Am 6. Januar hat Davis-Cup-Captain Severin Lüthi seine Nomination für die Begegnung gegen Deutschland in Trier vom 3. und 4. Februar bekannt gegeben. Neben Marc-Andrea Hüsler stehen Henri Laaksonen und die beiden Nachwuchshoffnungen Dominic Stricker und Leandro Riedi im Aufgebot, nicht aber Stan Wawrinka, der 2014 mit Roger Federer in Lille für den einzigen Schweizer Sieg im Teamwettbewerb gesorgt hatte.
Nun wartet Stan Wawrinka im Vorfeld der Australian Open mit einer Überraschung auf und sagt auf Nachfrage: «Ich habe immer gesagt, dass ich gegen Ende meiner Karriere gerne noch einmal im Davis Cup spielen würde.» Gemäss Reglement kann Captain Lüthi bis spätestens eine Stunde vor der Auslosung am 2. Februar 2023 drei Spieler auswechseln. Wawrinka macht seine Teilnahme vom Abschneiden in Melbourne abhängig.
Seit 2019 wird der Davis-Cup-Final als Turnier an einem neutralen Ort ausgetragen. Allerdings hat der Tennisweltverband ITF vor den Australian Open bekannt gegeben, dass der auf 25 Jahre ausgelegte Vertrag mit der Kosmos-Gruppe des ehemaligen Barcelona-Fussballers Gerard Piqué aufgelöst werde. Wawrinka hat nie im neuen Format gespielt und sagt, er sei nie ein Fan gewesen. «Deshalb sehe ich das als gute Neuigkeit», auch wenn er nur eine Aussenperspektive habe. Er sei damit aufgewachsen, dass es Heim- und Auswärtsspiele gebe. Ob eine Rückkehr zum alten Format die richtige Lösung sei, könne er hingegen nicht beurteilen.
Stan Wawrinka, mit ihren bald 38 Jahren sind Sie der älteste Spieler im Hauptfeld. Erfüllt es sie ein wenig mit Stolz, immer noch dabei zu sein in Anbetracht dessen, was Sie in den letzten Jahren erlebt haben?
Stan Wawrinka: Es ist kein schönes Kompliment, dass ich der Älteste bin (lacht). Was für mich zählt, ist das Wissen, dass ich mich wieder bereit fühle, jeden Gegner zu schlagen. Das ist seit einigen Monaten und den US Open der Fall. Ich konnte hart trainieren, wie ich mir das vorstelle. Und ich hatte einen guten Start in die neue Saison mit dem United Cup. Es war ein toller Anlass und eine schöne Erfahrung, mit den Frauen und als Captain für die Schweiz zu spielen.
Wenn Sie sagen, Sie konnten trainieren, wie Sie sich das vorstellen, was bedeutet das betreffend Umfang und Intensität?
Ich trainiere nicht weniger als mit 25 Jahren. Was sich veränder hat, ist, dass ich neben dem Platz noch etwas disziplinierter sein muss und mehr Zeit in Erholung und Pflege investieren muss, damit ich mein Niveau halten kann. Und natürlich gibt es Tage, an denen ich mehr Erholung brauche, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Was mich positiv stimmt, ist, dass ich erstmals seit zweieinhalb Jahren eine Vorbereitung ohne Einschränkungen bestreiten konnte und körperlich ans Limit gehen konnte, ohne mir Sorgen machen zu müssen.
Wie, wo und mit wem haben Sie sich auf die neue Saison vorbereitet?
Meine Saison war früh zu Ende, deshalb hatte ich viel Zeit für die Vorbereitung. Einen Teil habe ich in der Schweiz absolviert und viel mit Pierre Paganini (Fitnesstrainer, Anm. d. Red) gearbeitet. Dazu war ich in Monaco, wo ich vor allem mit Magnus (Trainer Norman, d. Red.) trainiert habe. Und dann war ich noch für eine Woche in Saudi-Arabien, wo ich Schaukämpfe bestritten habe. Weil ich noch vor Weihnachten nach Australien gereist bin, konnte ich mich nun schon seit über drei Wochen auf die Bedingungen hier einstellen.
Sie haben hier 2014 in Melbourne ihren ersten Grand-Slam-Titel gewonnen. Mit welchem Gefühl kehren Sie nach Melbourne zurück?
Das sind Erinnerungen und Emotionen, die für immer in meinem Kopf und in meinem Herzen bleiben. Ich bin sehr glücklich, wieder hier zu sein, zumal ich das Turnier im letzten Jahr verpasst habe. Und weil ich gut, viel und auf einem hohen Niveau trainiert und gespielt habe, kann ich es kaum erwarten, wieder richtig loszulegen.
Es ist das erste Grand-Slam-Turnier seit dem Rücktritt von Roger Federer im letzten September. Wie haben Sie diesen Abend erlebt?
Es war ein trauriger Abend, aber auch ein schönes Adieu, als Roger das Tennis verlassen hat. Er ist ein grosser Champion und für mich persönlich ein guter Freund. Seit ich als junger Spieler auf die Tour gekommen bin, war er war immer da für mich. Deshalb war es sehr emotional für mich, seinen Abschied mitzuverfolgen. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn ich an diesem Abend in London hätte sein können. Aber ich war bei einem Turnier in Metz und habe den Abend deshalb wie viele Tennisfans auf meinem Bildschirm mitverfolgt.
Sie werden Anfang März 38 und hatten schon einige Verletzungen. Haben Sie sich damals auch Gedanken zu ihrem Rücktritt gemacht?
Ich bin alt und am Ende meiner Karriere angelangt (lacht). Ich denke schon seit einigen Jahren an den Rücktritt. Aber ich komme gerade von einer Verletzung zurück, fühle mich seit einigen Monaten wieder richtig gut und habe starke Gegner besiegen können. Ich liebe den Wettkampf, ich liebe das Spiel und ich liebe den Prozess, auch wenn es nicht immer einfach ist. Vor allem aber liebe ich die Emotionen, die mir das Tennis gibt. Ich bin sicher, dass ich diese nirgendwo sonst finden kann, wenn ich einmal mit dem Tennis aufhören sollte.
Emotional wird auch die Rückkehr von Novak Djokovic, nachdem er im Vorjahr aus Australien ausgewiesen worden ist. Was halten Sie von der Ankündigung von Turnierdirektor Craig Tiley, dass er Zuschauer, die Djokovic ausbuhen, aus dem Stadion werfen lassen will?
Pfiffe gehören im Tennis dazu und kommen jedes Jahr vor. So ist der Sport. Wenn die Zuschauer übers Limit gehen, dann kann ich das verstehen. Grundsätzlich finde ich aber, dass die Zuschauer ein Recht haben, zu pfeifen. Aber ich glaube ohnehin nicht, dass das passieren wird. Sie werden glücklich sein, Novak wieder spielen zu sehen.
Sie treffen in der ersten Runde zum ersten Mal auf den Slowaken Alex Molcan. Wie gut kennen Sie ihn und was für ein Spiel erwarten Sie?
Ich bin ein grosser Tennisfan und schaue mir die Spiele der anderen an. Deshalb habe ich ihn im letzten Jahr einige Male spielen sehen. Er ist Linkshänder, spielt variabel und das macht ihn sehr gefährlich. Mein Ziel ist es, mich auf mich zu konzentrieren und aggressiv zu spielen. (aargauerzeitung.ch)