Jeder ist sich selbst der Nächste. Weil eine Mehrheit der Schweizer Profiklubs in einem neuen Modus für sich mehr Chancen als Risiken sieht, erhält die Super League diesen neuen Modus. Selbst der Zehnte kann neu noch in den Europacup kommen.
Am umstrittensten war eine andere Neuerung. Unter anderem wird der Schweizer Meister künftig in einer Playoff-Serie zwischen dem Ersten und dem Zweiten der regulären Saison ermittelt, welche in eine Qualifikation und eine Finalrunde aufgeteilt wird.
Darüber abgestimmt haben alle Vereine der zwei höchsten Ligen. Die Mehrheit dieser Klubs wird die Playoff-Finals vermutlich nie oder höchstens durch ein mittleres Wunder erreichen – sie werden davon also nicht direkt betroffen sein. In den letzten zehn Saisons wären nur fünf Teams in den Playoff-Final gekommen: meistens YB und Basel, dazu zwei Mal GC und je ein Mal Zürich und St.Gallen.
Die Klubs aus dem breiten Mittelfeld träumen von diesem grossen Wurf. Und sie hoffen darauf, dass auch sie von der Aufmerksamkeit, die ein solcher Showdown erhält, profitieren werden. Fussball war schon immer eine Unterhaltung der Massen. Mit den Playoffs verschiebt sich das Pendel weiter vom reinen sportlichen Wettkampf auf die Seite des Entertainments.
Die nationale Liga wird rund um die Playoff-Finals zum ganz grossen Thema. Mehr als in den letzten Jahren, als der Meister oft schon mehrere Runden vor dem Ende feststand. Und Aufmerksamkeit verspricht Geld: durch volle Stadien und vielleicht auch durch einen höher dotierten Fernsehvertrag.
Hinzu kommt, dass die Klubs auf den Schlussrängen 3 bis 10 der neuen Zwölfer-Liga ebenfalls Playoffs bestreiten, um den oder die Europacup-Teilnehmer zu ermitteln. Wer eine gute Saison hatte, geht voller Selbstvertrauen in diese heisse Endphase. Wer eine schwache Saison hatte, erhält dadurch die Gelegenheit zur Korrektur in Extremis. Und wer im Frühling im Mittelfeld herumdümpelte, hat noch ein Ziel.
Die sportliche Fairness werde mit diesem Modus mit den Füssen getreten, lautete das Hauptargument der Gegner. Wer 20 Punkte Vorsprung habe und dann im Playoff-Final durch unglückliche Umstände nicht Meister werde, werde verschaukelt. Für Action und Showdown gäbe es schon den Cup.
Wer «Ja» zum Modus sagte, wird sich vielleicht auch gedacht haben, dass die Liga schon heute nicht fair ist. YB hat in der Champions League über 30 Millionen Franken verdient – selber erarbeitet, immerhin, nach viel Anschubhilfe durch Investoren. Solche führen auch Cupsieger Lugano, Rekordmeister GC und Absteiger Lausanne-Sport. Auf der anderen Seite gibt es potenzielle Aufsteiger wie Aarau oder Winterthur, die um jeden Franken kämpfen. Es sind ungleiche Spiesse, mit denen sich die Klubs messen. Viele Klubs werden auf absehbare Zeit keine Chance haben, Meister zu werden.
Playoffs sind im europäischen Fussball noch etwas Ungewohntes. Daher ist der Entscheid zum neuen Modus mutig. Die Schweizer Profiklubs haben sich auch dazu entschieden, für andere Ligen ein Testbetrieb zu sein. Daher ist der Entscheid durchaus als visionär zu betrachten: Wenn in zehn oder zwanzig Jahren längst überall Playoffs ausgetragen werden, war die Schweiz eine Vorreiterin.
Es ist falsch, die Gegner des Modus als Ewiggestrige zu zeichnen. Gerade die mancherorts geäusserten Bedenken wegen möglicher Ausschreitungen bei hitzigen Playoff-Finals müssen ernst genommen werden. Die Argumente der Gegner sind stichhaltig, haben jedoch nicht verfangen.
Was allerdings ebenfalls zutrifft: Gerade Fussballfans hängen an Traditionen und arrangieren sich eher schlecht als recht mit Veränderungen. Schon im Alltag verändert sich ständig etwas. Da bot wenigstens der Fussball Halt mit dem simplen Modus, der nun lange Zeit gleich war. Man wird sich daran gewöhnen. Und muss sich darauf einstellen, dass der Wandel sich fortführen wird.
Eine europäische Super League wurde im letzten Jahr abgeschmettert. Aber die Topklubs werden einen neuen Anlauf nehmen. Klubbosse sinnieren über die fehlende Aufmerksamkeitsspanne der Jugend und darüber, dass 90 Minuten zu lang sind für ein Spiel. Die neue Chefin der deutschen Fussball-Liga fabulierte von Drohnen-Interviews vor einem Penalty.
Der Videoschiedsrichter wurde bereits eingeführt. Und man hat sich rasch so sehr an ihn gewöhnt, dass man sich mittlerweile ärgert, wenn es mal einen strittigen Entscheid in einem Spiel ohne VAR gibt.
Nicht alles wird sich ändern. Aber klar ist: Eine stete Veränderung gehörte zum Fussball und wird auch künftig dazu gehören. Ob Playoffs der Weisheit letzter Schluss sind, wird sich weisen. Die Super League hat sich auf ein Experiment eingelassen. Vielleicht geht es gut – und vielleicht kommt nach zwei Saisons der nächste Anlauf für den perfekten Modus für die höchste Schweizer Fussball-Liga.
P.s Betreffend VAR, den könnte man auch gleich wieder abschaffen. Besser gepfiffen wird ja trotzdem nicht, dafür traut man sich fast nicht mehr zu jubeln da man nie weiss, ob das Tor nicht doch noch zurückgenommen wird , weil der Torschütze zehn Minuten vorher einen gegnerischen Spieler leicht gestreift hat..
Man sieht es ja schon jetzt bei den Frauen, die den Stuss ausprobieren. Da kommt kein Fan mehr zu den Spielen und das Ganze ist etwa so interessant wie ein Bingo-Turnier. Das war früher, bei einer echten Meisterschaft, noch anders!