FCB-Sportchef Stucki zieht Bilanz: «Magnin bleibt definitiv unser Trainer»
Wie lautet Ihr Fazit bei Saisonhalbzeit?
Daniel Stucki: Die Bilanz fällt durchzogen aus. Ich habe sehr gute Spiele gesehen, zum Beispiel gegen Stuttgart. Wir waren international immer nahe dran an den Punkten. In der Liga gab es das ein oder andere nicht gute Spiel zu viel und einige sehr gute Auftritte, wo die Resultate dennoch nicht gestimmt haben.
Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Spieler?
Es freut mich, dass mit Andrej Bacanin ein ganz junger Spieler an die Startelf herangeführt wurde. Flavius Daniliuc hat eine hervorragende Präsenz und ist eine ganz klare Verstärkung. Auch Keigo Tsunemoto gibt uns trotz längerer Verletzung Stabilität und Jonas Adjetey hat sich nach einer Baisse auch wieder sehr gut entwickelt.
In der Offensive harzt es jedoch.
Klar: In die Neuzugänge Moritz Broschinski und Koba Koindredi hatten wir andere Hoffnungen. Aber sie arbeiten hart und konnten gegen Luzern zeigen, was sie können. Noch fehlt die Konstanz, aber beide können in der Rückrunde beweisen, wie gross ihr Potenzial ist.
Führt der FC Basel eine Trainerdiskussion?
Nein. Wir sind, was die Punkte angeht, gleich gut wie vergangene Saison und in den Statistiken fast überall Erster. Das spricht für die gute Arbeit von Ludovic Magnin und seinem Staff. Magnin ist unser Trainer und bleibt es auch. Wir hatten in der Sportkommission nie anderweitige Gedanken. Aber ich verstehe, dass aufgrund mangelnder Resultate eine Trainerdiskussion kolportiert wurde. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass Ludo der richtige Trainer ist, weil wir ihn im Sommer aus vielen Kandidaten ausgewählt haben. Auch in seinem Staff sind keine Veränderungen geplant.
Dafür suchen Sie einen Chefscout
Dringend und schon seit Sommer. Wir wollen das Scouting für die erste Mannschaft und die Jugend zusammenführen. Es laufen viele Gespräche mit Interessenten. Aber noch ist nichts spruchreif.
Was überzeugt Sie an Magnin?
Es war schwierig für ihn. Ludo kam alleine in einen Doublesieger-Staff, der mit Fabio Celestini viel richtig gemacht hat. Wir wollten uns weiterentwickeln, wollten gezielter individuell arbeiten, und zwar mit allen Spielern, nicht nur mit den Jungen. Ludo hat viel Energie und ist kommunikativ sehr gut. Und er holt die erfahrenen Spieler ab und gibt ihnen Wertschätzung. Das war vergangene Saison auf ein Minimum reduziert. Die Stimmungslage zwischen Trainer und Spielern ist sehr positiv. Und auch physisch sind wir top, was für eine gute Arbeit des Trainerteams punkto Belastungssteuerung und Athletiktraining spricht. Aber wir sehen auch in der FCB-Sportkommission Dinge, die wir verbessern müssen.
Zum Beispiel?
Unsere Gegner kommen manchmal sehr einfach zu Torchancen. Wir machen im Spielaufbau noch zu viele Fehler und wir müssen in der Offensive mehr Lösungen finden, denn die Gegner kennen unseren Fussball mittlerweile. Da gilt es, variabler spielen zu können. Darauf liegt der Verbesserungs-Fokus.
Verstehen Sie, dass Fans seit Wochen die Trainerdiskussion führen?
Ja. Aber wir waren vor einem Jahr auch nicht besser und haben gegen Zürich, Luzern oder GC verloren. Auch damals haben nicht alle Transfers eingeschlagen und der Trainer wurde kritisiert. Aber wir sind ruhig geblieben. Dieses Jahr wird anders berichtet, weil wir Doublesieger sind. Das ist klar und auch okay, weil die Ziele offensiv kommuniziert wurden. Aber die Öffentlichkeit hat mich noch nie richtig interessiert, auch wenn die Meinungen interessant sind. Wir analysieren das intern und bleiben besonnen.
Der FCB ist in dieser Saison noch abhängiger von Xherdan Shaqiri. Ist das ein Problem?
Mit und ohne ihn ist der FC Basel eine starke Mannschaft. Shaq ist nach wie vor sehr wichtig für uns. Auf dem Platz und in der Kabine. Ich glaube nicht, dass das Team denkt, wenn Shaq nicht skort, skoren auch wir nicht. Genk zeigt das Gegenteil, da haben wir ohne Shaqiri offensiv gut gespielt. Wie viele andere hat auch Shaq zum Ende der vergangenen Saison überperformt. Es war davon auszugehen, dass er die unglaubliche Pace – was Tore und Assists angeht – nicht halten kann.
Wie bekommt der FCB sein Effizienzproblem in den Griff?
Vier Stürmer-Tore reichen nicht, um Meister zu werden. In den Offensiv-Statistiken sind wir schwach. Darum werden wir uns im Winter sicherlich im Angriff verstärken.
Holt der FCB Andrin Hunziker zurück?
Nein. Es gäbe die Option, aber wir planen langfristig mit ihm und er ist in Winterthur sehr gut aufgehoben im Moment. Ihn jetzt der grossen Erwartungshaltung in Basel auszusetzen, halte ich nicht für richtig.
