Yann Sommer, Sie wurden in letzter Sekunde doch noch Meister mit Bayern München, wie haben Sie die Feierlichkeiten erlebt?
Yann Sommer: Es war schön. Es waren vier sehr intensive Monate. Es gab viele Auf- und Abs. Und dann so Meister zu werden, ist natürlich wunderschön. Wir sind einfach froh, den Titel doch noch in den Händen zu halten. Und dann gab es beim Feiern natürlich auch noch einen kleinen Dämpfer, weil wir erfahren haben, dass es diese Entlassungen gibt...
… Nur ein paar wenige Momente, nachdem der Titel feststand, wurde offiziell, dass Bayern München seine Chefs entlässt, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic. Haben Sie das als stillos empfunden?
Ganz ehrlich: Das ist nicht mein Thema. Das hat der Klub so entschieden. Wir Spieler haben da kein Mitspracherecht, und das ist auch gut so. Das ist eine Klubentscheidung.
Nati-Kollege Gregor Kobel hat mit Dortmund den Meisterkampf gegen die Bayern und Sie knapp verloren. Haben Sie mit ihm schon darüber gesprochen?
Nein. Und ich glaube, das ist auch gar nicht nötig. Wir haben ein gutes Verhältnis, es war ein enges Rennen. Sie hatten alles in Ihren Händen und haben es zum Schluss nicht gepackt.
Auch keinen Spruch mit Augenzwinkern?
Nein, gar nicht. Die Enttäuschung auf seiner Seite war sehr gross. Und das wäre bei uns genau gleich gewesen. Ich bin nicht derjenige, der dann die Finger noch in die Wunden drückt.
Gab es eigentlich einmal einen Moment, wo Sie dachten: «Das darf doch nicht wahr sein, in jedem Jahr holen die Bayern den Titel – aber ausgerechnet jetzt, wo ich da bin, geht alles schief»?
Das hätte mir gar nicht so viel gebracht, mir zu viele Gedanken zu machen. Natürlich war das keine erfreuliche Situation, am letzten Spieltag auswärts in Köln zu spielen und zu wissen: Dortmund spielt zu Hause gegen Mainz und muss einfach das Spiel gewinnen. Aber trotzdem haben wir an uns geglaubt. Wir wollten unsere Aufgaben machen und dann schauen, wofür es reicht.
Wie ist Ihr Fazit nach diesem halben Jahr bei den Bayern?
Gut. Es war für mich sehr lehrreich. Es war viel los und gab viele Geschichten um den Platz herum. Trotzdem hat es mir sehr viel Spass gemacht.
Sie wurden sehr viel kritisiert. Diese Kritik war teilweise...
(unterbricht): sehr unsachlich!
Sehr heftig, wollte ich sagen... Wie haben Sie es empfunden, als immer mehr Ex-Fussballer und Experten begannen, an Ihnen zu mäkeln?
Es ist Bayern München! Ganz einfach. Die Wucht der Medien ist gross. Und es gibt sehr viele Leute, die mitsprechen. Das gehört bei diesem Klub einfach dazu. Ich habe in meiner Karriere nie Probleme gehabt, Kritik zu akzeptieren. Aber wenn es dann unsachlich wird, dann kann ich weniger damit anfangen. Aber eben, es gehört zum Business.
Nun gibt es in München bereits Schlagzeilen, dass Sie die Bayern verlassen werden. Aber auf Storys, die Präsident Herbert Hainer zitieren, der sagt, dass man «lieber einen Torhüter zu viel als zu wenig» habe. Haben Sie schon eine Idee, wie es nach der Sommerpause weitergeht?
Ich bin ganz entspannt. Ich habe schliesslich noch zwei Jahre Vertrag beim FC Bayern.
In einem Jahr findet die EM statt. Es ist wahrscheinlich, dass Nati-Trainer Murat Yakin auf einen Torhüter setzt, der Spielpraxis hat. Spielt dieser Fakt eine Rolle in Ihren Überlegungen?
Da kann ich im Moment wirklich noch nichts sagen. Solche Gedanken sind momentan viel zu weit weg. Auch die Frage, ob die EM mein letztes Turnier als Nati-Torhüter wird, darüber denke ich nicht nach. Wir hatten eine derart intensive Rückrunde, wir haben diesen Titel, jetzt kommen noch die beiden Spiele mit der Nati und dann freue ich mich auf ein paar Tage erholsame Ferien.
Hatten Sie viel Kontakt mit Manuel Neuer?
Ja, wir haben uns fast täglich gesehen. Er hat seine Reha an der Säbener Strasse gemacht. Wir kannten uns auch schon davor. Ganz entspannt also.
Ich fand es etwas fragwürdig, wie sehr er sich in den Mittelpunkt gedrängt hat bei der Meisterfeier. Wie haben Sie es wahrgenommen?
Er ist der Captain dieser Mannschaft. Punkt. Darum ist das sein gutes Recht, die Meisterschale als erster hochzuhalten.
Wie würden Sie Ihr Niveau im Tor der Bayern vergleichen mit den Leistungen zuvor bei Mönchengladbach?
Man kann das kaum vergleichen miteinander. Die Bayern sind eine komplett andere Mannschaft. Mit anderem Spielstil. Aber ich fühle mich wohl.
Ist es schwieriger, im Bayern-Tor zu stehen als in jenem von Mönchengladbach?
Auch das kann man nicht einfach so sagen. Es ist eine komplett andere Situation. Ich hatte in Gladbach vielleicht ein bisschen mehr Arbeit als bei den Bayern. Aber am Ende war es ein Torwart-Job. Und ja, vielleicht ist der Druck bei den Bayern etwas grösser (lacht). (aargauerzeitung.ch)