Als «ehrlich» feierte das Sportmagazin der Zeitung «The Hindu» Lalit Kumar Ende September. An den Staatsmeisterschaften von Delhi gewann der 20-Jährige über 100 Meter, weil alle seine Gegner noch vor dem Rennen die Waffen streckten. Sie hatten vom Erscheinen von Dopingkontrolleuren gehört und deshalb auf einen Start verzichtet, um nicht als Konsumenten illegaler Substanzen ertappt zu werden.
Für den Final hatten sich – wie an den meisten Leichtathletik-Wettkämpfen üblich – via Vorläufe und Halbfinals acht Läufer qualifiziert. Doch an der Startlinie stand nur einer: Lalit Kumar. Ein absurdes Schauspiel.
Only one participant turned up today for the 100m finals at the Delhi State Championships, fearing dope tests. For a more detailed story read tomorrow's Express https://t.co/AimeKjmnFA pic.twitter.com/mPeAixgIlB
— Andrew (@AndrewAmsan) September 26, 2023
Er habe vor dem Rennen keine Ahnung gehabt, dass er ein Solo hinlegen müsse, sagte er damals. Chancen habe er sich nicht ausgerechnet mit seiner Bestzeit von 11,18 Sekunden, schliesslich sei für die Goldmedaille im Jahr vorher eine Zeit von 10,92 nötig gewesen. Schliesslich lief er im Final bloss eine 11,60 – aber das reichte ja in Abwesenheit aller Gegner.
«Es ist schräg, ganz alleine zu rennen», sagte der neue Sprintkönig von Delhi. Er habe gemischte Gefühle: «Einerseits war es lustig, weil ich schon vor dem Start wusste, dass ich gewinne. Aber auch traurig, denn diese älteren Läufer sollten meine Vorbilder sein, und dann verhalten sie sich auf diese Weise.»
Er hingegen habe nichts zu verbergen, betonte Kumar noch. Deshalb sei er froh, dass Kontrolleure erschienen waren und er eine Dopingprobe habe abgeben können.
Mittlerweile könnte er eine andere Meinung haben. Denn wie der Fernsehsender ABP berichtete, wurde Kumar mit dieser Probe der Konsum verbotener Steroide nachgewiesen.
Doch davon will Lalit Kumar nichts wissen. «Hätte ich gedopt, dann wäre ich doch abgehauen, so wie die anderen», sagte er dem «Indian Express». Weshalb dann die Spuren von Drostanolon, gerne in der Bodybuilder-Szene im Gebrauch, in seiner Probe? Der Läufer vermutet, die Trainer der Kontrahenten hätten etwas damit zu tun.
Damit endet die Laufbahn des jungen Leichtathleten wohl. Denn die Analyse der B-Probe müsste er selber bezahlen und die umgerechnet 175 Franken dafür habe er nicht, sagte er. «Meine Karriere ist ruiniert, noch bevor sie begonnen hat. Um in Berufung zu gehen, müsste ich irgendeinen Beweis finden, und diesen Beweis habe ich im Moment nicht.» Bloss einen Verdacht hat er: Er habe Proteinpräparate genommen, diese seien möglicherweise verunreinigt gewesen.
Nachdem die Berichte über den Solo-Lauf vor zweieinhalb Monaten um die Welt gingen, hatte sich die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) besorgt über die Missstände in Indien geäussert. Der Präsident des indischen Leichtathletikverbands sieht den Ruf des bevölkerungsreichsten Landes der Erde auf dem Spiel. Er kündigte weitere Dopingkontrollen an: «Wenn wir das nicht stoppen, werden wir ein noch grösseres Problem haben», sagte Adille Sumariwalla.
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