Der Innerschweizer Joel Wicki startet seine «Mission Titelverteidigung» am Samstagmorgen gegen den Berner Michael Moser, den 20-jährigen Aufsteiger des Jahres. Beim Duell zwischen dem Nordostschweizer Samuel Giger und dem Berner Fabian Staudenmann stehen sich im 1. Gang in Mollis zwei Schwinger gegenüber, die mit Wicki die meistgenannten Königsanwärter sind.
Wenn zwei Titanen zusammengreifen, ist die Spannung stets gross. Wer erwischt den besseren Start in das einzige Schwingfest, das über zwei Tage geht?
Man kann es den Schwingern nicht übel nehmen, falls sie am Samstagmorgen noch nicht zwingend auf Tutti gehen. Ein Gestellter zum Auftakt gegen einen anderen Favoriten auf den Königstitel ist schliesslich auch kein schlechtes Resultat.
Andererseits sorgt die spezielle Notengebung beim Schwingen dafür, dass Mut unter Umständen belohnt wird. Wer aktiv den Sieg sucht und den Gang am Ende trotzdem verliert, kann vom Kampfgericht die Note 8,75 erhalten. Das ist die gleiche Note, die auch ein Schwinger erhält, der sich passiv verhält und dadurch einen Gestellten erreicht.
Gänzlich ungeschoren kommt fast keiner davon. Bei den letzten zwölf Austragungen des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests (zwischen 1989 und 2022) gab es lediglich zwei Schwinger, die alle ihre acht Gänge gewonnen haben. Kilian Wenger gelang das 2010 in Frauenfeld, Matthias Sempach drei Jahre danach in Burgdorf.
Alle anderen Sieger in dieser Zeit schafften es nicht auf diesem «Königsweg» zum Titel. Vor drei Jahren in Pratteln stellte Joel Wicki zum Auftakt gegen Adrian Walther und im siebten Gang gegen Fabian Staudenmann. Auch 2019 in Zug wies Schwingerkönig Christian Stucki sechs Siege und zwei Gestellte in seiner Bilanz auf.
In den letzten 36 Jahren gab es immerhin auch drei Könige, die trotz einer Niederlage mit dem Muni neben sich strahlen durften. 1989 in Stans startete Adrian Käser mit einem Gestellten gegen Werner Vitali und verlor im dritten Gang gegen Lorenz Arpagaus. Danach reihte der 18-jährige Berner Sieg an Sieg, um im Schlussgang den haushohen Favoriten Eugen «Geni Schränz» Hasler mit Kurz-Abfangen und Gammen zu bezwingen.
Zwei Tage nach seinem 19. Geburtstag triumphierte 1998 in Bern Jörg Abderhalden. Der Toggenburger war im Anschwingen Heinz Suter unterlegen und gewann nachher die sieben anderen Gänge – im Schlussgang bezwang er Vitali.
Drei Jahre später in Nyon verlor Abderhalden schon wieder im ersten Gang gegen Suter. Wieder erreichte er mit lauter darauf folgenden Siegen den Schlussgang. Dort stand ihm Klubkollege Arnold Forrer gegenüber, der ebenfalls im Anschwingen eine Niederlage (gegen Rolf Klarer) einstecken musste. Der Schlussgang endete nach 20 Minuten gestellt und «Nöldi» Forrer wurde zum Schwingerkönig ausgerufen.
Die drei Beispiele zeigen: Man kann trotz einer Niederlage noch Schwingerkönig werden. All jene Athleten, die am Samstag mit einem 0 auf dem Notenblatt in den Wettkampf starten, werden sich an diesen Strohhalm klammern.
Schwingerkönig Käser rät, vor dem Anschwingen nicht zu sehr auf die Statistiken zu achten. «Über acht Gänge kann ein Schwinger einen gestellten oder sogar verlorenen Gang ausgleichen», betonte der Schwingerkönig von 1989 im SRF. «Darum sollte man etwas riskieren.»
2022 in Pratteln:
6 Siege, 2 Gestellte, 77,50 Punkte.
2019 in Zug:
6 Siege, 2 Gestellte, 77,50 Punkte.
2016 in Estavayer-le-Lac:
7 Siege, 1 Gestellter, 78,25 Punkte.
2013 in Burgdorf:
8 Siege, 79,25 Punkte.
2010 in Frauenfeld:
8 Siege, 79,00 Punkte.
1998 in Bern:
7 Siege, 1 Niederlage, 78,25 Punkte.
2004 in Luzern:
7 Siege, 1 Gestellter, 77,75 Punkte.
2007 in Aarau:
7 Siege, 1 Gestellter, 78,50 Punkte.
2001 in Nyon:
6 Siege, 1 Gestellter, 1 Niederlage, 77,25 Punkte.
1995 in Chur:
6 Siege, 2 Gestellte, 77,25 Punkte.
1992 in Olten:
6 Siege, 2 Gestellte, 77,00 Punkte.
1989 in Stans:
6 Siege, 1 Gestellter, 1 Niederlage, 76,75 Punkte.