Bleiben die begehrten Flügel Philip Otele und Bénie Traoré?
Ich erwarte, dass es auch auf den Flügelpostionen Änderungen geben wird. Zumal wir den Kader im Winter eher verschlanken wollen. Es geht darum, dass jeder seine Rolle kennt und Chancen auf Spielzeit hat. Darum sind auch Leihen in die Challenge League für den ein oder anderen Spieler, der nicht wie gewünscht zum Einsatz kam, interessant.
Otele wird den Verein wohl verlassen.
Wir rechneten bereits im Sommer mit einem Abgang von Otele, was dann nicht funktioniert hat. Mit dem Transfer von Jeremy Agbonifo haben wir einen möglichen Abgang im Winter vorantizipiert. Für Otele gibt es viele lose Anfragen. Ich gehe davon aus, dass das bald Fahrt aufnimmt. Im Sommer konnten wir ihn aus politischen Gründen nicht abgeben.
Weil er nur ein konkretes Angebot aus Russland hatte?
Korrekt.
Von ZSKA Moskau mit Ex-Trainer Fabio Celestini?
(Schmunzelt) Einer der grossen Klubs wird es gewesen sein.
Sehen Sie ausser im Sturm weiteren Handlungsbedarf?
Sehen Sie welchen?
Vielleicht im zentralen Mittelfeld?
Da haben wir fünf Spieler. Wir sind der Meinung, dass wir einen sehr guten Kader haben. Wenn ich «wir» sage, meine ich die gesamte Sportkommission. Es gibt keine Degen-, Stucki- oder Zbinden-Transfers. Wir besprechen alles zusammen. Ein paar Sommerneuzugänge haben noch nicht wie erhofft gezündet. Dadurch haben wir bereits Potenzial im Kader.
Wie sieht es auf der Goalie-Position aus? Der Vertrag des 38-jährigen Marwin Hitz läuft im Sommer aus.
Wir sind in regem Austausch. Mit allen erfahrenen Spielern. Das ist mir wichtig, denn sie sprechen aus dem Herz der Mannschaft. Mit Marwin wurden dementsprechend auch schon Gespräche geführt und diese werden im Trainingslager intensiviert. Er macht einmal mehr eine Topsaison und hilft uns extrem.
Gibt es schon Bestrebungen bezüglich einer Vertragsverlängerung von Shaqiri, der noch bis 2027 Vertrag hat?
Nein, aber da werde ich bald proaktiv auf ihn zu gehen.
Die Saisonziele Doublesieg und in die Playoffs der Europa League zu kommen, dürfen bestehen bleiben. Welche soften Ziele setzen Sie sich ausserdem fürs Jahr 2026?
Wir müssen in der offensiven Phase bessere Lösungen finden. Und wir müssen die Spiele abstellen, in denen die Spannung bei gewissen Spielern nicht bei 100 Prozent war. Da erwarte ich eine bessere Mentalität. Spieler müssen jeden Tag hart arbeiten, da schaue ich drauf. Dazu können wir auch in der Defensivtaktik noch Fortschritte machen.
Gegen Grand-Saconnex sprachen Sie in der Pause zur Mannschaft. Kommt das öfter vor?
Auch nach dem 0:6 im Testspiel in Freiburg vor der vergangenen Saison gab es das. Ansonsten nicht und ich hoffe auch nicht, dass es bald wieder nötig sein wird. Ich mag es einfach nicht, wenn man nicht alles gibt. Das wollte ich den Spielern in diesen beiden Situationen wieder ins Bewusstsein bringen. Ansonsten beschränkt sich meine Rolle in der Kabine aufs gut Einreden und Tipps geben. Als Sportchef kann ich andere Trigger-Punkte drücken und positive Energie versprühen.
Wie nah standen Sie einem Wechsel nach Wolfsburg?
Als die Gerüchte aufkamen, wollte ich mich nicht dazu äussern, weil mein Fokus alleine dem FC Basel gilt und wir in einer schwierigen Phase waren. Meine Personalie spielt da keine Rolle. Ich habe noch anterthalb Jahre Vertrag und gebe meine gesamte Energie in den Klub. Bezüglich Wolfsburg bezweifle ich, dass das Interesse sehr konkret war. Aber aufgrund des Erfolges gab es schon im Sommer das ein oder andere Telefonat mit losen Angeboten.
Wie steht es um Ihre Aussage aus dem bz-Interview von vor einem Jahr, dass Sie aufgrund Ihrer Familie kaum aus Basel wegzulotsen sind?
Meine Familie wird sicher in Basel bleiben. Aber es gibt Modelle, wo eine andere Anstellung für mich möglich wäre. Aber konkret haben wir das nie besprochen, weil es nie konkrete Angebote gab.
Was sagen Sie zur Situation in der Super League?
Die ist ähnlich wie vergangene Saison, ausser dass jetzt auch noch der Aufsteiger gut ist. Alles ist nahe beieinander. Je nach Momentum oder Spielplan mit Doppelbelastung kann jeder jeden schlagen.
Wer ist der härteste Meister-Konkurrent?
Ich gehe davon aus, dass die Teams, welche jetzt oben sind, um den Titel mitspielen werden. Aber wir schauen auf uns. Natürlich ist es gut, dass auch die anderen Teams ab und an schlechte Phasen haben. Aber ich bin überzeugt: Wir haben den besten Kader und den besten Staff und sollten deshalb Meister werden.
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