Sven, bitte entschuldige, falls ich dich geweckt habe. Aber ich habe mir gedacht, jetzt um 16.53 Uhr kann ich's mal versuchen. Alles klar bei dir?
Sven Wiethoff: Ich bin ein bisschen fertig. Aber sonst geht's sehr gut. Fertig, aber gut.
War die Nacht sehr lange?
Nur schon, bis wir aus dem Stadion waren, war es etwa halb eins. Dann sind wir noch zum San-Sebastian-Platz, da war die Eintracht-Fanmeile in Sevilla. Dort haben wir noch einen kleinen Umtrunk zu uns genommen. So gegen zwei, halb drei habe ich mich dann auf den Weg zu meiner Unterkunft gemacht. 50 Meter davon entfernt feierten noch einige Schotten, denen habe ich zum Trost 'ne Runde ausgeben. Ich habe mit ihnen noch ein, zwei Bierchen getrunken und war dann aber froh, als ich endlich im Bett lag. Es war ein ganz schön anstrengender Tag.
Dann war die Stimmung also bei den Rangers-Fans trotz der Niederlage gut und friedlich?
Ja, absolut. Auch im Vorfeld war es sehr, sehr entspannt. Die Fangruppen haben sich teilweise auch durchmischt. Es war allerdings auch schwierig einen Laden zu finden, in dem es keine Schotten hatte (lacht). Als Frankfurter ist man sich das gar nicht gewohnt, in der Unterzahl zu sein.
Und dann hast du dir als Europapokalsieger die teuerste Nacht deines Lebens gegönnt, dein Airbnb kostete schlappe 700 Euro. War es das Bett wenigstens wert?
Das war's auf alle Fälle wert. Auch wenn es winzig war, kein Internet hatte und die Klimaanlage nicht hielt, was sie versprach. Da drin war es bestimmt noch 30 Grad warm. Aber ich bin trotzdem glücklich eingeschlafen.
Deine Eintracht ist tatsächlich Europa-League-Sieger. Wie klingt das eigentlich?
Daran muss ich mich erst noch gewöhnen! Ich erinnere mich noch gut an die 2. Bundesliga zurück.
Ein ziemlich steiler Aufstieg.
Allerdings. Nun wurden bereits die ersten Reisepläne geschmiedet für den europäischen Supercup in Helsinki gegen den Sieger der Champions League. Ich muss mich erst noch daran gewöhnen, dass wir nun gegen Real Madrid oder den FC Liverpool spielen. Schon ein bisschen besser als Greuther Fürth.
Vor dem Spiel hast du gesagt, du seist selber überrascht, wie nervös du seist. Wie war es während der Partie?
Gefühlt drei Mal Herzstillstand. Vor allem beim Elfmeterschiessen. Geschossen wurde auf das entfernte Tor. Ich stand ganz oben auf der anderen Seite und habe kaum was gesehen. Aber war geil. Der Höhepunkt meines Fussballerlebens.
Es war ja Drama pur: Die Eintracht geriet in Rückstand und gewann am Ende im Elfmeterschiessen. Eine Nummer kleiner ging nicht?
Beim Rückstand muss ich ehrlich sagen: Ich hatte das Gefühl, dass wir das noch drehen. Vielleicht war's auch nur die positive Einstellung (lacht). Beim Elfmeterschiessen hingegen kam die schreckliche Erinnerung an Chelsea zurück …
Offenbar gab es im Stadion nichts zu trinken. Wenn ich mir Sven ohne Getränk vorstelle, dann stelle ich mir einen ziemlich angefressenen Sven vor …
Naja, es war okay, ich hatte mein Level schon vorher erreicht … Das Problem war aber schon, dass es kein Wasser mehr gab, denn es war noch locker über 30 Grad warm. Ein Kumpel war so nett und ging auch für mich Getränke holen, der hat mir dann von Ausschreitungen erzählt. Aber irgendwie hat er es geschafft, noch ein paar Flaschen Wasser zu organisieren. Nach dem Spiel habe ich dann tatsächlich Wasser direkt von einem Hahn getrunken. War geschmacklich 1A …
Dafür ist Spanien ja bekannt.
War ein schwerer Chlorgeschmack.
Du meinst: Siegergeschmack!
(Lacht) Ja genau. Vielleicht hätte ich noch ein Fläschchen mitnehmen sollen.
Und jetzt seid ihr als Sieger der Europa League für die Champions League qualifiziert. Da wirst du nun wohl neue Airbnb-Abzocker kennenlernen.
Darauf wird es wahrscheinlich hinauslaufen. Ich hab schon angefangen zu sparen und muss das schonend meiner Frau beibringen. Und natürlich dem Chef. Im Prinzip geht der ganze Urlaub dafür drauf – aber was soll's?!
Wahrscheinlich wird es nun nicht jede Saison so sein. Das dürfte dich das Leben als Eintracht-Fan ja gelehrt haben.
Absolut. Ich nehm alles mit, was kommt. Aber ich glaube jetzt nicht, dass wir uns in der Champions League festsetzen werden.
Übrigens Sven, ich habe festgestellt, dass du ja wirklich nur noch auf dem internationalen Parkett zuhause bist. Im Bundesliga-Managerspiel von watson finde ich dich auf dem 26. und letzten Platz …
Ich hab's wie die Eintracht gemacht: Die Liga habe ich abgeschenkt, Kräfte geschont und mich voll auf den Europapokal konzentriert!