Die Versuchung ist gross. Wie immer, wenn es einem der beiden Zürcher Fussballklubs dreckig geht. Und weil das in den letzten Jahren regelmässig geschieht, taucht das Thema Fusion nie ganz unter. Derzeit steht der FC Zürich am Abgrund. Heute droht gar der Abstieg in die Challenge League. Doch selbst der Worst Case macht die Diskussion über eine Fusion nicht sinnvoller.
Nüchtern, aus der Distanz betrachtet, sind die Ingredienzen für eine Fusion gegeben. Der FC Basel ist entrückt. Das Stadion teilen sich die Zürcher Klubs eh schon. Wie auch die finanziellen Sorgen. Ihr Überleben sichern sie sich einzig mit Bürgschaften, Sonderefforts von Donatoren oder Kapitalerhöhungen der Eigentümer. Doch Fussball ist kein Business wie jedes andere. Fussball ist eine hochemotionale, unberechenbare und wirtschaftlich komplexe Angelegenheit. Ahnungslos ist, wer glaubt, eins und eins gibt in diesem Fall zwei.
Sagt das Huhn zum Schwein: «Wir sollten eigentlich fusionieren. Du lieferst den Schinken, ich das Ei. Schinken mit Ei ist der Renner.» «Da gehe ich doch drauf», gibt das Schwein zu bedenken. Das Huhn zeigt sich unbeeindruckt: «Bei einer Fusion geht immer einer drauf!»
Die Anfänge des FC Zürich gründen wie bei vielen anderen traditionsreichen Klubs auf einer Fusion. Damals, am 1. August 1896, entstand der FCZ aus dem Zusammenschluss der drei Lokalvereine FC Turicum, FC Excelsior und FC Viktoria. Nur: Fusionen waren in der Gründerzeit des Fussballs gewöhnliche Vorgänge, weil entweder Mitglieder oder Fussballplätze fehlten. Eine Fusion zwischen FCZ und GC wäre wie eine Hochzeit ohne Romantik oder das Begräbnis des besten Freundes – unfassbar traurig.
Eins und eins gleich drei. Diese eigenwillige Gleichung ist das Resultat aus der Fusion zwischen den Eishockeyklubs Zürcher SC und Grasshoppers Zürich vor 19 Jahren. Hier der einst grosse ZSC, der in den 70ern zu einem Liftklub mit notorischen Geldsorgen mutierte. Dort die Grasshoppers, ein nobler Klub mit viel Geld (Walter Frey und Peter Spuhler), aber ohne Ausstrahlung. Heute gehören die ZSC Lions mit dem SC Bern zur grössten und mächtigsten Eishockey-Organisation der Schweiz.
Nur: ZSC und GC waren nicht auf Augenhöhe. Ausserdem machte die Fusion Sinn, weil jeder etwas vom anderen kriegte, was er selbst nicht hatte. Trotzdem: Auch die ZSC Lions sind von Finanzspritzen abhängig. Im November 2015 wiesen sie einen Verlust von 3.077 Millionen Franken aus.
Die Kosten für ein vereinigtes Zürcher-Fussballreich würden sich verringern. Nur bringt das nichts, weil die Einnahmen durch Sponsoring, Vermarktung, Tickets und Transfererlöse nicht gesteigert würden. Ein fusionierter Klub hätte etwa die gleichen wirtschaftlichen Voraussetzungen wie es GC und der FCZ heute haben. Deshalb gilt: Wer zwei Defizite zusammenlegt, erwirtschaftet nicht plötzlich einen Gewinn.
Zwei Fussball-Klubs seien einer zu viel für Zürich. Und dann rechnen die Schlaumeier vor, dass ein Super-League-Klub ein Einzugsgebiet von 1,5 Millionen Menschen benötige, was in etwa der Einwohnerzahl der Agglomeration Zürich entspricht. Nimmt man diese Hypothese zum Referenzwert, müsste die Super League von zehn auf sechs Klubs reduziert werden. Die Gegenthese: Knapp 210'000 Menschen leben im Berner Oberland. Um die Gunst dieser Menschen kämpfen neben dem FC Thun auch die Young Boys und der SC Bern. Trotzdem behauptet sich der FC Thun in der Super League.
Zürich bietet genügend Potenzial für zwei Super-League-Klubs. Aber das bedingt, dass die Klubs gut arbeiten. Diesbezüglich liegt beim FCZ vieles im Argen. So kassieren die Spieler im Falle eines Abstiegs den gleichen Lohn wie in der Super League. Warum? Weil es Präsident Ancillo Canepa versäumte, in den Verträgen eine Klausel einzubauen, wie es Usus ist. Oder der Fall Cabral: Diesem Allerweltsfussballer. der in der letzten Saison beim englischen Hinterbänkler-Klub Sunderland nicht eine Premier-League-Minute absolviert hat, bietet Canepa einen Vierjahresvertrag mit 500'000 Franken Jahreslohn. Das ist so absurd wie die Idee von der Fusion.