben dürfte, ist in Leicester jedoch akzeptiert.
Schliesslich gibt dem Stürmer der Erfolg recht. Auch in dieser Saison ist er wieder der beste Torschütze im Team. 13 Tore hat er in der Liga bereits erzielt, zwei weitere im FA Cup. Und das, obwohl er sich den Platz in der Sturmspitze mit Patson Daka und Kelechi Iheanacho teilt und häufig auch von der Bank kommt. Mit sechs Toren nach Einwechslungen ist Vardy sozusagen der Superjoker. Und natürlich liegen auch am Sonntagnachmittag (13.45 Uhr) die Hoffnungen auf Jamie Vardy.
Dann trifft Leicester City im Viertelfinal des FA Cup auf Chelsea. Einen Gegner, den Vardy nur zu gut kennt. 21 Mal spielte er gegen die Blues, so oft wie gegen keinen anderen Verein, doch ist seine Torquote ausbaubar. Nur viermal traf er in diesen Partien. Es würde zu seiner Geschichte passen, wenn er seinen Klub näher an ein weiteres Märchen bringen würde.
Doch auch wenn ihm das nicht gelingen sollte, dürften sowohl die Verantwortlichen als auch die Anhängerschaft hoffen, dass Vardy nach Ablauf seines Vertrags im Sommer mindestens ein weiteres Jahr anhängt. Denn in Leicester gilt noch mehr als überall sonst: Jeder Fan will einen Jamie Vardy im Team haben.