Darum verzichtet Yakin auf Okafor: «Hoffe, dass meine Worte irgendwann bei ihm ankommen»
Mit zehn Punkten aus vier Spielen ist die WM-Qualifikation für die Schweizer Nati zum Greifen nah. Doch sie ist noch nicht gesichert. Die letzten beiden Spiele gegen Schweden (15. November) und Kosovo (18. November) entscheiden, ob die Schweiz das direkte WM-Ticket löst oder den Umweg über die komplizierten Playoffs gehen muss. Letzteres Szenario will Trainer Murat Yakin auf jeden Fall vermeiden.
Was sieht Ihr Plan aus für die entscheidenden WM-Quali-Spiele?
Murat Yakin: Wir haben uns eine gute Ausgangslage erarbeitet. Im Vorfeld hätte wohl jeder unterschrieben, wenn man uns 10 Punkte aus 4 Spielen offeriert hätte. Wir haben es jetzt selber in der Hand. Wir wollen es, wenn möglich, in Genf gegen Schweden schon klarmachen.
Schweden hat auf die schlechten Resultate reagiert und unterdessen Trainer Tomasson durch Graham Potter ersetzt. Was ändert sich für Sie dadurch?
Die Schweden können unbeschwert auftreten, weil sie das Ticket für die Playoffs über die Nations League ohnehin schon auf sicher haben. Wir können jetzt Theorien aufstellen und uns verrückt machen lassen. Aber das tun wir nicht. Denn wir sind in der Vergangenheit immer gut gefahren, wenn wir auf uns geschaut haben.
Falls Kosovo in Slowenien mehr Punkte holt als die Schweiz gegen Schweden, kommt es am 18. November in Pristina zur Finalissima. Fürchten Sie sich davor?
Überhaupt nicht. Ich habe mich noch nie vor einem Fussballspiel gefürchtet. Wir stellen uns erst mal der Herausforderung Schweden, mit dem Ziel, den Sack zuzumachen.
Remo Freuler, der kongeniale Partner von Granit Xhaka, hat sich am Wochenende einen Schlüsselbeinbruch zugezogen. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die Szene gesehen haben?
Schade, leider, das waren meine ersten Gedanken. Freuler ist ein äusserst zuverlässiger Spieler, der kaum je verletzt ist. In der Szene sieht er leider seinen Gegenspieler nicht, weshalb es zu einem wuchtigen Zusammenstoss kommt. Das ist bitter. Aber wir haben mit Sierro, Sow und Aebischer Alternativen.
Warum ist Ardon Jashari keine Alternative?
Im Normalfall schon. Aber er hat nach dem Wadenbeinbruch zweieinhalb Monate ohne Matchpraxis hinter sich. Er ist erst seit Kurzem wieder im Team der AC Milan. Und er ist noch nicht vollumfänglich schmerzfrei. Deshalb will er die Nati-Pause nutzen, um bei Milan in den Trainings wieder voll fit zu werden.
Christian Fassnacht ist erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder im Nati-Kader, was überraschend ist. Ist die Heiratsstrafe somit verjährt?
(lacht) Das war nie eine Strafe. Fassnacht hat im Juni 2023 die Flitterwochen einem Nati-Zusammenzug vorgezogen. Ich habe seine Entscheidung damals bedauert, aber respektiert. Auch wenn er danach nicht mehr aufgeboten wurde, habe ich die Akte Fassnacht nie als geschlossen betrachtet. Nun ist er dabei, weil er zuletzt für YB gute Spiele gemacht hat.
Als Sie Fassnacht für die WM 2022 nominiert haben, wurde er von den Gefühlen übermannt. Wie hat er nun auf das Aufgebot reagiert?
Er war sehr glücklich. Aber ich habe ihm im Spass gesagt, es wäre vielleicht Zeit, das Profilbild zu ändern. Es zeigt ihn immer noch in den Flitterwochen.
Auf Noah Okafor, der bei Leeds regelmässig zum Einsatz kommt und Marc Giger, der mit Saint-Gilloise Champions League spielt, verzichten Sie. Warum eigentlich?
Beide Offensivspieler haben interessante Profile. Aber mit Vargas, Ndoye und Manzambi sind wir auf diesen Positionen derzeit gut besetzt. Okafor bleibt auf dem Radar. Und Giger ist allein schon interessant, weil er einen steilen Aufstieg hinter sich hat. Noch vor einem Jahr spielte er in der Challenge League. Wenn er in der U21 gut performt und im Klub weiter Fortschritte macht, kann er bald auch für die A-Nati ein Thema werden.
Ziehen Sie Fassnacht Okafor vor, weil dieser seine Rolle als Ergänzungsspieler akzeptiert?
Ich habe immer wieder mit Okafor gesprochen, ihm mitgeteilt, was ich auf und neben dem Platz von ihm erwarte. Ich hoffe, dass meine Worte irgendwann bei ihm ankommen. Wir werden ihn weiter beobachten. Offensivspieler werden auch an Skorerpunkten gemessen. Da sind jene, die jetzt dabei sind, gegenüber Okafor im Vorteil.
Sie ziehen Vincent Sierro als Freuler-Ersatz in Betracht. Seit er in Saudi-Arabien engagiert ist, verschwand er aus dem Blickfeld.
Nicht bei mir. Sierro ist ein sehr dankbarer, wertvoller und intelligenter Spieler. Er hat bei uns immer seine Position gefunden und auch eine gute Verbindung mit den Nebenleuten hergestellt. Ich sehe nun eine grosse Chance für Sierro. Für mich spielt es keine Rolle, in welchem Klub er spielt. Wichtiger ist, dass er spielt. Aber ich will mich jetzt noch nicht auf ihn festlegen, sondern erst die Trainings beobachten, um dann zu entscheiden, wer in Kombination zu Granit Xhaka am besten passt.
Ihr früherer Assistent Giorgio Contini wurde vor wenigen Tagen bei YB entlassen. Sie haben den Bernern noch zur Ernennung Continis gratuliert.
Es ist schwierig, aus der Ferne zu beurteilen, was nicht gut gelaufen ist. Am Schluss zählen die Resultate. Es tut mir leid für Giorgio. Wir standen uns nahe. Deshalb habe ich ihn kurz nach der Entlassung auch angerufen. Aber ich mache mir keine Sorgen um Giorgio. Denn irgendwann geht wieder eine Tür für ihn auf. (riz/aargauerzeitung)
